Erbschaftszwist im Hause Schwarzenberg

Im Hause Schwarzenberg eskaliert ein wilder Erbstreit rund um das sagenhafte Vermögen der Familie in Tschechien. Elisabeth Pezold, Adoptivschwester von „Fürst Kary“, will den Clanchef per Gerichtsentscheid enterben lassen.

Draußen nieselt es, die Kälte kriecht einem in die Knochen, der Nebel hängt tief über den Karpfenteichen der südböhmischen 500-Seelen-Gemeinde Mystice. Karl Schwarzenberg springt trotzdem voller Elan aus seinem Skoda Octavia, eilt schnellen Schrittes ins Dorfwirtshaus. Dort will er für sich werben: Schwarzenberg stellt sich an diesem Wochenende im südböhmischen Wahlkreis Strakonice als Abgeordneter fürs Prager Parlament einer Direktwahl.

Stier ins Bier
Doch gleich die erste von seinen insgesamt zehn Wahlkampf-stationen dieses Tages entpuppt sich als Mißerfolg. Die zwei schon recht starr ins Bierglas stierenden Gäste interessieren sich für das 64jährige Oberhaupt der Familie Schwarzenberg genau gar nicht. Rund 500 Kilometer südöstlich dagegen, auf Schloß Gusterheim bei Judenburg, steht Schwarzenberg seit geraumer Zeit im Zentrum jeglicher Aktivitäten. Seine Adoptivschwester Elisabeth Pezold und ihr Mann Rüdiger unternehmen alles, um einen immer heftiger tobenden Familienzwist für sich zu entscheiden. Jüngste Eskalation: Per Inserat in der „Murtaler Zeitung“ warnen die Pezolds davor, Geschäfte mit Schwarzenberg zu tätigen.

Diese selbst für zerstrittene Ex-Adelshäuser unkonventionelle Vorgangsweise sowie ein beim Landesgericht Leoben anhängiger Gerichtsstreit spült nun eine Auseinandersetzung in die Öffentlichkeit, die schon seit einigen Jahren schwelt. Kern der komplizierten Faktenlage: Elisabeth Pezold, 55jährige Tochter des 1965 verstorbenen Heinrich Schwarzenberg-Frauenberg, will Karl Schwarzenberg per Gerichtsbeschluß enterben lassen.

Karys Adoption
Hintergrund ihres unfreundlichen Begehrens: Während Karl Schwarzenberg aus der „ärmeren“ böhmischen Orlik-Linie des Adelsgeschlechts stammt, ist sie selbst letzte direkte Nachfahrin der „reichen“ deutschen Hauptlinie der Schwarzenbergs, der bis zur Enteignung 1940 halb Böhmen gehörte.

Karl „Kary“ Schwarzenberg wurde 1960 von Heinrich Schwarzenberg-Frauenberg adoptiert und so Familienoberhaupt und Erbe von drei Viertel des Gesamtvermögens. Das wird heute auf an die 300 Millionen Euro geschätzt. Elisabeth Pezold, die bloß ein Viertel, darunter Schloß Gusterheim und 5.000 Hektar steirischen Wald, geerbt hat: „Mein Vater hat die Adoption mit meinem Einverständnis durchgeführt, damit der Schwarzenbergsche Besitz im wesentlichen beim Namensträger bleibt.“
Genau um diesen „Urbesitz“ geht es jetzt. Karl Schwarzenberg hat im Rahmen der nach der „samtenen Revolution“ 1989 ermöglichten Restitution einen Teil der Besitzungen seiner Linie zurückbekommen; allein 9.600 Hektar Wald in Südböhmen. 1991 bekam er auch Schloß Orlik zurück, wo er 1937 geboren und von wo er 1948 von den Kommunisten vertrieben wurde.

Deutsche, bitte warten
Pezolds dagegen warten bis heute. Das Vermögen, das sie zurückhaben möchten: Latifundien in der Größenordnung von rund 55.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und Wald, aufgeteilt auf mehr als 80.000 Einzelparzellen in 23 böhmischen Bezirken; dazu Brauereien, Industriebeteiligungen und zahlreiche Schlösser wie das Palais Schwarzenberg auf dem Prager Hradschin, Schloß Krumlov (Krumau), Trebon (Wittingau) oder Hluboka (Frauenberg).

Autoren: Renate Graber, Hannes Reichmann

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