Unsere Karriere heißt Treue

„Verwaltungsreform“ nennt es die Regierung, „Postenschacher“ die Opposition: In den Ministerien werden vor der Wahl noch massenweise blau-schwarze Parteigänger mit guten Jobs versorgt.

Neue Abteilungen“ und „Kandidaten“. Christine Lackner, Pressesprecherin von Infrastrukturminister Mathias Reichhold (FPÖ), braucht nur zwei Stichwörter, dann weiß sie, was Journalisten sie um neun Uhr morgens am Mobiltelefon im Auto fragen wollen: „Es geht um Postenschacher, stimmt’s?“ Und meistens stimmt’s. Derzeit zumindest.

Die prophetisch anmutenden Fähigkeiten der blauen Pressedame basieren freilich weniger auf übersinnlichen Kompetenzen denn auf schlechtem Gewissen: Sowohl im Ressort ihres Chefs als auch im Gesundheitsministerium von Parteikollege Herbert Haupt sind kurz nach dem Bruch der blau-schwarzen Regierung – Zufall oder nicht – neue Geschäftsordnungen in Kraft getreten.

Offiziell, um eines der deklarierten Prestigeprojekte und Wahlkampfthemen der Regierung, die Verwaltungsreform (siehe Kasten), voranzutreiben. Inoffiziell, so mutmaßt die Opposition, weil die schwarz-blaue Regierung vor einen allfälligen Regierungswechsel verdiente Parteigänger in gutbezahlte Positionen hieven will.

Versorgung von Mitarbeitern
„Diese neuen Dienstposten wurden offensichtlich geschaffen, um verdiente Kabinettsmitarbeiter und Parteigänger nach dem Regierungsbruch noch schnell in sicheren Ministeriumsjobs unterzubringen“, ätzt SPÖ-Klubchef Josef Cap. Und der Grünen-Klubchef Karl Öllinger unkt:

„In den Ministerien herrscht jetzt Torschlußpanik.“ Allein im Ressort von Mathias Reichhold sind „reformbedingt“ derzeit zehn Leiterfunktionen unbesetzt. Der zuständige Generalsekretär, Friedrich Rödler, bestätigt die Vakanz der hochdotierten Jobs – weist aber jeden Zusammenhang mit Postenschacher zurück: „Die neue Organisation des Ministeriums wurde 2001 begonnen und wird jetzt wirksam. Mit den Neuwahlen hat das selbstverständlich nichts zu tun, das ist Zufall.“

Gegen die These der Zufälligkeiten sprechen freilich nicht nur die bereits erfolgten Karrieresprünge bekannter Parteigänger wie Matthias Winkler, Christine Weber oder Gilbert Trattner. Auch im Ressort von Minister Herbert Haupt scheint seit geraumer Zeit ein kontinuierliches Einsickern blauer Parteikollegen stattzufinden: So wurden die Wiener FPÖ-Bezirkspolitikerinnen Margarethe Pachernig und Katharina Pawkowicz ebenso in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Haupt-Ministeriums untergebracht wie ihre freiheitlichen Kolleginnen Eva Engl-Eckhardt und Renate Tomala, die im Vorzimmer von Sektionschef Helmut Günther, selbst ehemaliger freiheitlicher Gemeinderat in Wien, sitzen. Und sogar die einstige Sekretärin von FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler, Sabine Vogl, kümmert sich nunmehr um die Sekretariatsangelegenheiten von Minister Haupt. „Bei all diesen Dienstverhältnissen“, versucht Gerald Grosz, Sprecher von Herbert Haupt zu relativieren, „handelt es sich um Vertragsbedienstete, deren Verträge mit der Legislaturperiode enden.“

Autoren: Ch. Böhmer, I. Widek

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