Bayern München-Vorstandschef Rummenigge: "Ich habe ein Vorbild, das ist Barcelona"

Bayern München schwimmt seit Monaten auf der Erfolgswelle: Meistertitel, Pokalsieg, Triumph in der Champions League und im UEFA-Supercup und seit Samstag mit 37 Spielen ohne Niederlage auch Rekordhalter in der deutschen Fußball-Bundesliga. Dem österreichischen Jung-Profi Alessandro Schöpf traut Rummenigge bei den Bayern den Durchbruch zu, den österreichischen Fußball sieht er generell im Aufwind.

Bayern München-Vorstandschef Rummenigge: "Ich habe ein Vorbild, das ist Barcelona"

APA: Was macht diese Bayern-Mannschaft so besonders?

Rummenigge: Wir sind individuell unheimlich gut besetzt. Das fängt im Tor mit Neuer an, über die Abwehr, die sich sehr stabil präsentiert, das geht übers Mittelfeld bis zu Ribery, der verdientermaßen Europas Spieler des Jahres ist. Es ist uns gelungen, diese individuelle Qualität in die Mannschaft zu integrieren. Einer für alle und alle für einen. Sonst hätten wir das nicht erleben können, was wir heuer erlebt haben.

War es schwer nach einer Saison, in der man alles gewonnen hat, zu verhindern, dass man in ein Loch fällt?

Rummenigge: Wir hatten zwei Situationen, die schwierig waren. Die Situation nach 2012 (Anm.: Niederlage im Finale der Champions-League in München) war schwieriger, die Niederlage gegen Chelsea hat unheimliche Schmerzen hinterlassen. Entweder du fällst danach in ein tiefes Loch, weil die Enttäuschung so riesengroß ist, oder du stehst auf und sagt jetzt erst recht. Das hat die Mannschaft mit dem Trainer wunderbar bewerkstelligt. Jetzt im Sommer war wichtig und richtig, dass wir den Wechsel auf der Trainerbank hatten.

Wie geht der Verein damit um, dass die Anforderungen immer steigen?

Rummenigge: Der Trainer hat die ehrgeizigsten Ziele. Guardiola möchte nicht nur gewinnen, sondern auch schönen und wenn geht auch spektakulären Fußball zelebrieren.

Welche Clubs sehen Sie als stärkste Konkurrenten in der Champions League?

Rummenigge: Die richtige Champions League geht im Februar los, im Achtelfinale kommt das k.o-System. Was ich bisher gesehen habe, werden die beiden Spanier weit kommen, ich glaube ganz speziell dass Chelsea international eine gute Saison spielen wird.

Was ist der Anspruch von Bayern? Den Champions-League-Sieg wiederholen?

Rummenigge: Wir wollen den Titel in der Bundesliga verteidigen und wir wollen eine gute Rolle in der Champions League spielen. Ich habe ein Vorbild, das ist Barcelona, weil die in letzten sechs, sieben Jahren immer mindestens das Halbfinale erreicht haben, hin und wieder das Finale und das auch gewonnen haben. Das nehmen wir als Vorbild: jedes Jahr unter die letzten vier zu kommen und nicht zu lange Zeiträume zwischen den Champions-League-Siegen zu haben. Zwischen 1976 und 2001 waren 25 Jahre, jetzt wieder zwölf Jahre. Wir wollen versuchen, die Zeiträume zu verkürzen.

Wohin soll umsatzmäßig die Reise der Bayern gehen, nach einem Jahr mit über 400 Mio. Euro Umsatz?

Rummenigge: Wir hatten heuer wieder ein Rekordjahr, was Umsatz und Gewinn betrifft. Was den Umsatz betrifft bin ich optimistisch, dass wir das Rekordjahr noch einmal übertreffen. Der Schlüssel von allem ist das Stadion. Seither haben wir jedes Jahr steigende Umsätze, eine stabile Gewinnentwicklung und wir sind profitabel mit einer Mannschaft, die durchaus als teuer zu bezeichnen ist. Die Spieler verdienen viel, nicht so viel wie bei Manchester City oder Paris St. Germain, aber viel.

Sie wollen ja den asiatischen und nordamerikanischen Markt anbaggern. Wie sehen ihre Expansionspläne aus?

Rummenigge: Wir, sowohl die Bundesliga als auch die Bayern, haben da in der Vergangenheit zu wenig getan. Die Premier League ist ein leuchtendes Beispiel, da gehen die Top vier oder fünf Mannschaften jedes Jahr auf Tour, teilweise abgesprochen. Dementsprechend ist es kein Wunder, dass sie uns, was Fernsehvermarktung, was Internationalisierung betrifft, ein Stück davon gelaufen sind. Wir wollen die Internationalisierung intensivieren. Wir brauchen noch einen Gremienbeschluss, dann werden wir ein Büro in New York eröffnen und von dort den nordamerikanischen Markt befruchten. Analog haben wir gleiches vor mit dem asiatischen Markt. Wir wollen nicht nur hingehen, Spiele machen, Geld cashen, sondern wir wollen Nachhaltigkeit schaffen. Wir wollen Partnerschaften mit lokalen Mannschaften, wo wir Jugendspieler ausbilden, Trainer ausbilden.

Englische Vereine nehmen immer wieder asiatische Spieler aus Merchandising-Gründen auf. Wie weit ist man bereit, Kompromisse einzugehen?

Rummenigge: Das bringt nichts. Wir haben vor zehn Jahren die gesamte Scoutabteilung sechs Wochen nach China gejagt mit der Zielvorgabe, einen Chinesen zu finden, der’s kann. Die kamen zurück: Es kann keiner. Das macht keinen Sinn, der sportlicher Aspekt muss immer überwiegen. Du kannst keinem Trainer einen Spieler aufs Auge drücken, nur weil der ins Marketingkonzept passt.

Die Bayern bringen auch immer wieder Spieler aus dem eigenen Nachwuchs hervor ...

Rummenigge: Wir haben ein Zwei-Säulen-System. Eine Säule ist Ribery, Robben, Neuer, Martinez, wie sie alle heißen. Die brauchen wir, um das Gebilde qualitativ gut und stabil zu halten. Wir wollen auch die zweite Säule, mit David (Alaba), Müller, Badstuber, Schweinsteiger, Lahm und so weiter. Wir sind der Verein mit den meisten Spielern, die selbst ausgebildet worden sind. Das sind im Schnitt acht bis zehn, die wir im Kader haben. Die Fans lieben das, wenn Spieler schon im Nachwuchsbereich gespielt haben und dann auch den Durchbruch geschafft haben.

Mit Alessandro Schöpf hat ein junger Österreicher gerade einen Profivertrag unterschrieben. Haben Sie ihn schon spielen gesehen?

Rummenigge: Ich habe ihn zwei-, dreimal angeschaut. Er hat Potenzial, es wird aber auf seiner Position im Mittelfeld nicht leicht hier, da haben wir viel Qualität und Quantität. Er ist ein Spieler, dem wir es durchaus zutrauen, dass er es bei uns packen kann, sonst hätten wir ihm jetzt keinen Vertrag gegeben. Es wird gut ausgebildet in Österreich, wir haben gute Erfahrungen mit Österreichern gemacht, wir sind gerne Abnehmer. Das ist ein Markt, den wir sehr intensiv scouten, schon in jungen Jahren.

Sie haben vor zwei Jahren gesagt, Koller als ÖFB-Teamchef wird Österreich gut tun. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Rummenigge: Ich sehe die Entwicklung der österreichischen Nationalmannschaft positiv. Man darf nicht vergessen, wo kommt man her und wo will man hin. Vielleicht war es nicht ganz zufriedenstellend, dass ihr Dritter und nicht Zweiter geworden seid. Ich glaube aber grundsätzlich, dass der österreichische Fußball wieder mit mehr Respekt gesehen wird. Ich finde die Entscheidung richtig, mit Koller weiter zu arbeiten und Kontinuität zu schaffen. Ihr seid auf einem gutem Weg.

Wie sehr beeinflusst die Situation um Uli Hoeneß das Vereinsleben?

Rummenigge: Uns beeinflusst das gar nicht. Das belastet Uli Hoeneß, aber wir haben von Anfang an gesagt, wer solche Verdienste hat, der verdient es, dass er in schwierigen Zeiten vom Club und uns allen unterstützt wird. In schwierigen Zeiten zeigt sich die Freundschaft. Das ist eine generelle Zuneigung, die Fans und alle, die bei diesem Club was zu sagen und zu melden haben, stehen hinter Uli Hoeneß.

Was ist ihre Meinung zur WM-Vergabe an Katar?

Rummenigge: Wir haben ein Problem mit dem Datum. Bei 40 Grad Fußball spielen ist nicht so einfach. Ich denke, es gibt bessere Optionen als den Sommer.

Verstehen Sie die Sorgen der Wintersportarten bei einer Verlegung der WM?

Rummenigge: Die verstehe ich total. Wir müssen Rücksicht auf Winter-Olympia nehmen. Dem Fußball geht es so gut, dass wir Rücksicht auf andere Sportarten nehmen müssen. Wir müssen alles berücksichtigen, nicht nur den Fußball-Kalender.

Sie sind ja ein Fan des April.

Rummenigge: Ich habe mir das mit Spezialisten angeschaut, möglicherweise bereitet der April am wenigsten Probleme. Wir müssen für eine Saison einen Fußball-Kalender erfinden, der Schaden fernhält. Dass die Engländer ihren Boxing-Day spielen können, die Saison rechtzeitig beendet wird und Winter-Olympia wie geplant stattfinden kann.

Halten Sie es für möglich, dass es nicht in Katar ist?

Rummenigge: Das kann ich mir nicht vorstellen.

War es eine weise Entscheidung, die WM an so ein Land zu vergeben?

Rummenigge: Es war eine Entscheidung der FIFA, damit ist viel ausgesagt.

Marko Arnautovic kassiert in China 245.000 Euro pro Woche
Marko Arnautovic kassiert in China 245.000 Euro pro Woche

Mit dem Wechsel des österreichischen Fußballnationalspieler Marko …

Missbrauchsvorwürfe gegen ÖSV-Trainerlegende Charly Kahr
Missbrauchsvorwürfe gegen ÖSV-Trainerlegende Charly Kahr

Ehemalige Skirennläuferin berichtete in "SZ" von Vergewaltigung durch …

Bernie Ecclestone, lange Jahre der Chef und Gesicht der Formel 1, will auch nach der Milliardenübernahme weiter im Cockpit der Formel-1-Dachcompany Delta Topco bleiben und ein gewichtiges Wort mitreden. Doch dürfte er die Rechnung ohne den neuen Eigentümer gemacht haben, der alles andere als zimperlich ist. Medienmogul John Malone hat Ecclestone gleich einen nicht weniger inspirierten Medienexperten als Chef vor die Nase gesetzt.
 
Formel 1 will mit "Cable Cowboy" neu durchstarten

Bernie Ecclestone, lange Jahre der Chef und Gesicht der Formel 1, will …

Der Verkauf des italienischen Fußballclubs AC Milan an chinesische Investoren ist unter Dach und Fach. Auch der britische Premier Club West Bromwich gehört nun Chinesen.
 
Fußball: AC Milan und West Bromwich nach China verkauft

Der Verkauf des italienischen Fußballclubs AC Milan an chinesische …