Autobranche 2016: Der große Ausblick und die Top-Aktien

Wie gut das Jahr 2016 für die Branche wird, hängt stark von der China-Konjunktur ab. E-Autos könnten auf neues Interesse stoßen. Wie internationale Experten die Entwicklung einschätzen und wie einzelne Automobil-Aktien abschneiden könnten.

China und die Elektromobilität gelten für 2016 als entscheidendes Kriterium für Kurs- und Absatzzuwächse in der Autobranche. Auch wer bei selbstfahrenden Autos die Nase vorne hat, wird von Experten genau beobachtet.

Ford und Daimler zählen 2016 zu den Top-Aktien. Doch von manchen Auto-Werten sollte man sich 2016 nicht allzu viel erwarten.

Die Autobranche ist in Rallye-Stimmung. Seit Mitte Oktober ist der breite europäische Autoaktienindex EuroStoxx 600 Automobil um rund 25 Prozent gestiegen. Das hat einen einfachen Grund: Trotz des Abgas-Skandals bei Volkswagen ist Europas Automarkt stark wie lange nicht. In der EU wurden im November laut Branchenverband Acea mit knapp 1,1 Millionen Autos 13,7 Prozent mehr neu zugelassen als ein Jahr zuvor. Das war der 27. Anstieg in Folge und der stärkste Novemberwert seit 2009. Andere große Märkte wie die USA und Indien verzeichneten Zuwächse im einstelligen Prozentbereich. Auch die USA haben sich als Absatzmarkt gut gehalten.

In diesem Stil geht es laut den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young auch im Dezember weiter. Sie rechnen zum Jahresende erneut mit einem spürbaren Plus bei den Neuzulassungen. Damit dürften 2015 insgesamt etwa 13,6 Millionen Neuwagen in der EU verkauft werden, gut acht Prozent mehr als im Vorjahr. Doch es gibt noch Potential. 2007 waren in der EU 15,6 Millionen Neuwagen verkauft worden.

Zu den größten Profiteuren bei Neuzulassungszuwächsen zählen weltweit laut Einschätzung der Deutschen Bank Daimler, Fiat Chrysler, Ford, GM, Peugeot und Renault haben laut einer Analyse der Deutschen Bank Marktanteile dazu gewonnen, während BMW, Toyota, Nissan und vor allem VW unterdurchschnittlich abgeschnitten hätten.

Einen Markteinbruch verzeichneten dagegen große Märkte wie Russland, Brasilien und Japan. In diesen Ländern brachen die Neuzulassungen um zweistellige Prozentwerte ein.

Wie das Autojahr 2016 wird

Doch wird sich dieser positive Trend 2016 fortsetzen? Die Experten sind geteilter Meinung. China dürfte wohl das Zünglein an der Waage sein. „2016 könnten China und andere Märkte wieder auf den Erholungspfad einschwenken“, Frank Schwobe, Autoanalyst der Nord/LB. Schwobe: „Für das kommende Jahr erwarten wir das stärkste Wachstum in China, wo wir ein Absatzplus von bis zu zehn Prozent sehen, so dass das Reich der Mitte wieder zur Zugmaschine der Autoindustrie wird.“

Mehrere China-Skeptiker

Kritischer sieht die Lage in China die Credit Suisse. Die Research-Abteilung der Bank sieht in Märkten wie China Probleme für die europäische Autobranche: „Die wichtigsten Exportmärkte dürften ihre Dynamik verlieren“, so Alexander Haissl, Analyst von Credit Suisse.
Wie wichtig China für die Autobranche ist, hat sich bereits in diesem Sommer gezeigt, als jene Autobauer, die stark nach China expandierten, an der Börse deutlich unter Druck kamen. So hat die enttäuschende konjunkturelle Entwicklung in China und der nachfolgende Börsencrash im Land der Mitte vor allem die Aktien deutscher Autohersteller hart getroffen. Kein Wunder: VW beispielsweise verkaufte im ersten Quartal 46 Prozent seiner Neuzulassungen in China. Bei BMW betrug der Exportanteil nach China 26 Prozent, bei Mercedes 18 Prozent. China ist damit für diese Hersteller der wichtigste Markt. Die Zulassungszahlen in China kletterten 2015 bisher nur noch im einstelligen Bereich nach oben.

Auch Analyst Stefan Burgstaller von Goldman Sachs bleibt für das Wachstum der Branche 2016 vorsichtig. „Das Wachstum des weltweiten Autoabsatzes dürfte sich 2016 zwar beschleunigen, in den USA, Europa und Japan allerdings nur unwesentlich.“ Auch für China ist Goldman Sachs skeptisch.

Bis zu sechs Prozent Absatz-Zuwachs in Europa erwartet

Nach Einschätzung der Nord/LB sieht es für die Autobranche 2016 vor allem für Europa und die USA gut aus. In Europa wird von der Nord/LB ein Anstieg bei Neuzulassungen von bis zu sechs Prozent prognostiziert, für die USA ein Plus von vier Prozent. Mehr als einen Kurszuwachs von zehn Prozent für die gesamte europäische Autobranche erwartet Schwobe 2016 nicht.

Russland und Brasilien: Die Abwärtspirale dreht sich weiter

Ein hartes Jahr könnte es nach Einschätzung von Autoanalysten Schwobe für Russland und Brasilien werden. In diesen Märkten könnte der Absatz zwischen zehn und 20 Prozent einbrechen. China könnte zwischen fünf und zehn Prozent mehr Neuzulassungen verzeichnen.

So schätzen Experten die Auto-Aktien 2016 ein:

Ford könnte Google-Auto in Form eines Mustangs bauen

Einer der heißesten Aktien für 2016 dürfte Ford (ISIN US3453708600) sein. So empfiehlt Buckingham Research die Aktie zum Kauf. Der US-Autobauer ist bei zahlreichen technologischen Entwicklungen vorn dabei. Vor allem die jüngsten Medienberichte, nachdem Ford womöglich das selbstfahrende Auto von Google (ISIN US38259P5089) bauen soll, birgt einiges an Kursphantasie. Die Aktie, die bereits in den vergangenen drei Jahren um 44 Prozent gestiegen ist, legte daraufhin an nur einem Tag 3,4 Prozent zu. Wenn Google tatsächlich zu einem großen Player am Automobilmarkt wird und dabei als Hersteller für seine Hardware Ford wählt, steht dem US-Autobauer wohl eine große Zukunft bevor. Bisher sieht bei Google Prototyp für ein selbstfahrendes Auto klein und brav aus. Das erste selbstfahrende Versuchsauto von Ford ist dagegen verpackt in einen Mustang.

Milliardenschwere E-Offensive bei Ford

Ford kündigt zudem eine milliardenschwere Elektroauto-Offensive an. Der amerikanische Autohersteller Ford will bis 2018 insgesamt 4,1 Milliarden Euro in Elektromobilität investieren, um dafür 13 neue Modelle mit Elektro- und Hybridantrieb zu entwickeln. Damit würde der Anteil solcher Autos im Konzern von 13 auf 40 Prozent steigen. Die Ausgangssituation ist zwar nicht einfach, denn in den USA haben E-Autos derzeit mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Der günstige Sprit senkt die Nachfrage. Das Ziel von Ford: 2016 soll ein überarbeitete Ford Focus Electric mit deutlich kürzerer Ladezeit und erheblich größerer Reichweite auskommen.
Weiterer positiver Faktor für die Ford-Aktie: Die aktuellen Modelle kommen gut an. In Europa legte der Absatz zuletzt um 20 Prozent zu. Gelobt wird von den Analysten auch das gut funktionierende Finanzierungsgeschäft. Zudem besitzt der Konzern auch über eigene große Stromerzeugungsanlagen.

Toyota und GM unter den Top-3-Playern weiter auf Wachstumskurs

Im kommenden Jahr 2016 sollte Toyota (ISIN US8923313071) nach Einschätzung der Nord/LB seine Spitzenposition als größter Autobauer der Welt mit einer leichten Steigerung auf 10,1 Mio. Einheiten verteidigen können. Während die Nord/LB davon ausgeht, dass bei General Motors (9,9 Millionen Autos) ein leichtes Wachstum erzielt, geht Schwobe davon aus, dass beim Volkswagen-Konzern der Absatz aufgrund des Abgasmanipulationsskandals stagniert. Schwobe: „Wir kalkulieren für die Wolfsburger mit einem Rückgang der Verkäufe ohne China bis zu vier Prozent, der jedoch großteils durch das allgemeine Absatzplus in China wieder wettgemacht werden kann.“ Eine Kaufempfehlung gibt es dafür für General Motors. Die US-Bank Citigroup hat General Motors (ISIN US37045V1008) auf Kaufen gestellt und ein Kursziel von 50 Dollar ausgegeben.

VW: Für Anleger derzeit nichts zu holen

Für die Volkswagen-Aktie (ISIN DE0007664005) gibt es zumindest Entwarnung. Der Kurs der Aktie hat sich seit Mitte November deutlich erholt und notiert bei 134 Punkten. Die Deutsche Bank hat in ihrer jüngsten Analyse die Einstufung für die Volkswagen-Vorzüge auf „Halten“ belassen. Kursziel: 135 Euro. Die Bank schätzt, dass sich der Autobauer nach dem Abgasskandal stabilisiert hat. Im November waren die Absatzzahlen wie bei vielen anderen Herstellern neuerlich solide. Bereinigt man die jährliche Wachstumsrate um saisonale Effekte kommt man bei VW laut Deutsche Banker sogar auf den höchsten Wert seit Februar 2011.

Porsche-und Renault-Aktie verkaufen

Diejenigen Auto-Aktien, die an der Börse 2015 bereits überdurchschnittlich schlecht abgeschnitten haben, sollte man wohl auch 2016 einen Bogen machen. Dazu zählt nach Einschätzung der Nord/LB die Aktien von Porsche (ISIN DE000PAH0038) (-27,3 Prozent seit Jahresbeginn) und VW (-29,7 Prozent seit Jahresanfang). Auch bei Renault (ISIN FR0000131906) rät Schwobe zum Verkauf der Aktie. Der Wert verzeichnete 2015 jedoch eine Kursrallye von über 50 Prozent.

Wichtigkeit der Elektromobilität steigt 2016

Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Autoherstellern wird zunehmend auch die Elektromobilität, glauben Experten. Bisher war diese, gemessen an der Zahl der Neuzulassungen, mehr ein unbedeutender Nebenschauplatz. Neue Modelle, neue Offensiven der Hersteller und intensivierte Maßnahmen von Regierungen könnten dem bisherigen Orchideenfach der Autobauer zu mehr Gewicht beim Absatz verhelfen.

Deutsche Premium-Hersteller sagen Tesla den Kampf an

Beim Analysehaus Bernstein Research weist darauf hin, dass die deutschen Automobilbauer eine Art Anti-Tesla-Strategie (Tesla Motors Inc. ISIN US88160R1014) entwickeln. Mit neuen Modellen wollen die deutschen Premium-Hersteller in den kommenden Jahren den Kampf mit den Tesla S- und X-Modellen aufnehmen, so der Experte. VW wiederum will den Markt mit einem günstigen Elektro-Golf aufrollen und so für eine „Demokratisierung der Elektromobilität“ sorgen. Der E-Golf soll, abzüglich sämtlicher Boni und Förderungen, gleich viel kosten wie ein Golf mit Dieselantrieb.

Auch die deutschen Kanzlerin Angela Merkel könnte ihr Schäuflein zu einem anziehenden E-Markt beitragen. Sie beharrt die deutsche Regierung weiterhin auf ihrem Plan bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße bringen zu wollen.

Unter den deutschen Autobauern ist Daimler (ISIN DE0007100000) für zahlreiche Experten der Favorit. Die Deutsche Bank empfiehlt die Aktie zum Kauf und hat ein Kursziel von 110 Euro ausgegeben. Aktueller Stand: 78 Euro. Vor allem die jüngsten Zulassungszahlen stimmen die Analysten positiv.

BMW: Goldman Sachs und Credit Suisse raten zum Verkauf

Doch selbst Hersteller, die wie BMW (ISIN DE0005190003) bei der Elektro-Mobilität zu den führenden Herstellern zählen, bleiben manche Investmentexperten für 2016 skeptisch. So erwartet die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs, dass die Herausforderungen mit China zunehmen und das auf die Absatzenwicklung von BMW drücken wird und rät sogar zum Verkauf der Aktie. Goldman Sachs hat nun zwar das Kursziel für BMW von 77 auf 95 Euro angehoben, rät aber dennoch zum Verkauf der Aktie. Aktueller Kurs: 98 Euro.

Credit Suisse fällt für die Aktie ebenfalls ein vernichtendes Urteil. Für die Bank zählt BMW zu den "Top 3 Underperformer" 2016. Analyst Alexander Haissl von Credit Suisse: „Sich abschwächende wichtige Exportmärkte dürften 2016 die Ergebnisse von BMW unter Druck bringen, schrieb er in einer Branchenstudie. Die US-Investmentbank Morgan Stanley erwartet erst 2017 wieder nennenswerte Impulse, wenn der neue Modellzyklus in Schwung kommt. Kurszuwächse erwartet Morgan Stanley für 2016 bei BMW nicht.

Nord/LB-Experte Schwobe und die Analysten des Magazins „der Aktionär“ sehen die Entwicklung bei BMW hingegen weniger kritisch. Die Aktie hat sich nach dem VW-Skandal rascher erholt als Daimler und die Bayern seien zudem bei Elektroautos gut positioniert.

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