Bernie Ecclestone wegen Bestechung angeklagt
Die Staatsanwaltschaft München hat gegen den Briten Anklage wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue erhoben. Der 82-Jährige, der zu den einflussreichsten Sportmanagern zählt, soll vor Jahren einem früheren Vorstand der BayernLB Schmiergeld in Millionenhöhe gezahlt haben, damit Deutschlands zweitgrößte Landesbank ihre Formel-1-Anteile an einen Investor verkauft, der Ecclestone genehm war.

Der Rennstall-Chef hat die Vorwürfe in der Vergangenheit mehrfach zurückgewiesen, am Mittwoch war von ihm keine Stellungnahme zu erhalten. Seine Verteidiger kündigten an, in Kürze eine umfassende Stellungnahme zu den Vorwürfen bei Gericht einzureichen.
Die mehr als 20-seitige Anklageschrift wurde bereits im Mai fertiggestellt, musste allerdings ins Englische übersetzt werden, ehe sie dem Angeschuldigten und seinen Anwälten zugestellt wurde. Ecclestones Verteidiger, zu denen der prominente Anwalt Sven Thomas gehört, haben bis Mitte August Zeit für eine Stellungnahme. Die Wirtschaftsstrafkammer des Münchner Landgerichts wird nach Angaben der Justizpressestelle nicht vor Mitte September entscheiden, ob und wann ein Prozess gegen den 82-Jährigen eröffnet wird. Für Bestechung droht laut Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in einem besonders schweren Fall - wie dies die Anklage bei Ecclestone geltend macht - bis zu zehn Jahre.
Ihm sei kein Angebot gemacht worden, den Fall finanziell beizulegen, zitierte die "Financial Times" Ecclestone am Mittwoch. "Wir werden uns angemessen verteidigen. Das wird ein interessanter Fall. Es ist schade, dass das passiert ist." Ecclestone hat die Rennsportserie über Jahre hinweg zu einem lukrativen Geschäft aufgebaut, das dank Sponsoren und Vermarktungsrechten Milliarden abwirft. Weltweit verfolgen mehr als eine halbe Milliarde TV-Zuschauer die Autorennen. Ecclestone will die Formel 1 an die Börse bringen, musste dieses Vorhaben aber wegen Marktturbulenzen im vergangenen Jahr vertagen. Einen Rücktritt wegen der Bestechungsvorwürfe schloss er in der Vergangenheit mehrfach aus.
Die BayernLB war in den Besitz von knapp der Hälfte der Formel-1-Anteile gekommen, nachdem der Medienkonzern von Leo Kirch pleite gegangen war, der die Beteiligung als Pfand für einen Milliardenkredit eingesetzt hatte. 2005 beschloss das Finanzinstitut die Veräußerung. Der damalige Risikovorstand Gerhard Gribkowsky boxte den Verkauf an den britischen Investor CVC durch, ohne Alternativen zu prüfen. Die BayernLB nahm 839 Millionen Dollar ein. Mit CVC als neuem Miteigentümer der Formel 1 war Ecclestone einverstanden. Gribkowsky gestand vergangenes Jahr vor Gericht, rund 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld von Ecclestone angenommen zu haben. Der Formel-1-Chef verneinte unterdessen Schmiergeldzahlungen an den Banker. Vielmehr habe er ihn mit Geld ruhigstellen wollen, damit dieser ihn nicht an die Steuerbehörden verpfeife. Gribkowsky wurde im Sommer 2012 zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Den Formel-1-Chef beschrieb er im Gericht einmal mit den Worten: "Ecclestone ist kein Mann des Papiers. Handy, Aktentasche, Ende. Der Rest ist mündlich." Die Anwälte des Briten wollen sich in ihrer angekündigten Stellungnahme vor allem "mit den wechselnden 'Geständnissen'" Gribkowskys befassen.
Die BayernLB meldete bereits im Oktober 2012 Schadenersatzansprüche gegenüber Ecclestones Rechtsvertretern an. Dabei geht es um 400 Millionen Dollar. Die Bank vertritt die Ansicht, dass sie ihre Formel-1-Beteiligung zu einem wesentlich höheren Preis hätte verkaufen können, wenn es nicht Geheimabsprachen zwischen Ecclestone und Gribkowsky gegeben hätte. Ein Sprecher sagte am Mittwoch, die BayernLB beobachte das Strafverfahren. Der US-Finanzinvestor Bluewaters, der beim Verkauf seinerzeit leer ausgegangen war, verlangt von Ecclestone insgesamt 650 Millionen Dollar. CVC hält heute noch etwa 35 Prozent an der Rennsportserie.
Formel-1-Sponsor Daimler befürwortet nach Angaben einer Sprecherin die Aufklärung der Vorwürfe gegen Ecclestone. "Wir werden uns jetzt über die Inhalte des Verfahrens und das weitere Vorgehen mit unseren jeweiligen Partnern beraten." Die Deutsche Post DHL will trotz der Anklageerhebung an ihrer Partnerschaft mit der Königsklasse im Motorsport festhalten. "Wir haben einen Vertrag mit dem Formel-1-Management geschlossen, nicht mit Bernie Ecclestone", sagte ein Sprecher des Logistikkonzerns. Die DHL und die Formel 1 hatten im März ihre Partnerschaft verlängert. Der Formel-1-Sponsor Hugo Boss betonte ebenfalls, er habe keinen Vertrag mit Ecclestone, beobachte die Vorgänge aber genau. "Wir haben ein wachsames Auge, denn das wirft natürlich einen Schatten auf die ganze Formel 1", sagte ein Sprecher des Bekleidungsherstellers.