Private Kreditfonds: Der große Boom abseits der Aktienmärkte
Private Kreditanbieter wie Fonds, die mit der Finanzierung Übernahmen, Start ups oder Krediten für mittelständische Unternehmen gutes Geld verdienen, zählten in den vergangenen zehn Jahren zu den großen Gewinnern was Kapitalzuflüsse und Rendite betrifft. Was den Markt treibt und wovor Profis nun warnen.
Am Kreditmarkt, finanziert von Nicht-Banken, herrscht Goldgräberstimmung.
Klassische Investmentsfonds fast jeder Kategorie können derzeit von hohen Mittelzuflüssen nur träumen. Nur ein Sektor wächst so stark, wie kaum ein anderer: Private Kreditfinanzierung von Nicht-Banken. Durch diese sogenannten Private Asset werden Übernahmen, Start-ups, Konzerne, Immobilien-Kredite, Infrastrukturprojekte oder Kredite mittelständischer Unternehmen finanziert.
Der Markt ist in den letzten zehn Jahren explodiert. Betrug das investierte Volumen weltweit damals 120 Milliarden sind es heute 500 Milliarden Dollar. Die Experten der Interessenvertretung Alternative Credit Council (ACC) erwarten bis 2020 gar einen Anstieg auf eine Billion Dollar. So konnte sich die Branche auch im Vorjahr vor Mittelzuflüssen kaum wehren. „Es gab um 40 Prozent mehr Geld von Investoren“, so Nils Rode, Chef des Private Equity Fonds Schroder Adveq.
Risikokapital treibt die dritte und vierte Revolution
Vor allem Private Equity Fonds mischen im Kreditmarkt mittlerweile kräftig mit. Einzelne Fonds wie jene von Blackstone, Goldman Sachs oder KKR sind jeweils über 20 Milliarden Dollar schwer. Die größten Fonds kommen aus den USA, aber auch europäische Flaggschiff-Fonds wie Apax Partners, CVC Capitals Partners oder Permira verwalten jeweils schon knapp an der 20 Milliarden-Dollar. „Risikokapital treibt die dritte und vierte industrielle Revolution an“, ist Schroder Analyst Duncan Lamont überzeugt. Finanziert werden mit dem Geld etwa Investments in Roboter, künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, autonomes Fahren, Biotechnologie, die Produktion hochwertiger Nahrungsmittel und erneuerbare Energien.
Private Fonds finanzieren den Mittelstand
Solche privaten Kredite institutioneller Investoren finanzieren aber auch klassische Mittelstandsbetriebe. Das erfolgt meist in Form sogenannter Direct Landings. Darunter versteht man die Vergabe von Fremdkapital direkt an ein Unternehmen. Finanziers sind meist Fonds, alleine oder im Rahmen von Club-Deals mit maximal zwei bis drei Partnern. Die Kreditvolumina liegen zwischen 20 bis 150 Millionen Euro. Direct Landings sind in Europa noch relativ neu. Die Renditechancen sind lukrativ. Für besicherte Direct Lendings winkt eine jährliche Rendite von über fünf Prozent und das ohne Zins- und geringem Verlustrisiko.
Airbnb und Uber starteten mit Finanzierung auch abseits von Banken
Viele solcher Finanzierungen abseits von Banken tragen bereits reiche Früchte. Der Schroders Adveq Fonds war bei der ersten Finanzierungsrunde von gut 250 Unternehmen dabei, die durch solches Risikokapital später zu großen Playern avancierten und mittlerweile über einer Milliarden Dollar wert sind. Fonds, wie der von Schroders haben Konzerne wie Google, Uber oder Airbnb in den USA oder BlaBlaCar oder TransferWise in Berlin oder Aston Martin und Boots in Großbritannien Startkapital gegeben. Diese 250 Firmen haben heute einen Unternehmenswert von insgesamt 970 Milliarden Dollar.
Finanzierung von Hypothekarkrediten in den USA nicht nur von Banken
Der Markt für diese Kreditfinanzierung außerhalb des Bankensektors wird von den USA dominiert. Das zeigt das Beispiel Immobilienfinanzierung. In den USA werden nur knapp 50 Prozent aller Immokredite von Banken finanziert, rund 20 Prozent von gewerblich besicherten Hypothekarkrediten und zehn Prozent von Versicherungen. Ganz anders das Bild in Europa. Hier werden 95 Prozent aller Hypothekarkredite von Banken gewährt. „Für institutionelle Investoren, die an Immobilienkredite verdienen wollen, gibt es außer in Form von Firmenanleihen in Europa praktisch keine Möglichkeit“, so Schroders-Analyst Duncan Lamont. Mit Ausnahme in Großbritannien, dort nimmt der Markt für Hypothekarkredite, die nicht von Banken verliehen werden, einen Marktanteil von 25 Prozent ein.
Kleinanleger sind außen vor
Kleinanleger können solche Vehikel aufgrund von Mindestinvestments in Millionenhöhe nur als Zaungast beobachten, aber Pensionskassen, Stiftungen und andere große institutionelle Investoren sind vielfach groß eingestiegen. So haben 60 Prozent der europäischen Versicherungen in den vergangenen zehn Jahren ihre Investments in solche Private Assets erhöht.
Hohe Renditen, breites Angebot
Die Gründe für den starken Zuwachs solcher Veranlagungen liegen vor allem an den vergleichsweise hohen Renditen und im steigenden Angebot. Denn Banken sind aufgrund der stark gestiegenen Eigenkapitalvorschriften bei der Vergabe von Firmenkredite zurückhaltender geworden. Auch die Zahl der großen Institute, die große Kredite anbieten, ist seit der Finanzkrise zurückgegangen. In Deutschland laut Schroders um rund die Hälfte.
Günstigere Einstiegsmöglichkeiten als bei Aktien
Die Risiken bei Investments in nicht börsengelistete Unternehmen sind mitunter höher, bieten aber auch Vorteile. „Solche Anteile sind deutlich günstiger als Aktien, die öffentlich notieren“, so Tim Ceed, Europa-Investmentchef des Schroder Adveq. Zudem sind die Anteile solcher Beteiligungen nicht liquide, wofür eine Extrarendite bezahlt wird. Im Schnitt ist das Kapital zwischen drei und zehn Jahre gebunden. Die Deals sind oft komplex, die Größenordnung deutlich kleiner als bei Aktien und wie gut die Transaktionen sind, hängt stark vom Know how des Fondsmanagements ab. Deshalb nehmen bei solchen Deals die Fondsgesellschaften, wenn sie etwa als Private Equity Investoren in ein Unternehmen einsteigen das Zepter selbst in die Hand. „Private Equity Fonds kontrollieren meist auch die Firmen an denen sie beteiligt sind“, erläutert Ceed.
Sind Kreditfonds in der Lage einen wirtschaftlichen Abschwung zu managen?
Es gibt heute bereits eine Vielzahl solcher Kreditfonds. Welche davon über eine jahrelange Erfahrung verfügen und eine hohe Expertise ausweisen, ist jedoch nicht leicht zu beurteilen. Wie das Segment bei einer wirtschaftlichen Krise und den damit verbundenen möglichen Schwierigkeiten der Unternehmen, denen sie Geld geborgt haben, reagieren, bleibt abzuwarten. Banken können im Gegensatz zu Fonds bei Wirtschaftskrisen meist auf eine lange Historie des eigenen Instituts in solchen Zeiten zurückblicken und entsprechend agieren.
Zeichen der Überhitzung
Für einzelne Bereiche der Kreditfinanzierung mahnen Experten, nach den Rekordzuflüssen der vergangenen Jahre auch aus einem anderen Grund zur Vorsicht. Erste Ansätze einer Spekulationsblase zeichnen sich bereits ab. So kämpfen Private Asset Fonds zum Teil bereits damit, dass deutlich mehr Geld als Anlagemöglichkeiten zur Verfügung steht als früher.
Fonds sitzen auf Unmengen von Cash
Viele Fonds verfügen nämlich schon über reichlich Dry Powder – so nennt die Branche Geld, das sie bei Anlegern einsammelt, aber noch nicht investiert hat. Die Dry-Power-Wachstumsrate ist vor allem bei Infrastrukturprojekten (148 Prozent) und privaten Finanzierung von Unternehmen mit Investment-Grade-Rating hoch (126 Prozent). Im Bereich Private Equity liegt die Wachstumsrate von nicht investiertem Kapital erst bei 50 Prozent. Die Veranlagung in große Buyouts ist ebenfalls auf einem Rekordniveau und laut Lamont gibt es berechtigte Sorge, dass dieses Segment überhitzt ist. Das gilt auch für Venture-Kapital, das sich in einem reifen Stadium befindet. Die Folge des Hypes: Der Wettbewerb zwischen den Investoren verschärft sich und treibt den Preis.
Wo noch Chancen winken
„Doch diese Entwicklung gilt nicht für den gesamten Markt für private Kredite“, sagt Lamont. Investments in kleine und mittelgroße Unternehmen böten noch Potential, ebenso Venture-Kapital-Investments in einem frühen Stadium, sowie Kreditinvestments in einzelnen Emerging Markets.