FMA verdonnert kitzVenture wegen irreführender Werbung
Das Tiroler Unternehmen kitzVenture wirbt seit Monaten mit 9,75 Prozent Zinsen, fix für Kleinanleger, die 250 Euro oder mehr investieren. Entsprechende Kampagnen wurden im ORF und auf zahlreichen Plattformen großer Medienhäuser geschaltet. Der trend hat das Angebot seit längerem in Frage gestellt. Nun hat Österreichs Finanzmarktaufsicht (FMA) kitzVenture zu einer Geldstrafe von 75.000 Euro verurteilt.
Seit Monaten berichtet der trend über die irreführenden Angebote des in Kitzbühel ansässigen Unternehmens kitzVenture. Die Tiroler Firma, die eigentlich zwei Deutschen gehört, sammelt seit Ende Juli 2016 bei Kleinanlegern Geld ein und verspricht dafür 9,75 Prozent Zinsen. Der trend hat in seinem Artikel "Hoch-Risiko-Investments in Start-ups" bereits davor gewarnt und die Angebote schon im Oktober 2016 als irreführend bezeichnet.
Nun ist auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) zu der selben Erkenntnis gekommen und hat kitzVenture zu einer Verwaltungsstrafe von 75.000 Euro verurteilt. KitzVenture habe die Risiken der Anlage verschwiegen und in der Werbung nicht auf den Kapitalmarktprospekt und die Risiken bei dem Investment verwiesen, urteilt die FMA.
kitzVenture hat sich als Loan-Investor positioniert. Das Unternehmen sammelt Geld bei Kleinanlegern ein und stellt in Aussicht, dieses gewinnbringend in Start-ups zu investieren. Dafür verspricht kitzVenture eben die genannte Fix-Verzinsung von 9,75 Prozent. Die außergewöhnlich hohen Zinsen sind jedoch alles andere als fix. Bei dem Investment handelt es sich um Risikokapital, bei dem auch ein Totalverlust nicht ausgeschlossen ist. Zinsen werden laut Kapitalmarktprospekt außerdem nur dann gezahlt, wenn kitzVenture am Ende eines Jahres einen Überschuss verbucht hat und bereits alle vorrangige Gläubiger bedient wurden.
Aggressive Werbung
Nach einer ersten Welle mit ganzseitigen Print-Inseraten in Tageszeitiungen (u.a. Österreich) und einer zweiten Welle mit Online-Advertorials (u.a. auf derStandard.at und diepresse.com) hat kitzVenture im Jänner 2017 rund um die Hahnenkamm-Rennen 2017 in Kitzbühel sogar im ORF-Fernsehen für das Angebot geworben. Zu den besten Sendezeiten - etwa kurz vor Beginn der Übertragung des Herren-Abfahrtslaufs auf der Streif. Ohne dabei auf das Risiko oder den Kapitalmarktprospekt hinzuweisen.
Genau das ist jetzt der Aufhänger für das Urteil der FMA. "Der Vorwurf bezieht sich darauf, dass in der Werbung die Risiken der Veranlagung nicht ordnungsgemäß dargestellt wurden", erklärte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.
Die Geldstrafe richtet sich gegen den Geschäftsführer und Hälfte-Eigentümer von KitzVenture, Olaf Wittbrodt. Die Strafe selbst beträgt 69.000 Euro, geht aus einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung auf der FMA-Homepage hervor. Hinzu kommen anteilig die Verfahrenskosten, sodass eine Strafzahlung von rund 75.000 Euro fällig ist. Das Straferkenntnis der FMA ist noch nicht rechtskräftig, der KitzVenture-Chef kann dagegen Beschwerde einlegen.
Lesen Sie hier:
kitzVenture: Hoch-Risiko-Investments in Start-ups

Zweifelhafte Werbebotschaften
kitzVenture hat jedoch bei der Werbung im ORF nicht zum ersten Mal darauf vergessen, auf das Risiko hinzuweisen. In den Online-Advertorials wurde Anfang Jänner erklärt, dass das Charakteristische eines Nachrangdarlehens sei, dass es erst am Ende der Laufzeit fällig sei. Der trend hatte damals bereits darauf aufmerksam gemacht. Nun folgt die FMA der Argumentation des trend. Sie hält fest, dass das Charakteristische an Nachrangdarlehen die schlechte Rechtsposition der Darlehensgeber ist. KitzVenture habe dagegen bei den Anlegern den Eindruck erweckt, das Nachrangdarlehen sei ein normaler Kredit.
Hintergrund: Nachranggläubiger werden im Insolvenzfall erst nach allen andern Gläubigern entschädigt, sofern dann noch Geld übrig ist. Für Nachrangdarlehen gilt außerdem nicht die gesetzliche Einlagensicherung, Investoren tragen das Verlustrisiko also ganz allein.
Auch, dass KitzVenture mit 9,75 Prozent Fixverzinsung bei einer Laufzeit von drei Jahren geworben hat, wurde von der FMA kritisiert. Die Zinsen sind nämlich, wie der trend bereits ausführlich erklärt hat, keineswegs garantiert, sondern werden - wie dem 64-seitigen Kapitalmarktprospekt zu entnehmen ist, nur dann ausgeschüttet, wenn ein entsprechender Gewinn erzielt wurde.
Fraglicher Beirat
kitzVenture, das sich indessen zu Unrecht angegriffen sieht und in einer Stellungnahme vom 9. Februar die "unvollständige und einseitige Berichterstattung" kritisierte, die sich "negativ auf den Ruf" des Unternehmens auswirke, ist Anfragen gegenüber mittlerweile sehr verschlossen. Anfragen der Presse werden - wenn überhaupt - derzeit nur noch schriftlich per Mail beantwortet.
In der Stellungnahme vom 9.2. erklärt kitzVenture auch, dass der von dem Unternehmen eingerichtete "fachkundige Beirat" die jungen Unternehmen unterstütze. Dem trend gegenüber haben jedoch alle drei von kitzVenture jemals genannten Beiräte, der Kitzbüheler Bürgermeister Klaus Winkler, der Zukunftsforscher Joachim Graf und der Publizist Markus Miller erklärt, dass sie niemals eine Funktion als Beirat ausgeübt hätten. Als Folge der Berichterstattung des trend haben sie veranlasst, dass kítzVenture Hinweise zu einer solchen Tätigkeit von der Website entfernt.
Der Publizist und Medienunternehmer Markus Miller, Geschäftsführer GEOPOLITICAL.BIZ S.L.U., erklärte im trend-Telefonat, dass er zwar einmal kontaktiert und beiläufig gefragt wurde, ob er sich eine solche Tätigkeit vorstellen könne, dass es danach aber keinen weiteren Kontakt mehr gegeben habe. "Das ist alles erstunken und erlogen. Es gab niemals auch nur eine konstituierende eine Beiratssitzung, ich war niemals in Kitzbühel und habe Herrn Wittbrodt auch nie kennengelernt", sagt Miller. "Mein Name und meine Reputation wurden missbraucht."
Auch der Zukunftsforscher Joachim Graf betont: "Ich war von kitzVenture ausschließlich als Zukunftsforscher beauftragt - sollte also ausschließlich einschätzen, ob gegebenenfalls die von Start-ups entwickelte Technik zukunftsfähig ist. Mit finanziellen Belangen und den Investments selber war ich nie befasst."
Laut einer vom trend bei der der Wiener Anwaltskanzlei Wolf Theiss eingeholten Rechtsauskunft gäbe es in einer GmbH zwei Möglichkeiten, einen Beirat einzurichten. Im ersten Fall, dem Normalfall, wird ein solcher Beirat, dessen Bestellung, seine Rechte und Pflichte, im Firmenbuch festgehalten. Im zweiten Fall werden schriftlich Einzelverträge mit den Beiräten abgeschlossen. "Nachdem dem Firmenbuch kein solcher Hinweis zu entnehmen ist und die genannten Personen ihre Tätigkeit dementieren, scheint bei der vorliegenden Gesellschaft beides nicht der Fall gewesen zu sein", zieht Horst Ebhardt, Head of the Practice Group Corporate / M&A von Wolf Theiss den Schluss.