Rekordumsätze mit zeitgenössischer Kunst: "Zu Lebzeiten investieren"
Der Markt für zeitgenössische Kunst boomt, die Rekorde purzeln: Innerhalb eines Jahres wurden weltweit 1,6 Milliarden Euro für Werke von Künstlern wie Jeff Koons und Co. ausgegeben. Einst war der Markt ein Schwachpunkt, jetzt ist er globalisiert.

58,4 Millionen für Jeff Koons, 33 Millionen für Jean-Michel Basquiat und noch mal 33,6 Millionen für Koons. Erstgenannter stellte mit einem seiner "Balloon Dogs" 2013 bei Sotheby's einen Weltrekordpreis für zeitgenössische Kunst auf. Der Markt dafür boomt, die Rekorde purzeln im Halbjahrestakt. Zwischen Juli 2013 und Juli 2014 wechselten weltweit bei Auktionen Werke um 1,6 Milliarden Euro den Besitzer, der Umsatz stieg laut Artprice, einem Dienstleister für Kunstmarktinformationen in Paris, um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Bereits von 2012 auf 2013 kletterten die Preise für zeitgenössische Künstler um 34 Prozent. Doch warum ist zeitgenössische Kunst gefragt wie nie zuvor? "Mit Gegenwartskunst lässt sich spätestens seit der Finanzkrise 2008 wesentlich mehr verdienen als mit Aktien oder Immobilien - die Rendite ist einfach höher. Traditionell reagiert der Kunsthandel auf die Schwankungen der Aktienmärkte relativ schwach", sagt etwa Nicolaus Schafhausen, Direktor der Kunsthalle Wien gegenüber Format.at.
Obwohl die Kunsthalle Wien eine Institution ist, die nicht sammelt, wirken sich die Rekordpreise trotzdem auf sein Haus aus: "Wir sind vor allem von den massiv steigenden Versicherungsprämien, Transportkosten aber auch auch von den generell immer höheren Produktionskosten von Kunst betroffen", so Schafhausen.
Die Nachfrage aus dem asiatischen und südamerikanischen Raum wächst
Zwar macht noch immer Moderne Kunst den Löwenanteil am weltweiten Auktionsumsatz aus - 47,6 Prozent - doch der Anteil von zeitgenössischer Kunst liegt immerhin schon bei 15 Prozent. Schafhausen sieht den boomenden Markt kritisch: "Der Kunsthandel ist von privaten Anlegern und Sammlern gesteuert und nicht von öffentlich finanzierten Museen. Insofern ist es fraglich, ob der gesellschaftliche Mehrwert von Kunst in unserer Gesellschaft durch den boomenden Kunstmarkt den Museen einen Popularitätsschub verschafft."
"Aus historischer Sicht ist bedeutsam, dass zeitgenössische Kunst von 1970 bis zum Ende der 90er Jahre der Schwachpunkt im Kunstmarkt war", sagte Artprice-Chef Thierry Ehrmann in einem Interview. Inzwischen habe sich zeitgenössische Kunst als "bedeutsames Segment" im Kunstmarkt etabliert. Ein weiterer Grund ist, dass in den 1970er und 1980er-Jahren hauptsächlich zwischen Europa und den USA gehandelt wurde. "Der Markt für zeitgenössische Kunst hat sich globalisiert. Kunst aus dem Westen wird in asiatischen und südamerikanischen Staaten gekauft und umgekehrt", so die Wiener Galeristin Gabrielle Senn. Die Nachfrage aus China würde wachsen, denn das Reich der Mitte brachte in den vergangenen Jahren viele superreiche Sammler hervor. Laut Artprice-Jahresbericht von 2013 macht China rund 40 Prozent der Umsätze bzw. 811 Millionen Dollar aus, die USA erzielen im Vergleich nur 752 Millionen Dollar.
Senn sieht darüber hinaus noch einen anderen Grund, weshalb zeitgenössische Kunst bei Sammlern so populär geworden ist. "Es hat sich ein Bewusstsein gebildet, dass man beim Kauf nicht wartet, bis ein Künstler tot ist, sondern noch zu Lebzeiten investiert", so die Galeristin.