Chefs im Clinch

Immer mehr Anwälte, Ärzte, Manager und Kreative reagieren sich beim Boxen ab. Und gehen dabei an ihre physischen Grenzen.

Seit drei Jahren hat Rechtsanwalt Rudolf Mayer eine neue Leidenschaft: Nach schwierigen Gerichtsverhandlungen – und vor der knöchernen Papierarbeit in seiner Wiener Kanzlei – fährt er zweimal wöchentlich in einen Boxklub, gleitet ins Dress und schenkt dem Sandsack ordentlich ein. Wenn er sich warmgepuncht hat, steigt er in den Ring – zum Sparring mit dem Trainer. „Dabei kommt es“, so der Linksausleger, „auf präzise Angriffstechnik an.“ Was das Verteidigen betrifft, macht man einem Rechtsanwalt vermutlich ohnehin so schnell nichts vor.

Doch warum prügelt Mayer, 56, sich in seiner kargen Freizeit, während andere zum sportlichen Ausgleich friedlich strunzen oder dungln? „Einerseits“, hebt der bekannte Strafverteidiger in fast schon aussichtslosen Fällen zum Plädoyer für seinen Sport an, „ist das Boxen eine Kampfsportart für Gentlemen – von seinem zwielichtigen Image weit entfernt.

Es fördert Einsatzfreude, Kraft und Ausdauer. Man lernt gelassenes Einstecken und punktgenaues Austeilen.“ Kurze Atempause, Schritt zurück und dann der argumentative Knockout: „Außerdem möchte ich mich im Alter gut verteidigen können – zum Beispiel gegen böse Lainzer Pflegeschwestern.“

Die boxenden Bosse und ihre Sparringpartner. Mayer ist nicht der Einzige, den man beizeiten im Boxring antrifft, obwohl man ihn dort aufgrund seiner gesellschaftlichen und beruflichen Position nicht unbedingt vermuten würde. Neben dem Rechtsanwalt üben sich neuerdings immer mehr Firmenchefs, Models, Primarärzte und Kreative wie Art Directors oder Drehbuchautoren im klassischen Boxen oder in einer verwandten Sportart wie Thai- oder Kickboxen.

Astrid Gilhofer etwa, ehemaliges Vorstandsmitglied des Palmers-Konzerns, schlüpft Woche für Woche in ihre speziellen Kickboxschuhe von Adidas und versetzt unter professioneller Anleitung dem Sandsack saubere Highkicks in Serie. Dabei geht die Managerin – ganz so, wie es ihr gefällt – an ihre physischen Grenzen. Gilhofer: „In einer Aerobicstunde verausgabe ich mich einfach nicht wirklich – anders beim Kickboxen.“

Davon kann auch Peter Duxler, Österreich-Boss des Rasierklingenherstellers Wilkinson, ein mehrstrophiges Lied singen. Der 41-Jährige übt sich seit Jahrzehnten in asiatischen Kampftechniken wie Taekwondo. Ende der achtziger Jahre sattelte er auf das faustkampfbetontere Kickboxen um und schwört seither auf die Power, die man daraus für den Job derivieren kann: „Man wird weitaus selbstsicherer und im Beruf fokussierter“, so Duxler.

Das findet auch Christian Beer, Besitzer des Fitnessklubs Beer’s in der Wiener Innenstadt und selbst leidenschaftlicher Kickboxer. Er ortet in der toughen Körperertüchtigung die „ideale Voraussetzung für die immer brutalere Hire-and-fire-Gesellschaft.“

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