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Burnout Prävention: Resilienz stärken, Ausbrennen vermeiden

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Aktualisiert
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27 min
Ratlosigkeit und Überforderung, der erste Schritt in Richtung Burnout. Rechtzeitig gegensteuern wirkt.
Ratlosigkeit und Überforderung, der erste Schritt in Richtung Burnout. Rechtzeitig gegensteuern wirkt.©Elke Mayr
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Die Zahl der Burnout-Gefährdeten steigt ständig. Überforderung im Job ist dabei aber nur ein Faktor. Meistens gibt es zusätzlich private und persönliche Gründe. Wie Unternehmen die Resilienz ihrer Mitarbeiter stärken können.

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Burnout: Mode-Erscheinung oder Notfall?

Am Thema Burnout scheiden sich die Geister. Epidemie und Modediagnose, witzeln einige darüber, lebensbedrohlicher medizinischer Notfall, warnen die anderen.

Es stimmt weder das eine und - zum Glück auch in den allermeisten Fällen - auch das andere nicht. Ein Burnout bedeutet nicht immer gleich einen medizinischen Notfall. Dass ein Burnout aber keine dem Zeitgeist entsprungene Mode-Krankheit ist, die jeder einmal durchmacht und sich einfach mit Leistungsunwillen erklären lässt, ist aus medizinischer Sicht ebenfalls bewiesen und durch jahrzehntelange Forschungen zu dem Thema bestätigt.

Fest steht: das Burnout-Syndrom betrifft gerade die Leistungsfähigen und Leistungswilligen am heftigsten. Für die Arbeit zu brennen, ohne selbst auszubrennen, das ist oft eine Gratwanderung, wobei der Grat immer wieder überschritten wird und dann akute Absturzgefahr besteht. Nach einem Absturz wieder aus dem Loch herauszufinden und die alte Leistungsfähigkeit wieder zu erlangen kann ein mühseliger, oft Jahre andauernder Prozess sein.

Fest steht auch: Die Zahl der Burnout-Betroffenen ist in den letzten Jahren – nicht zuletzt befeuert durch die Corona-Pandemie – gestiegen. Mögliche Folgen: Jobverlust, Arbeitsunfähigkeit und Depressionen. Frühe Warnsignale erkennen und präventiv handeln können ein Burnout verhindern – hier sind auch die Führungskräfte in Unternehmen gefragt.

Es ist eine Sache, Führungskräfte und Mitarbeiter dabei zu unterstützen, ein Burnout zu bewältigen. Angesichts der immer weiter steigenden Arbeitsbelastung - oft eine Folge von Cost-Cutting und Synergie- und Effizienzsteigerungsprogrammen - ist es jedoch entscheidend, Strategien gegen Burnout zu entwickeln und in Unternehmen zu etablieren.

Diese Strategien können einen sonst oft mehrere Wochen oder Monate, manchmal auch permanent andauernden Ausfall von Leistungsträgern verhindern, der sonst sowohl für den Betroffenen als auch das Unternehmen schmerzlich wäre. Unter dem Motto „Viertel vor Burnout – Bevor es zu spät ist“ hat die Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS) eine Initiative gestartet, die zur Früherkennung und zu Prävention von Burnouts beitragen soll.

Die 12 Burnout-Stadien

Der Psychologe Herbert Freudenberger hat 1974 den ersten wissenschaftlichen Artikel zum Burnout-Syndrom publiziert und Zeit seines Lebens an dem Thema weiter geforscht und viele wichtige Erkenntnisse zu dem komplexen Themenfeld und besseren Verständnis von Angststörungen und Berufsstress geliefert.

1992 hat Freudenberger ein gemeinsam mit Gail North das Modell der 12 Stadien von Burnout entwickelt. Dieses 12-Stadien-Modell lässt auch erahnen, warum ein Burnout mitunter als Hirngespinst abgetan wird. Ein Burnout bekommt man nämlich nicht von einem Tag auf den anderen. Es ist auch keine Krankheit, die mit einem, Schlag ausbricht und so akut wird, dass der Betroffene seine Arbeit nicht mehr verrichten kann.

Es ist, wie das Modell zeigt, ein schleichender Prozess, der vielfach unbemerkt beginnt. Mit einem Zwang, sich beweisen zu müssen, der von Kollegen, Mitarbeitern, Freunden und der Familie vielleicht noch als unschöner Charakterzug abgetan wird. Es ist ein weiter Weg bis der kritische Bereich ist, der von einer völligen Erschöpfung geprägt ist, gepaart mit ernsten gesundheitlichen Folgen. Dabei muss sich auch jede dieser 12 Stufen eindeutig zeigen. Die einzelnen Stufen können auch ineinander übergehen, sich überlappen oder übersprungen werden.

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Die 12 Burnout-Stadien nach Freudenberger & North. Für eine vergrößerte Darstellung auf die Abbildung klicken.

© Grafik: FGÖ (fgoe.org) nach Freudenberger & North

Stufen und Symptome der 12 Burnout-Stadien

Sind Sie Burnout-gefährdet? Anhand der nachfolgend beschriebenen Symptome und der Aussagen können Sie im Selbst-Test bestimmen, ob Sie ein Burnout-Kandidat sind und herausfinden, in welcher der 12 Burnout-Phasen Sie sich befinden.

Die ersten drei Stufen können situativ immer wieder einmal auftreten. Wenn derartige Verhaltensweisen aber längere Zeit andauern oder sich systematisch wiederholen, also chronisch werden, dann kann Ihnen eine psychologische Beratung dabei helfen, andere Strategien für die Lebensführung zu entwickeln.

Bei Stufe 4 bis 8 ist eine Beratung auf jeden Fall sinnvoll, weil in dieser Phase bereits die körperlich-seelisch-geistige Gesundheit und das soziale Leben betroffen sein können. Kritisch wird es ab Stufe 9. Wenn diese erreicht ist, dann sollte eine Psychotherapie in Erwägung gezogen werden. Ab Stufe 11 ist aufgrund der akuten Gesundheitsgefährdung zusätzlich eine ärztliche Behandlung notwendig.

Überprüfen Sie, ob und bis zu welcher Stufe die Symptome und die Aussagen mit Ihrer persönlichen Situation übereinstimmen.

  • STUFE 1: Der Zwang sich zu beweisen

    Symptome: Besondere Begeisterungsfähigkeit für die Arbeit | Erhöhte Erwartungen an sich selbst | Übersehen eigener Grenzen und Zurückstellen eigener Bedürfnisse

    Selbst-Test: Ich stehe beruflich häufig unter Anspannung | Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen | Wenn ich einmal früher nach Hause gehe, fühle ich mich merkwürdig

  • STUFE 2: Verstärkter Einsatz

    Symptome: Besondere Bereitschaft zur Übernahme von neuen Aufgaben | Freiwillige Mehrarbeit und unbezahlte Überstunden, auch an freien Tagen, am Wochenende und in der Urlaubszeit | Gefühl der Unentbehrlichkeit

    Selbst-Test: Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch | Wenn Arbeit liegen bleibt, habe ich ein schlechtes Gewissen | Ich arbeite oft sehr lange bzw. mache viele Überstunden

  • STUFE 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

    Symptome: Chronische Vernachlässigung eigener Bedürfnisse | Mehrkonsum von Kaffee, Aufputschmitteln bzw. Zigaretten | Gelegentliche Schlafstörungen

    Selbst-Test: Ich habe häufig das Gefühl, mein Leben kommt zu kurz | Nach der Arbeit oder am Wochenende bin ich häufig so müde, dass ich mich zu nichts mehr aufraffen kann | In letzter Zeit muss ich sehr aufpassen, dass ich nichts vergesse oder übersehe

  • STUFE 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen

    Symptome: Fehlleistungen wie z.B.: Vergessen von Terminen, Nichterledigen von versprochenen Aufgaben, Ungenauigkeit, Energiemangel, Schwächegefühl | Aufgabe von Hobbys

    Selbst-Test: Ich erkranke häufiger als früher | Ich kann schlecht einschlafen oder liege in der Nacht häufig wach | Es fällt mir häufig schwer, nicht von der Arbeit zu sprechen

  • STUFE 5: Umdeutung von Werten

    Symptome: Abstumpfung und Aufmerksamkeitsstörungen | Meiden privater Kontakte, die als belastend empfunden werden | Probleme mit dem/r PartnerIn, mit Zeichen des Beziehungs-Burn-outs

    Selbst-Test: Meine berufliche Situation ist deutlich belastender als früher | Ich habe häufiger Konflikte mit Kollegen oder Kolleginnen als früher | Im familiären Bereich kommt es häufiger zu Unstimmigkeiten

  • STUFE 6: Verstärkte Verleugnung aufgetretener Probleme

    Symptome: Gefühl mangelnder Anerkennung, Desillusionierung | Widerstand, täglich zur Arbeit zu gehen, Arbeitszeiteinstellung, die als innere Kündigung bezeichnet werden kann | Vermehrte Fehlzeiten, verspäteter Arbeitsbeginn, vorverlegter Arbeitsschluss

    Selbst-Test: Ich halte mehr Stress aus als andere | Ich fühle mich häufig von anderen Menschen nicht verstanden | Ich habe wenig Zeit für Sport oder Hobbys

  • STUFE 7: Rückzug

    Symptome: Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit, Ohnmachtsgefühle, innere Lehre | Ersatzbefriedigung durch Essen, Alkohol, Drogen, Spielen, Sexualität | Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit, Ungenauigkeit, Desorganisation, Entscheidungsunfähigkeit | Psychosomatische Reaktionen, Gewichtsveränderungen, Herzklopfen, Bluthochdruck

    Selbst-Test: Ich treffe mich seltener mit Freunden und Bekannten | Ich kann mich gar nicht mehr richtig über etwas freuen | Um Stress abzubauen, greife ich auf Alkohol und/oder Medikamente zurück

  • STUFE 8: Deutliche Verhaltensänderung

    Symptome: Eigenbrötelei, Selbstmitleid, Einsamkeit, ärgerliche Reaktionen auf gut gemeinte Zuwendung | Verringerte Initiative - verringerte Produktivität: Dienst nach Vorschrift | Verflachung des sozialen Lebens: Gleichgültigkeit, Gefühl der Sinnlosigkeit | Verflachung des sozialen Lebens: Wenig persönliche Anteilnahme an anderen, gleichzeitig exzessive Bindung an Einzelne, Meidung beruflich-sozialer Kontakte

    Selbst-Test: Ich muss mich häufig dazu zwingen, mich für meine Freunde zu interessieren | Wenn ich zu Hause bin, möchte ich am liebsten von niemandem angesprochen werden | Um abzuschalten, schaue ich zu viel fern oder surfe im Internet

  • STUFE 9: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit

    Symptome: Entfremdung, Gefühl des Abgestorben-Seins und innere Leere | Automatenhaftes Funktionieren | Psychosomatische Reaktionen treten noch mehr in den Vordergrund

    Selbst-Test: Meine Familie oder Freunde machen sich Sorgen um mich | Ich gehe häufig über meine gesundheitlichen Grenzen | Ich funktioniere nur mehr wie eine Maschine

  • STUFE 10: Innere Leere

    Symptome: Wechsel zwischen starken schmerzhaften Emotionen mit dem Gefühl des inneren Abgestorben-Seins | Phobische Zustände, Panikattacken und Angst vor Menschen | Eigenbröteleien, Einsamkeit, negative Einstellung zum Leben | Fallweise exzessive sinnliche Befriedigung, z.B.: Kaufräusche, Fressattacken, exzessiver Sex ohne wirkliche Befriedigung

    Selbst-Test: Manchmal überkommt mich eine richtige Panik | Neue Herausforderungen im Beruf werden zunehmend zur Qual | Ich habe bereits am Wochenende ein mulmiges Gefühl, wenn ich an die Arbeit denke

  • STUFE 11: Depression und Erschöpfung

    Symptome: Negative Einstellung zum Leben, Hoffnungslosigkeit | Erschöpfung, starker Wunsch nach Dauerschlaf | Existenzielle Verzweiflung, Selbstmordgedanken und -absichten

    Selbst-Test: Manchmal überkommt mich ein Gefühl der Leere | Es gibt Tage, an denen bin ich richtiggehend verzweifelt | Ich möchte häufig nur noch im Bett liegen und schlafen

  • STUFE 12: Völlige Burnout-Erschöpfung

    Symptome: Lebensgefährliche geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung | Angegriffenes Immunsystem, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen | Suizidalität, Selbstmordgefahr

    Selbst-Test: Ich kann mich häufig in der Früh gar nicht überwinden aufzustehen | Ich will so nicht weitermachen | Ich kann nicht mehr

Freiraum schaffen: 7 Tipps zur Burnout-Vermeidung

Der beste Weg, um ein Burnout zu vermeiden ist, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Den Alltagstrott zu beenden und be- und überlastende Prozesse zu eliminieren oder das eigene Verhalten so anzupassen, damit es erst gar nicht zu einer Überforderung kommt. Wichtig ist dabei: Bereits in den frühen Phasen, bevor Symptome auftreten, können erste Maßnahmen getroffen werden, um ein Burnout zu vermeiden.

Die Beschäftigung mit Burnout setzt damit auch eine Beschäftigung mit Arbeit und der Arbeitsqualität voraus: Wie kann man Arbeitsqualität steigern? Wie können wir Bedingungen schaffen, die der Arbeit ihre eigentliche Rolle als gesundheitserhaltender Faktor wieder zukommen lässt?

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Buchtipp: Wolfgang Lalouschek - Der Tag, an dem ich alles hinschmeiße: Wege aus der Krise und wie man sie findet

© Ecowin Verlag 2019

"Diese Fragen lassen sich nur durch nachhaltige Ansätze lösen, denn Arbeit und die Möglichkeit, etwas zu gestalten und innerhalb der Gesellschaft etwas Sinnvolles zu bewirken, sind wesentliche Voraussetzungen dafür, gesund zu bleiben", betont der Neurologe Wolfgang Lalouschek, Universitätsprofessor und Leiter des Interdisziplinären Gesundheitszentrums für Stressbewältigung und Burnout "TheTree", der langjährige Erfahrung in der Betreuung von Burnout-Patienten hat. Und weiter: "Es wäre wünschenswert, wenn wir einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsqualität und zur Bekämpfung von Stresserkrankungen, etwa durch das Anbieten von Standards bei der Definition, leisten können."

Die folgenden sieben einfachen Job-bezogenen Maßnahmen können helfen, Druck abladen und wieder befreiter und effizienter zu leben und zu arbeiten. Burnout-Hygiene beginnt bei einem selbst.

  1. Der Raum und die Zeit zwischen Reiz und Reaktion ist frei. Wie man auf Anrufe, Instant-Messages, E-Mails, Kritik, aber auch auf Arbeitsaufträge reagiert, kann man ändern.

  2. Ersetzen Sie die inneren Antreiber (Sätze wie: "Sei perfekt!","Streng dich an!","Beherrsch dich!","Nimm dich nicht so wichtig!" oder auch "Ich muss!") durch Erlauber ("Du hast dein Bestes gegeben. Das reicht","Du darfst dir die nötige Zeit nehmen").

  3. Selbstführung statt Zeitmanagement: Machen Sie wichtige Dinge, statt Unwichtiges effizient zu erledigen. Und vergessen Sie Multitasking. Arbeiten Sie besser strukturiert eine Aufgabe nach der anderen ab. Nicht jedes Mail muss beantwortet, nicht jedes Meeting besucht werden.

  4. Jeder hat die Wahl, mit Menschen zu arbeiten, die er sympathisch findet. Und sind einmal Antreiber eliminiert, werden Pausen, Sabbaticals, Downshifting (Arbeitszeit verringern) und Downsizing (Gesundschrumpfen für Unternehmer) möglich.

  5. Wert auf Anerkennung von anderen zu legen, macht unfrei. Loben Sie sich lieber selbst und nach eigenen Maßstäben. Und belohnen Sie sich auch selbst dafür, indem Sie sich etwas gönnen. Zeit ist dabei der wesentliche Faktor.

  6. Etablieren Sie eine Fehlerkultur. Fehler sind erlaubt, Fehler schönreden, auch beschönigende Sprachregelungen, hingegen auf keinen Fall. Ebenso wenig persönliche oder gar beleidigende Kritik wegen eines Fehlers.

  7. Pausen sind essenziell, regelmäßiges Essen, und sei es eine Banane am Schreibtisch, genügend Wasser trinken sowie Powernapping halten die Leistungsfähigkeit hoch und Erschöpfung hintan.

Das Burnout-Dimensionen-Inventar (BODI)

Es gilt also, Stress besser zu verarbeiten und Frust zu vermeiden. Ein Knackpunkt dabei ist, dass es nicht nur den Leidensdruck gibt, etwas verändern zu müssen, sondern auch die Freiheit benötigt wird, auch etwas verändern zu können. Ansonsten schlägt sich die Schieflage auf Dauer auf die Leistungsfähigkeit nieder - und das ist auf der vierteiligen Skala des Burnout-Dimension-Inventars (BODI) schon der erste Schritt in Richtung Burnout.

Das BODI ist ein gegenüber dem 12-Stufen-Modell vereinfachtes, mehrdimensionales Screeninginstrument mit dem rasch der Schwergrad des Burnout-Syndroms erfasst werden kann.

Die BODI-Skala

  • 1. Reduzierte Belastbarkeit, Widerstand und Überforderung. Betroffenen fällt es zunehmend schwerer, ihr Arbeitspensum zu bewältigen. Sie reagieren mit der Bündelung der eigenen Ressourcen auf den Arbeitsprozess und vernachlässigen gleichzeitig außerberufliche Tätigkeiten. Zudem steigt der Widerwillen gegenüber der beruflichen Tätigkeit.

  • 2. Mangelnde Distanzierungsfähigkeit, Auflösung der Grenze zwischen Arbeit, Freizeit und Familie. Betroffene nehmen berufliche Agenden zunehmend mit nach Hause. Sie haben Probleme abzuschalten und kommunizieren in der Freizeit regelmäßig mit Kollegen und Kolleginnen oder Vorgesetzten wegen beruflicher Angelegenheiten.

  • 3. Depression. Betroffene entwickeln Anzeichen einer depressiven Verstimmung mit Symptomen der Niedergeschlagenheit, Energie- und Schlaflosigkeit („Losigkeitssyndrom“) sowie sozialem Rückzug.

  • 4. Dysfunktionale Kompensation. Betroffene versuchen, durch noch mehr Engagement dem drohenden „Scheitern“ entgegenzuwirken bzw. sich zum Beispiel mit Alkohol zu entspannen.

Multiple Stressfaktoren als Burnout-Ursache

Eine überbordende berufliche Last aber im seltensten Fall die einzige Ursache, um ein Burnout auszulösen. In fast allen Fällen hat die Überforderung nicht nur berufliche Gründe. Wirklich kritisch wird es in der Regel erst, wenn im persönlichen und privaten Umfeld zusätzliche Probleme und Stressfaktoren auftreten. Eine Trennung von einem Partner, ein Pflegefall in der Familie oder eine schwere Krankheit, die den gewohnten Alltag auf den Kopf stellen.

Hinzu kommt, dass das familiäre Unterstützungssystem und der gewachsene Freundeskreis, auf den man sich im Ernstfall verlassen kann oft nicht mehr so existiert wie das früher einmal der Fall war. Dass Eltern, Verwandte oder gute Freunde weit entfernt wohnen ist oft der Normalfall, die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie schon fast eine Ausnahme.

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Sabine Prohaska: "Berufstätige stehen unter einer großen psychischen Anspannung."

© beigestellt

Ein Burnout ist auch keine Frage des Alters. Junge, karrierebewusste Aufsteiger wollen mitunter einfach zu viel. Nebst beruflichem Erfolg auch eine funktionierende Beziehung mit einem ebenso erfolgreichen Partner. Kinder wären auch nicht schlecht, die sollen in einen möglichst agilen Lifestyle integriert werden, der den Status und das Erreichte demonstriert. Überforderung im Beruf resultiert nicht selten aus einer Überförderung in Jugendtagen.

Wegen der fehlenden Unterstützungssysteme werden oft schon Kleinigkeiten zu einem Problem. "Auch das erhöht den Druck unter dem Berufstätige stehen", erklärt Sabine Prohaska, Chefin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska. Ein Paket, das abgeholt werden muss, ein Handwerkerbesuch oder ein früherer Schulschluss der Kinder bringen Stress in durchgetaktete Arbeitstage. Prohaska: "Die veränderte Arbeitswelt ist nur einer von vielen Faktoren, die dazu führen, dass heute mehr Berufstätige als früher unter einer großen psychischen Anspannung stehen."

Betriebliche Burnout-Präventionsprogramme

Der betriebliche Faktor ist dennoch ein sehr kritischer. Und für immer mehr Unternehmen gehört es zu den Employer Responsibility Maßnahmen, den Mitarbeitern ein breites Spektrum an Unterstützungsmaßnahmen anzubieten, damit sie ihr Leben in Balance halten können. "Work-Life-Balance-Konzepte, die sich rein auf die Arbeitswelt richten greifen dabei zu kurz", weiß Prohaska. Ihr Ausgangspunkt müsste sein: Wie leben die Mitarbeiter heute und mit welchen Anforderungen sind sie aufgrund ihrer Lebenssituation konfrontiert?"

Work-Life-Balance-Konzepte, die sich rein auf die Arbeitswelt richten, greifen zu kurz.

Sabine ProhaskaChefin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska

Viele Unternehmen machen sich daher auch gezielt Gedanken darüber, wie sie ihre Mitarbeiter entlasten können – zum Beispiel, wenn ein Elternteil zum Pflegefall wird oder wenn Mitarbeiter Eltern werden. Betriebliche Kinderbetreuungsangebote sind dabei ein Punkt. Zudem findet man in ihren Weiterbildungsprogrammen neben Stressmanagement-Seminaren zunehmend auch Angebote, die darauf abzielen, die Widerstandskraft der Mitarbeiter zu stärken. Prohaska: "Auch solche Angebote werden in unserer von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten modernen Welt zunehmend wichtig. Denn sonst schlägt das „Gefordert-sein“ der Mitarbeiter nicht selten in ein „Überfordert-sein“ um."

Die Relevanz dieser Programme steigt mit der Qualifizierung der Mitarbeiter, sind doch hochqualifizierte Mitarbeiter ein großes Asset für Unternehmen und am Arbeitsmarkt schwer zu finden.

Individuelle Burnout Prävention

Die beste Burnout-Prävention sollte aber bei jedem selbst beginnen. Eine gesunde Lebenseinstellung ist dafür absolut entscheidend. Ein soziales Umfeld, das einem zuhört und an das man sich auch wenden und - salopp formuliert - das Herz ausschütten kann. Entscheidend ist dabei, dass man die Kontakte auch selbst pflegt. Ein weiteres hervorragendes Cool-Down-Mittel sind Hobbies, die einem Freue bereiten. Ob es fotografieren, gärtnern, kochen oder wandern ist: Wichtig ist, dass man in der Zeit abschaltet und innere Ruhe findet.

Sport, besonders Ausdauersport ist ebenfalls ein exzellentes Mittel, um Stress abzubauen und die Stressresistenz zu steigern. Dazu gehört eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung und ganz entscheidend ausreichend Schlaf. Die Schlafphase ist die wichtigste Regenerationsphase und wer zu wenig Schlaf bekommt, beraubt sich selbst um diese Energiequelle.

Ist man bereits "überdreht" und findet keinen Schlaf, dann sind spezielle Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen anzuraten. Viele davon können ganz einfach an jedem Ort ohne zusätzliche Ausrüstung durchgeführt werden und sind in wenigen Minuten durchgeführt. Die Supervisions- und Coaching-Vereinigung ÖVS hat etwa einige ganz einfache Übungen zusammengefasst, die auch am Schreibtisch absolviert werden können. Dazu gehört die 4-7-8 Atemtechnik: 4 Sekunden durch die Nase einatmen. Danach eine bewusste Pause machen. Dann 8 Sekunden lang durch den Mund ausatmen. Die Atemübung sollte viermal wiederholt werden. Das Dokument mit weiteren Entspannungsübungen finden Sie hier zum Download.

Betriebliche Gesundheitsförderung

Auch der Fonds Gesundes Österreich erläutert im Burnout-Leitfaden zur betrieblichen Gesundheitsförderung, dass ein Burnout-Risiko aus einem Mix von mehreren Faktoren entsteht und nennt hohe Belastung, ineffiziente Stressverarbeitung und mangelnde Erholung. "Belastungen können in der Person liegen, im privaten/familiären Bereich, im Betrieb, aber auch im sozialen/gesellschaftlichen Bereich. Der Umgang mit Belastungen und Stress kann ebenso wie die Erholung durch verschiedene Faktoren erschwert werden, die wiederum Belastungen darstellen", heißt es in dem Leitfaden.

Unternehmen haben jedoch eine zentrale Position in der Burnout-Prävention und können oft mit einfachen Maßnahmen dem Risiko entgegensteuern. Dazu gehört, an Mitarbeiter passende Anforderungen zu stellen, die sie weder unter- noch überfordern und die positive Herausforderungen mit Erfolgserlebnissen ermöglichen. Führungskräfte sollen Unterstützung beim Umgang mit betrieblichen Anforderungen bekommen. Die Erholung spielt eine gewichtige Rolle - Pausen, Freizeit und Urlaub und natürlich auch eine Atmosphäre der Wertschätzung und Anerkennung sowie eine Wertehaltung, die Gesundheit als Grundwert und Mitarbeiter als Kostbarkeiten betrachtet.

Den Leitfaden Betriebliche Gesundheitsförderung des Fonds Gesundes Österreich finden Sie hier als PDF-Dokument zum Download

9 Maßnahmen zur Burnout-Prophylaxe

Einfache Maßnahmen zur Burnout-Prophylaxe in Unternehmen und Stärkung der Resilienz der Mitarbeiter.

  • Arbeitsplatz. Verringerung von Lärm, Verbesserung der Beleuchtung

  • Gesundheit. Ausbau gesundheitsbezogener Maßnahmen und Projekte

  • Arbeitszeit. Flexible Arbeitszeiten und angemessener Ausgleich an Regenerationsphasen

  • Privatsphäre. Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre am Arbeitsplatz.

  • Supervision. Angebote zur Supervision und Team-Betreuung. Hier können Sie sich nach Ihren Anforderungen eine Auswahl ÖVS-anerkannter Supervisoren und Coaches zusammenstellen.

  • Modellpersonen. Förderung von "Zeit zum Abschalten", Implementierung von Modellpersonen zu diesem Thema (v.a. Führungskräfte)

  • Mitarbeiterzufriedenheit. Erheben der Zufriedenheit, auch mit der Entlohnung

  • Führungskräfte-Schulungen. Schulung von Führungskräften und Personalverantwortlichen für einen wertschätzenden Führungsstil.

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