„Tron“ und „True Grit“: Jeff Bridges am Höhepunkt seiner Karriere

Jeff Bridges ist ein cooler Hund. Nach 40 Jahren Filmgeschäft ist der 61-Jährige auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Für seine Darstellung im Western „True Grit“ ist er erneut für den Oscar nominiert. Der Kult-Schauspieler im Porträt.

Wahre Lässigkeit kann man nicht lernen. Entweder man hat dieses Gen irgendwo in seiner DNA verankert oder halt nicht und ist sein Lebtag dazu verdammt, im Pool der Coolness mitzuschwimmen. Das geht, keine Frage, aber man sollte immer daran denken, dass der Moment kommen könnte, der den angelernten Habitus, das falsche Gepose plötzlich entlarvt. Jeff Bridges braucht sich in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen, denn der Kalifornier ist ein cooler Hund.

Das mag jetzt zwar nur eine Ferndiagnose sein, aber kaum ein Porträt oder Interview mit dem 61-Jährigen kommt ohne den dezidierten Hinweis aus, wie uneitel, ungezwungen, unkompliziert die Hollywoodgröße ist. Sicher, der Mann ist Schauspieler, Verstellung gehört zu seiner Job-Description, aber bei Jeff Bridges glaubt man, dass er so etwas nicht nötig hat. Immerhin ist er ja auch schon 34 Jahre skandalfrei verheiratet, ohne ein Grundmaß an Aufrichtigkeit ein Ding der Unmöglichkeit. Bridges hält zudem auch gesunden Abstand zu Hollywood. Wenn nicht gedreht wird, lebt er mit seiner Familie (drei Töchter) in Santa Barbara, wahlweise auch auf seiner Ranch in Montana, die aus ehemaligen Film-Gebäuden besteht, die er abtragen und in der Einöde wieder aufbauen ließ. Distanz schärft eben den Blick.

Auf dem Höhepunkt

Bei Bridges hat man es also mit einem Menschen zu tun, der sich angenehm zurücknehmen kann, abseits der Kamera nicht eine weitere, marktschreierische Egomaschine gibt und gerne Sätze wie diesen sagt: „Ich bin ein recht fauler Mensch und verbringe den Großteil meiner Zeit damit, Arbeit zu vermeiden.“ Understatement als pure Koketterie. Als Schauspieler hat er nämlich bereits über 60 Filme am Buckel. Zudem betätigt sich Bridges als Keramikkünstler, Fotograf und Musiker. Eben hat er eine Band zusammengestellt und nimmt gemeinsam mit dem Musiker und Produzenten T-Bone Burnett ein Country-Album auf. Und überhaupt: Im Moment ist Bridges gleich in zwei Produktionen – dem 3D-Spektakel „Tron: Legacy“ und dem Western „True Grit“ – auf der Leinwand zu sehen.

Man kann durchaus sagen, dass er sich gerade auf dem Höhepunkt seiner Karriere befindet. Und die war die vierzig Jahre, die sie bereits andauert, auch nicht gerade unbeeindruckend und frei von Highlights. Seine Filmografie beinhaltet Kanonklassiker wie „Die letzte Vorstellung“, „Die Letzten beißen die Hunde“, „Starman“, „Die fabelhaften Baker Boys“ oder „König der Fischer“. Nicht zu vergessen: „The Big Lebowski“.

Der Dude-Kult

Die Rolle als dauerkiffender, White Russians trinkender Tagedieb und Althippie Jeffrey „The Dude“ Lebowski hievte Bridges endgültig in kultische Sphären. In Europa kapierte man den doppelbödigen Witz der Figur sofort, in den USA dauerte es ein wenig, bis der „Dude“ Lebensentwurf des arglosen Sich-treiben-Lassens als genial erkannt wurde. „Die amerikanischen Männer können mit einer solchen Figur nicht viel anfangen. Aber irgendwann haben sie verstanden, welche Freiheit der Dude in seinem Leben hat“, erklärte Bridges einmal den Erfolg dieses Charakters.

Die Verehrung des Antihelden, der im urinbefleckten Bademantel dem sedierten Laisserfaire frönt und sich konsequent in absurden Situationen wiederfindet, nimmt mittlerweile arge Züge an. Seit 2002 wird einmal jährlich in Louisville, Kentucky, das „Lebowski-Fest“ zelebriert. Und ja, es kommt schon mal vor, dass Jeff Bridges dort unangekündigt in Plastikschlapfen aufkreuzt. „Ich hatte meinen großen Beatles-Moment, als dort 1.000 Lebowskis vor mir standen. Ein Meer aus Dudes! Einige hatten Bowlingkugeln dabei, andere vorsichtshalber seit Tagen nicht geduscht.“ Dass der Schauspieler in Gesprächen zugibt, auch heute noch gerne mal die eine oder andere Tüte durchzuziehen, soll hier übrigens nicht verschwiegen werden. Ein bisschen „Dude“ muss auch im richtigen Leben sein.

Sauftour zum Oscar

Unterm Strich kann man sagen, dass der Kalifornier ohne nennenswerte Tiefs durch seine Karriere gekommen ist. Und das, obwohl er immer auch ein wenig unterschätzt wurde. Ein Treppenwitz, denn in der Filmbranche genießt Bridges den Ruf eines verlässlichen Schauspielers, der sich intensiv mit seinen Rollen beschäftigt. Wobei, ihm war dies stets egal, und diese Zeit ist nun definitiv vorbei. Denn im Vorjahr erhielt der Spross einer Schauspielerfamilie – Vater Lloyd war selbst ein Weltstar, der acht Jahre ältere Bruder Beau ist auch kein völlig unbekannter Schauspieler und Regisseur – bei seinem fünften Anlauf den längst überfälligen Oscar als bester Darsteller.

Völlig zu Recht, denn wie er in „Crazy Heart“ als abgehalfterter, alkoholkranker Country-Star Bad Blake im Van durch die USA tingelt, um in miesen Spelunken Konzerte zu spielen, hat was Großes. Ohne übertriebene Effekthascherei oder falschen Kitsch gibt er einen gebrochenen Antihelden, der über die Liebe langsam zu sich selbst findet.

Und auch dieses Jahr geht Bridges wieder ins Oscar-Rennen. Für seine Performance als US-Marshal Rooster Cogburn in dem Western „True Grit“ ist er erneut als bester Hauptdarsteller nominiert. Regie bei diesem Western-Remake, das insgesamt in zehn Kategorien nominiert ist, führte das Brüderpaar Ethan und Joel Coen, mit denen Bridges nun das zweite Mal nach „The Big Lebowski“ zusammenarbeitet. Jeff Bridges schätzt seine Chance, die goldene Statuette zweimal hintereinander zu kassieren, allerdings als gering ein. „Eher unwahrscheinlich, dass ich den Oscar gewinne, ich hab ihn ja voriges Jahr bekommen“, lautet sein lapidar-lässiger Kommentar dazu. Detail am Rande: John Wayne erhielt 1970 für dieselbe Rolle seinen einzigen Oscar.

Echte Schneid

Und auch Jeff Bridges hinterlässt im hoch gelobten „True Grit“ tiefen Eindruck. Er ist ein zäher, unbarmherziger US-Marshal, dem man ansieht, dass er sein Leben lang versucht hat, vom Wilden Westen nicht aufgerieben zu werden. Die Sonne gerbte seine Haut, den Rest an wüsten Charakterfurchen schnitzte hochprozentiger Whiskey in sein Gesicht. Eine Augenklappe verstärkt den Eindruck, dass im Ernstfall mit diesem alten Sack nicht zu spaßen ist. Der Plot des Films ist schnell erzählt: Die 14-jährige Mattie Ross (Hailee Steinfeld, als beste Nebendarstellerin ebenfalls für den Oscar nominiert) heuert den alten, zähen Marshal an, um den Mörder ihres Vaters (Josh Brolin) zu finden und zur Strecke zu bringen. Der junge Texas Ranger Mr. LaBoeuf (Matt Damon) stößt dazu und hilft bei der Schurkenjagd. Was dann folgt, ist eine vielschichtige Charakterstudie. Sukzessive entpuppt sich die toughe Mattie als treibende Kraft und Anführerin des Trios, die in den beiden Cowboys einen Entwicklungsprozess in Sachen Menschwerdung lostritt.

Der coole Hund Jeff Bridges braucht sich in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen …

– Manfred Gram

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