Lokalkritik: "Labstelle" in Wien
Wenn ein Lokal "Labstelle" heißt, wird leichtsinnigerweise im Namen schon der Maßstab gesetzt. Ist der Aufenthalt angenehm und das Essen wirklich gut, dann ist jede Sekunde dort ein Labsal. Trifft das nicht zu, kann aus dem "laben" rasch ein darben werden.

Die Labstelle, ein neues Lokal in einer renovierten Bürohaus-Passage, die das Lugeck mit der Wollzeile verbindet, wirkt auf den ersten Blick wohltuend. Ein durchaus stilsicheres Ambiente im Lokal und ein schöner Garten im Innenhof lassen den Namen Labstelle zumindest in optischer Hinsicht einigermaßen gerechtfertigt erscheinen.
Man muss den Umstand, dass von den fünf oder sechs grünen Veltlinern auf der Weinkarte nur einer vorhanden ist, wohl als Anfangsschwierigkeiten verbuchen. Der überaus freundliche Kellner fügt noch optimistisch hinzu, in ein paar Tagen käme die nächste Lieferung an Weinen. Da wären dann auch die Veltliner dabei. Doch darauf zu warten, würde doch ein etwas zu langes Darben zur Folge haben.
Aus der Speisekarte ergibt sich, dass Küchenchef Kristijan Bacvanin auf Produkte qualitätsorientierter Lieferanten Wert legt. Einer davon ist die großartige Gärtnerei Bach, die unter anderem für die Tomaten verantwortlich ist, die sich in der Vorspeise "Paradeiservielfalt" wiederfinden. Seltene Paradeisersorten kombiniert mit Ziegenkäse. Sehr verdienstvoll.
Auch der Saibling gebeizt und gehackt als Tatar ist erfrischend und damit mit dem Begriff laben weitgehend kompatibel. Ganz passabel auch das Zitronenhuhn mit Gemüse und Erdäpfel. Eine bekömmliche Angelgenheit im Vergleich zur Waldviertler Saumaise. Denn die kommt hier in Form eines unharmonischen und derben Sättigungsgerichts zu Tisch. Da ist nichts mit laben. Insgesamt ist die Küche ambitioniert, aber nicht umwerfend. Bis zu einer echten Labstelle ist es noch ein Stück des Weges.
NAME:
Labstelle
ADRESSE:
1010 Wien, Linke Wienzeile 6
TELEFON:
01/585 62 62
ÖFFNUNGSZEITEN:
Mo.Sa. 924 Uhr
PREISE:
Vorspeisen bis 12, Hauptspeisen bis 25 Euro
WEB:
www.labstelle.at