EZB-Zinssenkung: So reagieren die Austro-Banken
Die EZB-Zinssenkung stellt Sparer wie Kreditnehmer vor wichtige Fragen: Planen die Banken für Spareinlagen Negativzinsen, werden Kredite noch billiger, kommt man jetzt leichter an Kredite? trend.at hat bei den Banken nachgefragt.
Gestern war ein historischer Tag. Die EZB hat die Zinsen auf null Prozent gesenkt. Doch die europäische Zentralbank hat noch tiefer in die Trickkiste gegriffen: Der Strafzins für Geschäftsbanken, die überschüssiges Geld bei der Notenbank parken, wurde verschärft. Und die Anleihenkäufe wurden von monatlich 60 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro angehoben.
Auswirkungen wie noch nie oder alles beim Alten?
Doch die Ansichten über die Auswirkungen der EZB Zinssenkung könnten konträrer nicht sein. Investmentexperten wie etwa jene von Aberdeen Asset Management erwarten, dass die neuen Maßnahmen der EZB „wohl die bisher größte Auswirkung haben wird, weil es tatsächlich die Banken dazu veranlassen dürfte, die günstigere Refinanzierung, die sie von der Zentralbank erhalten, weiter zu geben.“
Das sieht man bei den heimischen Banken vielfach anders: „Wir ändern an unseren Zinssätzen und an der Kreditvergabe nichts. Wir sind ohnehin schon am unteren Ende der Zinssätze angelangt“, erklärt Michaela Stefan, Raiffeisen-Sprecherin. Bei Raiffeisen, wie bei anderen Banken, ist die Zinsentwicklung vielfach an den 3-Monatszinssatz der Eurozone, dem Euribor, gekoppelt. Veränderungen dieses Zinssatzes werden an bestimmten Stichtagen gemessen und gegebenenfalls entsprechend angepasst..
Selbst wenn die EZB die Zinsen noch zehn Mal senkt, ändert sich nichts
Zinsänderung zu marginal
Ähnlich sieht das Oberbank-Vorstand Josef Weißl: "Für Veränderungen war die Zinssenkung in Höhe von fünf Basispunkten, zu minimal. Der Zinsschritt ist für Kreditnehmer nicht relevant." Selbst weitere Zinssenkungen würden sich für Kreditnehmer nicht mehr auswirken. "Die österreichischen Banken refinanzieren ihre Kredite durch die Einlagen der Sparkunden." Geld von der EZB sei da ohnehin nicht nötig. Und nach unten seien die Refinanzierungsmöglichkeiten ohnehin gedeckelt. "Selbst wenn die EZB die Zinsen noch zehn Mal senkt, ändert sich für die Kreditnehmer nichts", erklärt Weißl.
Auch die verschärften Strafzinsen der EZB würden sich nicht nennenswert auswirken: "Das ist nichts was uns beschäftigt. Wir verfügen über ein gutes Liquiditätsmanagement und achten darauf, dass wir für unser Geld bei der EZB nicht auch noch Strafe zahlen müssen."
Dass sich an den Kreditzinsen für die Endkunden nicht doch noch etwas ändert, ist aber nicht auszuschließen. Aber nicht aufgrund eines Automatismus oder einer Notwendigkeit aufgrund der EZB-Zinssenkung, sondern wegen der Konkurrenz. "Wenn eine Bank damit anfängt die Zinsen zu ändern, ziehen andere häufig nach", heißt es aus der Erste Bank. Dort brüten Produktmanager derzeit noch darüber, wie man nach den Maßnahmen der EZB weiter vorgehen will.
Vergabe von mehr Firmenkrediten unwahrscheinlich
Dass die EZB-Maßnahmen die Banken dazu bringen werden, mehr Kredite zu vergeben, glaubt Wifo-Bankexperte Franz Hahn nicht. Oberbank-Vorstand Weißl erwartet ebenfalls keine Veränderungen: "Die Nachfrage von Firmen, die Kredite aufnehmen wollen, ist überschaubar." Zum einen würden diese selbst entweder über genügend Liquidität verfügen, zum anderen würde in bestimmten Branchen die Investitionsbereitschaft aufgrund der schwächeren Konjunktur fehlen. Auch die strengeren Rahmenbedingungen würden das eine oder andere Mal auf die Investitionslust drücken, so der Oberbank-Chef. Fehlender Wille der Firmen zu investieren, ortet auch Raiffeisen. "Wenn die Bonität und andere übliche Parameter passen, vergeben wir gerne Kredite. Wir befinden uns in keiner Kreditklemme, liquide Mittel sind durchaus vorhanden", ergänzt Stefan. Als solide gilt dagegen in der Branche die Nachfrage nach Privatkunden-Krediten.
Möglichkeiten an Kredite zu kommen, bleibt gleich
Dass jetzt, wie von der EZB erhofft, mehr Kredite als bisher vergeben werden, glaubt in der heimischen Banken-Branche kaum jemand. An den grundsätzlichen Parametern hätte sich schließlich nichts geändert. Dass die Vorgaben, wann man einen Kredit bekommt, in den letzten Jahren strenger geworden sind, lässt Oberbank-Boss Weißl nicht gelten. "In den vergangenen fünf Jahren hat sich daran nichts geändert."
Negativzinsen: "Jeder würde sein Geld verstecken"
Für Sparer scheint derzeit keine Gefahr zu drohen. Negativzinsen lehnen die Institute derzeit kategorisch ab. So weisen sowohl Raiffeisen, die Oberbank oder die Bank Austria diesen Gedanken weit von sich. Raiffeisen-Sprecherin Stefan: "Das Geld, das die Bank ausleiht, stammt ja von den Sparern. Es wäre "absurd, wenn jemand, der Geld geliehen bekommt, auch noch Einkünfte darauf hat". Auch Wifo-Experte Hahn erwartet keine Strafzinsen: "weil dann nimmt jeder sein Packerl Geld und versteckt es in der Truhe".
"Beschleunigtes Wachstum illusorisch"
Zu den internationalen Stimmen, die nach der neuerlichen EZB-Geldspritze skeptisch sind, zählt die Fondsgesellschaft Carmignac: „Dass die europäische Wirtschaft mithilfe des verzögerten Zyklus und Unterstützung einer sehr wohlwollende Zentralbank ihr Wachstum weiter beschleunigen wird, erscheint uns illusorisch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein deutsches Wirtschaftswachstum von 1,75% für 2016 nach 1,45% im vergangenen Jahr deutlich verfehlt wird."
Drohen Bankomatgebühren?
"Die Banken werden aber ihre Gebührenpolitik viel kostenorientierter betreiben müssen, also alle Dienstleistungen, die sie anbieten, als Kostenposition kalkulieren." So könnten sie künftig auch Bankomatgebühren verlangen. Jedenfalls müssten die Banken weiter rationalisieren: "Personalaufwand ist das zentrale Problem, Filialschließungen längst überfällig." Die Oberbank denkt dennoch nicht daran Gebühren für Bankomatbehebungen zu verlangen. Weißl: "So viel Gebühren, wie uns durch die Zinssenkungen an Gewinn verloren geht, könnten wir gar nie einheben", so seine Rechnung. Dennoch stünde die Bank gut da und käme mit den härteren Rahmenbedingungen gut zurecht.
Positive Auswirkungen der EZB-Maßnahmen
Die EZB-Maßnahme würde allerdings das Risiko senken, dass die Zinsen in der europäischen Peripherie steigen. Das obwohl sich dieser Bereich trotz Marktunruhen relativ gut gehalten hat. „Die EZB hat ein Klima des Vertrauens geschaffen. Sie wird auch künftig Mittel einsetzen, um eine Bankenkrise zu verhindern, bevor sie zu einer systemischen Bedrohung wird“, so der Anleiheexperte aus dem Hause Edmond de Rothschild Asset Management.
