Österreichisches Pensionssystem weltweit als schlechtes Beispiel

Das Beratungsunternehmen Mercer findet nach einem Vergleich von Pensionssysteme entwickelter Länder weltweit harte Worte für Österreich.

Österreichisches Pensionssystem weltweit als schlechtes Beispiel

In Rente und in Saus und Braus leben? Das ist bald für mehr Menschen als bisher nicht mehr drinnen.

Japan, Österreich, Italien und Frankreich sind Beispiele für Länder, deren Pensionssysteme kein nachhaltiges Modell für derzeitige und künftige Generationen bieten. Zu dieser Erkenntnis gelangten die Unternehmensberater und Pensionsspezialisten der Unternehmensberatung Mercer, nachdem diese 30 Pensionssysteme entwickelter Länder auf 40 verschiedene Indikatoren hin untersucht haben.

Für das schwache Abschneiden in puncto Nachhaltigkeit wurden vor allem drei Gründe ausgemacht:

  1. Private legen zu wenig Geld für die Pension auf die Seite
  2. Ältere Menschen nehmen zu einem zu geringen Ausmaß am Arbeitsmarkt teil
  3. Signifikanter demographischer Wandel, hin zu einer alternden Bevölkerung

„Wenn sich an diesen drei Punkten nichts ändert, wird das einen hohen gesellschaftlichen Druck verursachen“, meint Jacques Goulet, Präsident für die Bereiche Gesundheit und Vermögen bei Mercer. Die Folge werde eine ungleiche Verteilung der Pensionen zwischen den Generationen sein.

Dänemark weiß wie es geht

Die Staaten sind dieser Entwicklung jedoch nicht ausgeliefert. „Jedes Land hat es selbst in der Hand, etwas zu verbessern und Anreize zu schaffen, dass sich etwas ändert“, meint Studienautor David Knox. Man müsse auch nicht alles selbst erfinden. „Dänemark, Holland und Australien sind die drei Länder, die über die nachhaltigsten Pensionssysteme verfügen.“ Die Systeme zeichnet aus, dass diese unter anderem über ein funktionierendes Mehrsäulen-Modell verfügen - sprich auch die private und die betriebliche Vorsorge ist jeweils ausreichend vorhanden und wird entsprechend durch die Staaten gefördert.

In Österreich liegen die private und die betriebliche Vorsorge dagegen praktisch darnieder. ( Sie auch Trend-Artikel über Pensionskürzungen.) So fördert etwa der österreichische Staat die private Vorsorge jährlich mit nur 116 Euro. Entsprechend niedrig ist der Anteil jener, die ihr staatliches Alterseinkommen durch eine Rendite vom Kapitalmarkt ergänzen: Er liegt in Österreich bei nur 3,5 Prozent. Zum Vergleich: In den USA peppen 30 Prozent der Pensionisten ihre Rente durch Investments an der Börse auf.

Auch die betriebliche Vorsorge existiert hierzulande praktisch nur in Großbetrieben, und selbst dort dürfen Mitarbeiter nicht freiwillig in die Pensionskasse zuzahlen. Erst jüngst ärgerte sich Gerald Loacker, Sozialsprecher der Neos bei einer Konferenz über institutionelle Altersvorsorge, "über die mehrheitlich reflexartig negative Reaktion der Politiker zur betrieblichen Altersvorsorge." Peter Meier von der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zu diesem Thema: „Man tut sich bei nötigen Pensionsadaptierungen schwer, da die politische Polarisierung sinnvolle Reformen erschwert“.


Die letzte Pensionsreform hat zu einer massiven Ausweitung der Arbeitsjahre geführt, die für die Berechnung der Pension herangezogen wird

Werden die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge nicht ausgebaut, drohen für jene, die erst in 15 Jahren oder später in Pension gehen, herbe Einbußen. Markus Zeilinger, Chef der Vorsorgekasse fair finance nennt den Grund: "Die letzte Pensionsreform hat zu einer massiven Ausweitung der Arbeitsjahre geführt, die für die Berechnung der Pension herangezogen wird." Weiteres Manko in Österreich: Es fehlt, im Gegensatz zu Modellen in anderen Ländern, wie Schweden, eine Pensionsautomatik, also eine automatische Anpassung an demografische Entwicklungen.

Die durchschnittliche Zahl der Jahre im Ruhestand ist in Österreich seit 1970 von acht auf über 20 Jahre gestiegen, die Zahl der Arbeitsjahre aber ist, auch wegen längerer Ausbildungswege, von 45 auf deutlich unter 40 Jahre gesunken. Das Pensionsantrittsalter oder deren Höhe an die steigende Lebenserwartung zu koppeln, wäre logisch und notwendig.

Aber selbst in Ländern mit nachhaltigem Pensionssystem ist vielfach noch Raum für Verbesserungen. „Es droht, dass die Alten auf Kosten der Jungen leben“, so Professor Edward Buckingham vom australischen Institut für finanzielle Studien. „Aufgrund der höheren Kosten durch die steigende Lebenserwartung müssen die Menschen weltweit animiert werden, selbst noch mehr für die Pension zu sparen. Um die Sparquote für das Alter noch stärker anzukurbeln, sind die Regierungen gefordert, strategische Verbesserungen vorzunehmen“, so Professor Buckingham.

Arbeiterkammer gegen stärkere kapitalgedeckte Vorsorge von Privaten und Pensionskassen

Bei bei der Arbeiterkammer (AK) sorgt die Studie des Beratungsunternehmen Mercer dennoch für Kopfschütteln. Die Ausgabenentwicklung bei den Pensionen sei langfristig stabil. Der Mercer Global Pension Index sei dagegen "interessengeleitet", so die AK. Denn kapitalgedeckte Pensionen seien "ein wesentlicher Geschäftsbereich für Mercer" und der Mercer Index setze dementsprechend auf mehr Kapitaldeckung in den Pensionssystemen - "so als hätte es die Finanz-und Wirtschaftskrise nicht gegeben".

Der Index würde weder die Angemessenheit noch die Nachhaltigkeit von Pensionen messen, sondern im Wesentlichen die Bedeutung von Kapitaldeckung in den Systemen. Er sei so konstruiert, dass Pensionssysteme automatisch umso nachhaltiger erscheinen, je höher der Anteil der Kapitaldeckung ist. "Dies ist jedoch ein Trugschluss", so die AK, das Gegenteil sei der Fall: "Gerade jene Länder, die auf Kapitaldeckung gesetzt hatten, waren im Zuge der Finanzkrise gezwungen, Leistungen zu kürzen, das Pensionsantrittsalter anzuheben oder überhaupt vom Privatisierungsweg wieder abzugehen."

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