Indische Küche in Österreich: Eine Bestandsaufnahme

Der Asia-Boom der letzten zwei Jahrzehnte hat Wirkung gezeigt. Mittlerweile sind in Österreich fast alle wichtigen Küchen aus Fernost in Form von guten Restaurants auch in der obersten Liga vertreten. Nur die indische Küche fristet bei uns aus unerklärlichen Gründen noch immer ein eher bescheidenes Dasein.

Indische Küche in Österreich: Eine Bestandsaufnahme

Zwar sperren immer wieder neue Inder auf, aber ein indisches Restaurant der Top-Klasse gibt es in Österreich bislang noch nicht. Es ist schon bezeichnend, dass in Wien noch immer ein kleines Lokal am Naschmarkt als bester Inder der Stadt gilt.

Am Kochbuch-Sektor sieht es allerdings anders aus. Bücher über die indische Küche gibt es zuhauf. Jetzt ist das umfangreichste und für viele auch beste in deutscher Übersetzung erschienen: "Indien - Das Kochbuch“ (Phaidon) ist der schlichte Titel des 2010 in Englisch erstmals erschienenen Wälzers des Foodjournalisten Pushpesh Pant mit nicht weniger als 1.000 Rezepten. Die Unterzeile am Cover soll die Bedeutung dieses Mammutwerkes selbstbewusst unterstreichen: "Das einzige Buch über die indische Küche, das Sie unbedingt besitzen sollten.“

Neben dem Überangebot an Rezepturen verschafft das Buch auch einen Überblick über die verschiedensten Regionen Indiens, deren Vielzahl es unmöglich macht, von einer einheitlich indischen Küche zu reden. Es mag schon einleuchten, dass ein Land mit über drei Millionen Quadratkilometern und mehr als einer Milliarde Einwohnern zwangsläufig keine einheitliche Nationalküche haben kann. Zu groß ist der Unterschied zwischen den Lebensbedingungen und Essgewohnheiten im Süden und im Norden des Landes.

Spice and the City

Das zeigt sich schon allein bei den Gewürzen. Der Süden Indiens steht im Zeichen besonders scharfer Gerichte, an die man sich als Europäer erst einmal gewöhnen muss. Ein Blick auf die unzähligen Currys untermauert diesen Eindruck. Das Curry ist ein typisch indisches Gericht, bei dem verschiedene Zutaten in einer würzigen Sauce gegart werden, wobei jedes Rezept durch ein komplexes, aber harmonisch abgestimmtes Gewürzpotpourri charakterisiert ist.

In Österreich sind gute Currys am ehesten noch in thailändischen oder vietnamesischen Lokalen zu bekommen - am wenigsten aber in indischen. Woran das liegt, lässt sich nur vermuten. Wahrscheinlich haben die Betreiber der indischen Restaurants Angst, die Gäste könnten durch die Schärfe und die geschmacksintensiven Gewürze eher irritiert als begeistert werden.

Die verschiedenen Eier-Currys, also hart gekochte Eier mit Currysauce, stammen übrigens aus der Zeit, als Indien noch von den Engländern regiert wurde. In Indien lebende Briten wollten morgens sowohl Currys als auch Eier verzehren. So lag es nahe, beides in einem Gericht zu kombinieren.

Für jemanden, der die indische Küche nur aus einschlägigen Restaurants in Österreich kennt, ist es nahezu unvorstellbar, dass in Indien viele Gerichte mit Fisch und Meeresfrüchten existieren. Der Grund dafür ist einfach: Der gesamte Osten, Süden und Westen ist von Meer umgeben. In den Dorfküchen entlang der Meeresarme und Lagunen stehen auf dem Speiseplan meist Gerichte wie kleine ausgebackene Austernkuchen, Kokosnuss-Garnelen-Curry, im Bananenblatt gebackener Fisch, gedämpfter Fisch mit zerstoßenen Senfsamen und pochierter Fisch in pikanter Tamarindensuppe. An der Südküste wird die saure Tamarinde aus mehreren Gründen verwendet. Zum einen wirkt sie erfrischend, was in heißen Klimazonen nicht ganz unwichtig ist. Zum anderen ist sie ein natürliches Konservierungsmittel.

Nordinder und Pakistani marinieren hingegen ganze Flussfische in Joghurt und "Ajowan-Samen“ (indischer Kümmel) und garen sie dann in einem sogenannten "Tandoor-Ofen“.

Ofen für alles

Der gehört übrigens zur indischen Küche wie der Pizzaofen zur italienischen. Die aus dem arabischen Raum nach Indien gelangten Tandoors sind hohe, bienenstockförmige Lehmöfen, in deren Innerem mithilfe von Holzkohlen eine hocharomatische Gluthitze erzeugt wird. Eines der berühmtesten Gerichte aus diesen Öfen ist das "Tandoorihuhn“, das auch hierzulande in vielen indischen Lokalen serviert wird. Vom Tandoor-Ofen stammen auch das typische Fladenbrot "Chapati“ und das tropfenförmige "Naan“, üblicherweise mit einem von der Hitze stammenden, schwarzen Fleckmuster.

Manche Gebiete Indiens haben zwar eine uralte kulinarische Tradition, ihre Bedeutung aber wird noch immer unterschätzt. Kaschmir etwa zählt historisch gesehen zu den ältesten Regionen, in den Reiseprospekten werden gerne die berühmten Gärten und Moscheen der Moguln hervorgehoben. Auch die weitläufigen Safranfelder kennt man. Weniger bekannt ist die Küche dieser Region, die sich wesentlich von jener des übrigen Landes unterscheidet, da sie jahrhundertelang nicht nur vom Mutterland, sondern auch von Zentralasien und Tibet beeinflusst wurde. Die bevorzugte Fleischsorte ist Lamm, es wird zumeist auf hinduistische und muslimische Art zubereitet. Typisch für die Region Punjab (frei übersetzt steht der Name für Fünfstromland) sind die verschiedensten Tandoori-Gerichte, aus der Region "Avadh“ (im heutigen Bundesstaat Uttar Pradesh) stammt unter anderem die "Korma“-Sauce aus Mandeln oder Nüssen mit Joghurt.

Die bengalische Küche rühmt sich wiederum köstlicher Süßspeisen und verschiedenster Fischcurrys, während die Tamilen (Region Tamil Nadu) auf das sogenannte "Dosa“ stolz sind. Dabei handelt es sich um dünne Pfannkuchen aus Reismehl, die in wenig Fett gebacken und mit gewürzten Kartoffeln, aber auch mit Huhn, Lamm und Meeresfrüchten kombiniert werden.

Fingerübungen

Die Überfülle an regionalen Unterschieden ist für Mitteleuropäer ebenso verwirrend und ungewöhnlich wie die Art, eine indische Mahlzeit zu genießen. Es gibt praktisch keine Vorspeisen, auch keine Gang-Abfolge, bei der die Nachspeise zuletzt serviert wird. "Oft werden die Gerichte arrangiert in kleinen Schüsseln und angerichtet auf dem Thali, einem großen runden Serviertablett, oder auf einem Bananenblatt serviert“, schreibt Pushpesh Pant in seinem Indien-Wälzer.

Und er legt auch großen Wert auf die Feststellung, dass ein indischer Feinschmecker bei Tisch weder Messer noch Gabel oder Löffel verwendet. Zitat: "Die Finger, unterstützt von den verschiedenen Broten, reichen vollauf, um ein indisches Essen zu genießen.“

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