Globales Klima-Chaos - immer extremeres Wetter
DAS REKORDTIEF: Wie das gigantische Tiefdruckgebiet Ilse entstand und über Österreich hängenblieb. DIE URSACHEN: Warum Forscher glauben, daß die Jahrhundertflut mit dem Klimawandel zu tun hat. DIE ZUKUNFT: Wie der Treibhauseffekt das Klima Europas in den nächsten hundert Jahren verändern könnte.
Die erste Flutwelle kam am Mittwoch vergangener Woche: Im Wald- und Mostviertel standen Straßen unter Wasser, Bäche traten über die Ufer. Der Kamp schwappte zum erstenmal über die Dammkrone der Kraftwerksstaumauer bei Ottenstein.
Als am Tag danach Hochwasseropfer hoffnungsvoll begannen, die entstandenen Schäden zu beseitigen, ahnten sie nicht, daß sich über dem Nordatlantik bereits ein zweites, viel gefährlicheres Unwetter zusammenbraute. Ein gigantisches Tiefdruckgebiet, von deutschen Wetterdiensten auf den Namen Ilse getauft, steuerte bereits auf Europa zu.
Am Samstag, den 10. August, erreichte der Zyklon – ein Wolkenwirbel – die Küste von Großbritannien. Was dann passierte, war für den Klimatologen Ernest Rudel von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) an der Wiener Hohen Warte „eher ungewöhnlich, vor allem in dieser Jahreszeit“: Ilse steuerte geradewegs nach Süden, überquerte Frankreich und erreichte schließlich den Golf von Genua. In seinem Windschatten saugte das Tief kalte Luft aus dem Norden in Richtung Spanien und über die Balearen. Die Folgen waren Hagel und vereiste Fahrbahnen in Barcelona; auf Mallorca mußte wegen der ungewöhnlich tiefen Temperaturen sogar die berüchtigte Strandbar Ballermann geschlossen werden.
Regenautobahn 5b
Spätestens jetzt schwante den Meteorologen, daß Ilse auch Österreich nicht verschonen würde. Denn vom Mittelmehr führt eine Art meteorologischer Autobahn Richtung Norden. 5b nennen Experten diese Route, die vor allem im Winter von feuchten Tiefdruckgebieten frequentiert wird. Ilse hielt sich jedoch nicht an den Saisonfahrplan. Über dem Golf von Genua saugte der Zyklon Unmengen von Feuchtigkeit auf und bog dann nach Norden ab.
Über Ostösterreich kam es zur folgenschweren Kollision. Die heiße Strömung Ilse traf mit kühler Luft aus dem Norden zusammen. Damit war auch die letzte Voraussetzung für eine Jahrhundertflut erfüllt: Ilse wurde gegen die Alpen und in höhere Luftschichten gedrückt. Die Feuchtigkeit aus der Adria kondensierte; es regnete in Strömen – und unaufhörlich. In Summe, so hat ZAMG-Meteorologe Rudel errechnet, fiel innerhalb weniger Tage so viel Wasser vom Himmel wie bei normalen Wetterverhältnissen in zwei Monaten.
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