Interview: "Österreicher sind neidig"
Siegfried Wolf, Chef der Magna International Europe AG, über den Kunden DaimlerChrysler, politische Versäumnisse und Neidkomplexe seiner Landsleute.
Format:
Herr Wolf, Magna könnte 2006 die Fertigung des Chrysler Voyager und 2009 die des Jeep Grand Cherokee verlieren. Ein Rückschlag nach Jahren des Erfolges?
Wolf:
Die Diskussion darüber demonstriert nur eines: dass der Misserfolg des anderen die größte Freude der Österreicher ist. Es heißt wohl nicht zufällig, dass Neid der zweitgrößte Energiespender nach der Sonne ist.
Format:
Ist denn von einem Misserfolg zu sprechen?
Wolf:
Nicht im Geringsten. Unser Kunde Chrysler hält alle getroffenen Vereinbarungen ein. Wir haben keinen einzigen bestehenden Auftrag verloren.
Format:
Nach Ablauf der aktuellen Verträge will Chrysler-Chef Dieter Zetsche die genannten Modelle aber wieder in Nordamerika fertigen lassen.
Wolf:
Uns ist klar, dass wir auf einem globalen Markt agieren. Die Österreicher machen ja am liebsten ihr Leben lang nur einen Job, und bei Unternehmen stellen sie sich offenbar auch so eine Art Pragmatisierung vor. In Wahrheit ist es in der Wirtschaft so wie beim Löwen und der Gazelle. Wenn die beiden morgens aufwachen, denkt der eine nach, wie er den anderen erlegen kann, und der andere überlegt, wie er sich retten kann. Auch wir müssen jeden Tag kämpfen. Wir werden einzelne Aufträge verlieren und andere dazugewinnen. Wir haben Kapazität für 250.000 Autos im Jahr. Es gilt also, auch in Zukunft auf diese Stückzahlen zu kommen.
Format:
Neben dem Voyager und dem Jeep wackelt auch der Auftrag für den Mercedes G. Der Vertrag endet 2006, nach 25 Jahren.
Wolf:
In der Natur derartiger Fertigungsverträge liegt es, dass sie für einen Modell-zyklus abgeschlossen werden. Beim Mercedes G dauert dieser Zyklus schon extrem lang, nämlich seit 1979. Jetzt läuft eben auch dieses Modell aus. Mir tut das persönlich leid. Schon weil ich selbst Mercedes-G-Besitzer bin. Aber unser Geschäft ist nun einmal so.
Format:
DaimlerChrysler ist wegen der schlechten Autokonjunktur unter Druck. Hat sich Magna zu sehr an einen Kunden gebunden?
Wolf:
Wir haben bei den Autoverkäufen weltweit ein historisches Hoch, bloß sinken wegen der Preisschlacht und der Incentive-Program-me die Margen. Das ist das Problem der Autokonzerne. Magna ist mit 21 Milliarden US-Dollar Umsatz 2004, übrigens um gleich sechs Milliarden mehr als im Jahr davor, der erfolgreichste Autozulieferer der Welt. Und wir sind gut aufgestellt. An der Fertigung in Österreich haben DaimlerChrysler-Modelle zwar vierzig Prozent Anteil, aber global gesehen machen wir mit keinem unserer Kunden mehr als dreißig Prozent des Umsatzes.
Format:
Trotzdem würde es eng, sollte DaimlerChrysler weiter abstürzen.
Wolf:
Es ist klar, dass wir nur so gut wie die Kunden sein können, für die wir fertigen dürfen.
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