Viennafair ’09: Wiener Kunstmesse setzt auf Osteuropa­ und lädt zum Diskurs ein

Nach den Schwankungen der Finanzmärkte entpuppt sich Kunst als neue Währung des Vertrauens. Die Wiener Kunstmesse Viennafair ’09 bietet Sammlern junger zeit­genössischer Kunst ein reiches Angebot für kluges Investment.

Werden sie kommen, die Sammler, und was werden sie ausgeben? Das sind derzeit die angesagten Fragen beim Aufbau der Viennafair in der Messe Wien. Immerhin musste selbst der hippe Highclass-Messe-Ableger der Art Basel in Miami im Dezember einen Umsatzrückgang von 30 Prozent verbuchen. Die jüngsten Messen zwischen Paris und New York sowie die letzten Auktionen stimmen die Branche hingegen zuversichtlich. Für Raritäten und marktfrische Spitzenware gibt es sichtlich immer einen Markt und respektable Er­gebnisse. Nach den Schwankungen der Börsen­werte könnte Kunst die neue Währung des Vertrauens werden.

Gedämpfte Stimmung
„Prinzipiell gibt es keine Krise des Kunstmarktes, sondern eher eine Finanzkrise bei vielen Kunstfreunden“, bringt der Wiener Galerist Ernst Hilger die Situation auf den Punkt. Er ist eben aus Köln zurückgekommen, wo sich die Art Cologne unter Führung des neuen Direktors Daniel Hug reduziert auf 180 qualitätsvolle Galerien präsentiert hat, um sich den Weg zurück zu den Must-see-Events auf dem Kunstmarkt zu erkämpfen. „Für die wirtschaftlichen Umstände zufriedenstellend“, benennt Hilger den Verlauf der Messe. Die Stimmung sei aber „gedämpft“ gewesen. „So schnell wie früher wird Kunst nicht mehr gekauft.“ Spürbar sei eine „Rückbesinnung auf qualitativ hochwertige Stücke“, bestätigen die Experten generell. Nach den Rekordumsätzen der letzten Jahre ist „positive Begradigung“ das neue Modewort. „Eine zwangsweise Rückbesinnung, die nicht schadet, aber trotzdem weh tut“, sei es vielmehr, relativiert Hilger. Er hält nichts von philosophischer Schönfärberei. „Natürlich sind alle betroffen, dass der Boom vorbei ist. Aber die Struktur des Kunstmarktes hat sich nicht verändert“, einzig der Hype sei draußen. 12 Messen haben die heimischen Galeristen in Spitzenjahren bestückt, heuer nimmt man höchstens an sechs Events teil. Auch dass man, so wie früher, schon in den ersten 24 Minuten 22 Arbeiten verkauft, sei, so Hilger, bei der Viennafair nicht zu erwarten.

Kunst-Million von der Stadt Wien
Dennoch geht man bei der Messe, die heuer in die fünfte Runde geht, mit großem Engagement an die Sache. Auch heuer setzt man auf den bewährten Osteuropa­schwerpunkt mit junger Kunst aus dem Raum zwischen Vilnius und Warschau (siehe Künstler auf der Viennafair ) . Von den 124 teilnehmenden Galerien kommen gleich 29 aus Osteuropa. Zudem gibt es ein dichtes Diskursprogramm. So moderiert etwa Departure-Geschäftsführer Christoph Thun-Hohenstein eine Diskus­sion über die erstarkte Relevanz von regio­nalen Strömungen in einer anscheinend globalisierten Kunstszene. Die Wirtschaftsförderinstitution der Stadt Wien hat mit einem Budget von einer Million Euro den Fokus auf zeitgenössische Kunst gelegt und will den Standort Wien durch neue Initiativen verbessern. Im parallel zur Messe startenden Projekt „curated by“ (6. 5. – 6. 6., www.curatedby.at ) arbeiten internationale Kuratorenpersönlichkeiten mit vier Gruppen von Wiener Galerien zusammen, um den Galerien auch nach der Viennafair eine Plattform bieten zu können, wie Departure-Geschäftsführer Thun-Hohenstein erläutert. Für die Ausstellung „Breathless“ hat Adam Budak vom Kunsthaus Graz Künstler der Galerien Dana Charkasi, ­Huber, Winiarzyk und Momentum in den Räumen der ehemaligen Markthalle Wien-Mitte versammelt. „Eine Stadt, die sich als Kunstzentrum deklariert, braucht eine Kunstmesse, das ist eine Leistungsschau des hier stattfindenden Kunstmarktes. Man braucht Leading Events, die auch inter­nationale Sammler nach Wien bringen“, betont auch Andreas Huber. Der Wiener Galerist, der Jungstars wie Leopold Kessler im Programm hat, ortet derzeit eine verstärkte inhaltliche Auseinandersetzung mit politischen und sozialen Fragestellungen.

Solide Sammler
Was sich zunehmend abzeichnet, ist eine Verlagerung der Käuferschicht: Die Spekulanten und Hedgefondsmanager sind weggebrochen, der Markt konzentriert sich verstärkt auf den Typus des soliden Sammlers. „Denn jene, die über die Liebe zur Kunst gekommen sind, haben, auch wenn ihr Vermögen halbiert ist, nicht die Lust verloren, Kunst zu kaufen“, merkt Myriam Charim an, die zwischen Wien und Berlin pendelt. Aber: „Die Käufer überlegen länger, die Verhandlungen dauern länger, und die Preisdiskussionen werden intensiver.“ In Österreich seien aber, so Charim, „nicht die großen Spekulanten zuhause, wie etwa in England, hier kaufen die Sammler eher nach Vorlieben und setzen auf heimische Künstler“. Die Schmerzgrenze liegt derzeit bei 100 000 Euro. Der einhellige Rat der Experten: generell junge und noch nicht voll etablierte Künstler zu kaufen. Inves­tiert man zwischen 1.000 und 3.000 Euro, hat man, so Hilger, „auch die Statistik auf seiner Seite: Wenn man drei Bilder von drei spannenden Künstlern kauft, ist die Chance, dass eines innerhalb der nächs­ten Jahre auf 15.000 steigt, sehr hoch.“

Von Michaela Knapp

Viennafair: ab 6. Mai, 18 Uhr, Messe Wien
Die heimische Messe für zeitgenössische Kunst geht in die fünfte Runde. Auch heuer wieder präsentiert man sich mit Schwerpunkt Zentraleuropa.
Vernissage: Mi., 6. 5., 18 Uhr. Bis zum 10. 5. gibt es im Zuge der Messe auch ein dichtes Diskussionsprogramm mit internationalen Experten.
Info: www.viennafair.at .
Traditioneller gibt man sich bei der art austria , die von 13. bis 15. 5. im MQ österreichische Kunst aus dem 20. Jh. zeigt. www.artaustria.info

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