Kulturjahr 2012
Hollywoodregisseure inszenieren Oper, Filmstars spielen Theater, Kunst macht Mode, und das Kino arbeitet Rockgeschichte auf. Wir leben in einer Übergangsgesellschaft. Und 2012 bringt das Programm dazu.
Pop & Rock
Neue Alben von Madonna und U2. Die Stones feiern 50-jähriges Jubiläum.
Der Star, der aus dem Internet kommt. Das ist zwar ein wenig ein Business-Mythos, weil letztlich ja alles sehr schön durchgeplant ist. Wieder einmal zu sehen bei der Amerikanerin Lana Del Rey, die nur scheinbar aus den Tiefen des Webs angespült wurde und sich nun anschickt, mit einer Mischung aus Trash-Vamp und viel Soul den Popolymp zu erklimmen. Ende Jänner debütiert sie mit dem Album Born To Die (Universal). Das ist fix.
Ebenso sicher kommt 2012 Studiomaterial von Alicia Keys, dem britischen Konsolenstar Leona Lewis und The Gossip. Auch Madonna, Robbie Williams und U2 haben neue Alben angekündigt. Letztere allerdings erst zum Jahresende. Wichtiges Jubiläum feiern die Rolling Stones sie stehen 2012 im fünfzigsten Jahr auf der Bühne! Angeblich soll das ebenfalls mit neuem Album gefeiert werden.
Von den heimischen Musikern soll von der gefeierten Sängerin Soap&Skin Anfang des Jahres eine neue EP erscheinen. Ab 10. 2. gibt sie in Österreich auch einige Konzerte. Weitere Konzerthighlights des ersten Halbjahres kommen von Sting (19. 2.), Herbert Grönemeyer (7. 6.) und Bruce Springsteen (11. 6.). Und im Mai beginnt auch wieder die Festivalzeit, die traditionell mit dem FM4 Frequency (16.18. 8.) ihren sommerlichen Höhepunkt erfährt.
Theater
Die Wiener Bühnen setzen auf die Präsenz starker Spieler und guter Storys.
Eben erst erhielt er für seine herausragende schauspielerische Leistung den Gertrud-Eysoldt-Ring, demnächst ist Jedermann Nicholas Ofczarek wieder als Burgstar zu bewundern. Da spielt der 40-jährige Allrounder den Parademacho Stanley in Tennessee Williams Endstation Sehnsucht (28. 1.). Von TV & Film wechselt Quotenqueen Ursula Strauss auf die Bretter, die die Welt bedeuten: Sie gibt im Rabenhof ihr Bühnencomeback in der Kittelschürze und spielt Christine Nöstlingers Iba de gaunz oamen Leit (17. 1.). Ab 14. 2. ist ebenda ein glatziger Andreas Vitásek als Protagonist der Bühnenfassung von Thomas Glavinics Lisa zu erleben. Auf Big Names setzt auch die Josefstadt mit Erwin Steinhauer als Zauberkönig in Geschichten aus dem Wiener Wald (2. 2.) und Helmuth Lohner in Ibsens John Gabriel Borkman (1. 3.). Und im Volkstheater darf man sich ab Herbst u. a. auf Andrea Eckert als Wiener Diseuse Greta Keller freuen.
Ausstellungen
Natürlich ist Klimt der Star des Jahres aber auch viele andere Positionen werden Sie schön schauen lassen.
Dass Gustav Klimt am 14. Juli 150 Jahre alt geworden wäre, macht das Jahr eindeutig zum Klimt-Jahr. Gut für Tourismus wie heimische Kunstinteressierte, denn das uvre des Malers mit Hang zum Gesamtkunstwerk wird vom Kunsthistorischen (14. 2.) über das Leopold (24. 2.) bis zum Wien Museum (16. 5.) und vom Belvedere (bis 4. 3.) bis zur Albertina (14. 3.) in allen Facetten gewürdigt.
Ein weiterer Schwerpunkt des Jahres ist der Mode in der Kunst gewidmet: Das MuseumsQuartier hat den Summer of Fashion ausgerufen, das Museum Moderner Kunst zeigt dazu eine Schau, die sich mit Mode als essenziellem Bestandteil von Kunst beschäftigt; mit Arbeiten von Daniel Buren bis Sonia Delaunay (14. 6.). Bereits ab 2. 3. zeigt die Kunsthalle dazu extreme Kostümkreationen des Exzentrikers Leigh Bowery: Xtravaganza.
Ganze Kapitel von Best-of-Kunstgeschichte werden in der Albertina abgehandelt: Da stehen eine Schau mit Pastellen und Aquarellen des Impressionismus von Monet bis Cézanne (10. 2.) und niederländische Zeichnungen von Bosch bis Rubens (25. 5.) auf dem Programm. Das BA-Kunstforum wiederum hat die erste große Retrospektive des heimischen Malstars Herbert Brandl angesetzt (26. 1.). Von sich reden machen wird auch die Präsentation des Frühwerks der US-Künstlerin Cindy Sherman, die der Verbund ab 26. 1. zeigt.
Musiktheater
Angelika Kirchschlager singt Weill, Anna Netrebko die Mimi, Annette Dasch die Pompadour.
Das alles überstrahlende Musiktheaterereignis des Jahres ist sicher die Bohème bei den Salzburger Festspielen mit Anna Netrebko und Piotr Beczala, die jetzt schon hoffnungslos überbucht ist (Festspielhaus, 1. 8.). In Wien darf man sich nach dem Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny mit Angelika Kirchschlager und unter dem Dirigat von Jérôme Deschamps in der Staatsoper (24. 1.) auf Les Contes dHoffmann im Theater an der Wien freuen (19. 3.). Neben Kurt Streit in der Titelrolle ist der Abend allein schon des Regisseurs wegen interessant: Das ist nämlich der fünffache Oscarpreisträger und Exorzist-Regisseur William Friedkin.
Ein Highlight auf dem Spielplan der Volksoper ist zweifellos die Leo-Fall-Operette Madame Pompadour mit Annette Dasch in der Titelrolle (ab 6. 6.). Die Vereinigten Bühnen setzen weiter auf ihre Erfolgsproduktionen Sister Act (Ronacher) und Ich war noch niemals in New York (Raimund Theater). Ab Herbst kehrt dann Elisabeth zurück. Reiselustige Musiktheaterfans seien auf Andreas Kriegenburgs Ring des Nibelungen in München und die Ariadne auf Naxos mit Renée Fleming im Februar in Baden-Baden verwiesen.
Film
Superhelden, Stummfilm-Hommage und gescheiterte Musiker. Kino 2012!
Das Kinojahr 2012 startet schon stark. Sean Penn gibt in Cheyenne This Must Be the Place (ab 6. 1.) einen alternden Goth-Star, der mehr schlecht als recht durch die Rockpension kommt.
Regie-Star David Fincher zeigt mit Verblendung (13. 1.) das Hollywood-Remake von Stieg Larssons Millennium-Trilogie. Jim Hensons Erben greifen in die Puppenkiste und bringen die Muppets (19. 1.) zurück auf die Leinwand, und mit The Artist (27. 1.) läuft eine gefeierte Hommage an die Stummfilm-Ära an, für die Hauptdarsteller Jean Dujardin in Cannes den Darstellerpreis kassierte.
Genre-Zuwachs gibt es auch bei den Biopics. Unter der Regie von Clint Eastwood spielt Leonardo DiCaprio in J. Edgar (17. 2.) den FBI-Gründer J. Edgar Hoover. Mit Spannung kann man auch Meryl Streeps Performance als Margaret Thatcher in The Iron Lady (2. 3.) erwarten. Die Politsatire des Jahres kommt von Sacha Baron Cohen. Gewohnt gallig mimt er in Der Diktator (17. 5.) einen demokratiefeindlichen Staatschef.
Interessant könnte auch die Rockstar-Hommage Rock of Ages (8. 6.) sein, in der Tom Cruise die 80er auferstehen lässt. Ein Wiedersehen mit alten Bekannten gibt es auch im Superheldenkino. The Amazing Spider-Man (3. 7.) zeigt die Highschool-Jahre von Peter Parker, den diesmal Andrew Garfield verkörpert. Und auch Batman taucht wieder auf. In The Dark Knight Rises (27. 7.) schlüpft Christian Bale zum letzten Mal ins Fledermauskostüm.
Festivals
Handke & Manker bei den Wiener Festwochen, Neo-Team in Salzburg.
Eine alte Welt geht unter, eine neue taucht auf, präsentierte Festwochenchef Luc Bondy sein Programm für die Übergangsgesellschaft. Im spannenden Package (11. 5. 17. 6.): eine Ur-Inszenierung von Peter Handkes Die schönen Tage von Aranjuez, Botho Strauß Stück Groß und Klein mit Cate Blanchett, aber auch schräge Abende wie Ulrich Seidls Böse Buben mit Paulus Manker und Georg Friedrich.
Die Bregenzer Festspiele (18. 7. 18. 8.) setzen auf der Seebühne wieder auf die Riesenshow André Chénier und bringen im Festspielhaus mit Solaris die neueste Oper des deutschen Komponisten Detlev Glanert zur Uraufführung. In Salzburg präsentiert sich mit Intendant Alexander Pereira und Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf erstmals das neue Führungsteam. Im erstmals zeitlich ausgeweiteten Programm der Festspiele (20. 7. 2. 9.) hat neben der Bohème zweifellos Die Zauberflöte ihren Reiz, erstmals wird Harnoncourt diese Mozart-Opern mit seinem Concentus Musicus machen. Und auf dem Schauspielsektor gibts Andrea Breths Prinz von Homburg-Adaption.
Von Michaela Knapp & Manfred Gram