"Ich bemerke latenten Neid"

Der neue Jedermann über sein Leben als VIP, Peymanns gekränkte Eitelkeit und die Kotaus vor den Sponsoren.

Während der Festspielzeit wohne ich am Mönchsberg bei mir sehr angenehmen Menschen – im selben Haus übrigens, wo auch Peter Handke in seinen Salzburger Jahren lebte. Es ist ruhig hier oben, es ist grün, und man kann sich dem Trubel der Stadt ganz mühelos durch 65 Stufen entziehen. Unten in der Stadt macht man im allgemeinen einen Bogen um die touristischen Massierungen in der Getreidegasse. So kann ich mich nicht beklagen: Wenn ich herunterkomme, rufen Passanten: „Da ist der neue Jedermann …“

Über die Rolle als Jedermann, Neid und Bewunderung.
Das Publikum bringt mir erfreulicherweise viel Bewunderung entgegen: Die Salzburger Fiaker rufen vom Kutschbock herunter, und in den Gassen werde ich alle paar Meter freundlich angesprochen.
Aber klar, unter den Kollegen hat der Jedermann viele Neider. Ich bemerke jedenfalls, wie üblich in der Branche, ein latentes Potential an Mißgunst. So könnte ich bereits jetzt einige nennen, die meine Nachfolger werden wollen – tue es aber nicht. Als aufmerksamer Mensch höre ich schon das Scharren in den Startlöchern. Aber ich habe einen Vertrag für drei Jahre, und so lange muß sich der nächste Jedermann schon noch gedulden.

Über die Relevanz von „Jedermann“ und Peter Turrinis Kritik.
Bekanntlich läßt ein Autor am anderen kein gutes Haar. Das erinnert mich im übrigen an die Theaterregisseure, die einander eifernd die Butter am Brot mißgönnen. Bei uns Schauspielern verhält es sich – notgedrungen – etwas anders: Wenn wir derart stuten- oder „hengstbissig“ wären wie die Theaterautoren oder Regisseure, könnten wir nicht mehr zusammen auf die Bühne gehen, und jedes Ensemblespiel wäre damit hinfällig.

Natürlich kann man ideologisch gegen den „Jedermann“ Position beziehen. Und daß Peter Turrini mit diesem Stück ideologisch nichts anfangen kann, erscheint mir von seiner Warte aus ganz selbstverständlich. Dennoch sollte man nicht in Abrede stellen, daß Hofmannsthal ein großartiger Dichter war. Was Turrini im übrigen ja auch nicht getan hat.

Trotzdem denke ich mir: Könnte Turrini vielleicht nur ein bißchen neidisch auf Hugo von Hofmannsthals Erfolg sein …?

Die ganze Story finden Sie im FORMAT Nr. 33

Außerdem im FORMAT:

  • Simonischek über Peymann