ELGA startet: Fragen und Antworten zur elektronischen Gesundheitsakte
Am heutigen Mittwoch ist es soweit, die Elektronische Gesundheitsakte - kurz ELGA - startet. Vorerst aber nur in den Spitälern in der Steiermark und in Wien. Die Verantwortlichen schließen Kinderkrankheiten nicht aus, erwarten aber keine größeren Probleme. Kritik an ELGA äußern nicht nur Datenschützer, sondern auch Ärzte, die einen administrativen Mehraufwand befürchten. FORMAT hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
Was ist ELGA?
Die Elektronische Gesundheitsakte ist ein Informationssystem, das den Patienten sowie ihren behandelnden Ärzten, Spitälern, Pflegeeinrichtungen und Apotheken einfachen Zugang zu Gesundheitsdaten bringt. Die dort entstandenen Daten bzw. Befunde werden vernetzt, es wird nichts zentral gespeichert. Der behandelnde Arzt bekommt durch die E-Card Zugriff auf die Patientendaten.
Wer steht dahinter?
ELGA ist ein gemeinsames Vorhaben von Bund, Ländern und Sozialversicherung. Rechtliche Grundlage ist das ELGA-Gesetz, das Anfang 2013 in Kraft getreten ist.
Wann und wo startet ELGA?
Zunächst ab Mittwoch, 9. Dezember, in öffentlichen Spitälern in der Steiermark und in Wien. In der Bundeshauptstadt wird an fünf Abteilungen des Spitals Hietzing mit ELGA gestartet, danach folgen die weiteren Spitäler des Krankenanstaltenverbundes (KAV) und im Mai 2016 dann das AKH als größtes Spital Österreichs. Die anderen Bundesländer folgen und auch die niedergelassenen Ärzte arbeiten ab Mitte 2016 freiwillig und ab Mitte 2017 verpflichtend mit ELGA. Zug um Zug werden 2016 alle öffentlichen Spitäler mit ELGA arbeiten. Ende 2017 soll ELGA voll ausgebaut sein.
Um welche Daten und Befunde geht es?
Anfangs werden ärztliche und pflegerische Entlassungsbriefe, Labor- und Radiologiebefunde aus den teilnehmenden Spitälern (später auch aus dem niedergelassenen Bereich) und Medikationsdaten abrufbar sein. Es werden nur neue Befunde aufgenommen. Das heißt, die Gesundheitsakte wird beim Start vorerst noch leer sein. Die Daten werden in einem speziellen, interaktiven Format zur Verfügung gestellt. Röntgenbilder können vorerst noch nicht gespeichert werden, sie sollen aber in Zukunft folgen. Ebenso sollen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten hinzukommen.
Was ist die E-Medikation?
Die E-Medikation (sie ist ein Teil von ELGA) ist eine Datenbank, in der jene Medikamente gespeichert werden, die dem Patienten vom Arzt verordnet wurden. Vermerkt wird auch, ob der Patient das Medikament in der Apotheke abgeholt hat, Schlüssel ist hier ein QR-Code am Rezept. Zur Vermeidung von Wechselwirkungen können die Apotheken auch die rezeptfreien Arzneimittel speichern, die dem (mittels E-Card identifizierten) Patienten verkauft wurden.
Wann geht es in Arztpraxen und Apotheken los?
Ab Mitte 2016 können Vertragsärzte, Gruppenpraxen, selbstständige Ambulatorien sowie Apotheken ELGA zu nutzen. Die E-Medikation wird zunächst in der steirischen Region Deutschlandsberg eingeführt und steht danach für die freiwillige Verwendung zur Verfügung. Verpflichtend werden ELGA und E-Medikation im niedergelassenen Bereich erst ab Mitte 2017. Später werden auch private Krankenhäuser sowie Zahnärzte ELGA verwenden.

Was bringt das alles?
Patienten können ihre eigenen Befunde und ihre Medikamentenübersicht via Internet zeit- und ortsunabhängig abrufen, ausdrucken und speichern. Die Vernetzung der Daten soll zu einem besseren Informationsfluss zwischen den Gesundheitsdienstanbietern führen. Die Ärzte werden mit konkreten, patientenbezogenen Informationen in Diagnostik und Therapie unterstützt. Mehrfachbefunde sollen durch ELGA wegfallen.
Wie kann ich selbst auf ELGA zugreifen?
Die eigenen Gesundheitsdaten sind über das ELGA-Gesundheitsportal abrufbar, zugegriffen wird über eine gesicherte Internetverbindung. Für den Einstieg ist die Handy-Signatur bzw. die Bürgerkarte notwendig. Hier kann auch die ELGA-Teilnahme widerrufen und wieder aufgenommen werden und Zugriffsrechte verwaltet werden.
Kann ich mich von ELGA abmelden?
Ja. Möglich ist der Widerspruch ("Opt out") am ELGA-Portal, aber auch schriftlich bei der ELGA-Widerspruchsstelle. Für die schriftliche Abmeldung muss man allerdings eine Ausweiskopie mitschicken. Laut Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) dient dies zur Identifikation des Betroffenen. Bisher (seit 2014) haben sich 223.000 Personen abgemeldet. Eine neuerliche Anmeldung ist jederzeit möglich.
Wer hat außer mir Zugriff?
ELGA-Daten eines Patienten sind ausschließlich jenem Arzt (oder sonstigen Gesundheitsdiensteanbieter wie Krankenhäusern oder Apotheken) zugänglich, bei dem er oder sie aktuell in Behandlung oder Betreuung ist. Behörden, Versicherungen oder Betriebsärzte haben keinen Zugriff. Bei Missbrauch drohen Strafen in Höhe von mehreren 10.000 Euro bzw. bis zu einem halben Jahr Haft bei vorsätzlichem widerrechtlichen Verlangen von Gesundheitsdaten.
Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Die Betreiber sagen ja. Sie betonen, dass beim Abruf höchste Sicherheitsstandards angewendet werden, die Daten werden verschlüsselt übertragen. Die Datensicherheit wurde von beauftragten Hackern getestet - der Test soll erfolgreich gewesen sein. Auch eine Betrugserkennungssoftware wird eingesetzt. Jeder Zugriff wird mitprotokolliert und kann vom Patienten eingesehen werden. Auf der E-Card selbst werden keine Gesundheitsdaten gespeichert.
Die Arge Daten kritisiert das technische Konzept der Gesundheitsakte und Sicherheitsmängel, da die Daten über einen zentralen Server verwaltet werden. Verschaffen sich etwa Hacker Zugriff auf diesen Server, so hätten sie Zugriff auf alle Patientendaten.
Was sagen die Ärzte zu ELGA?
Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger befürchtet einen zunehmenden Verwaltungsaufwand. Dadurch könnten die Abläufe im Spittal verlangsamt werden. Für Wechselberger ist der Start in Wien und der Steiermark eine Nagelprobe, "ob es funktioniert oder nicht". Wenn das System funktioniert, es den Ablauf im Spital erleichtert und die Arbeitszeit nicht noch mehr beansprucht, werden es die Ärzte auch nutzen. Wenn aber die Benutzerfreundlichkeit nicht ausreichend und es für die Ärzte nicht praktikabel sei, dann kann sich Wechselberger auch vorstellen, dass sich die Ärzte "wehren".
Kritik kommt auch vom Österreichischen Hausärzteverband (ÖHV). Er kritisiert, dass die Patienten einzelne Befunde ausblenden können. Die weiteren Kritikpunkte: Viele Befunde, etwa aus dem niedergelassenen Bereich, seien per Gesetz nicht ELGA-würdig. Der Impfpass, Allergieinformationen und Befunde aus dem Praxislabor seien nicht enthalten.
Was kostet ELGA?
Für die Jahre 2008 bis 2013 bzw. 2014 bis 2016 wurden insgesamt 60 Millionen Euro von Bund, Ländern und Sozialversicherung festgelegt. Davon sind bis Ende 2014 rund 35,2 Millionen Euro für die Entwicklung, die Implementierung und in geringem Umfang für den Betrieb der zentralen ELGA-Komponenten angefallen. Bis Ende 2016 stehen noch rund 24,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Start von ELGA wird von einer Informationskampagne begleitet. Bund, Länder und Sozialversicherung haben dafür ein Budget von je 250.000 Euro. Insgesamt darf die Kampagne also 750.000 Euro kosten.
Serviceline
Für weitere Informationen gibt es eine ELGA-Serviceline unter der Telefonnummer 050 124 4411. Sie ist Montag bis Freitag von 7.00 bis 19.00 Uhr erreichar. Die Serviceline bietet allgemeine Informationen zu ELGA, berät aber auch in Bezug auf die Möglichkeiten des Widerspruchs bzw. des Widerrufs des Widerspruchs. Auf telefonische Anforderung übersendet sie auch das entsprechende Formular.