EZB-Chefin Lagarde: "Weiterhin nachhaltig hohe Zinssätze"
EZB-Chefin Christine Lagarde sieht den Kampf gegen die Inflation noch lange nicht beendet und kündigt weitere Zinsschritte an.
EZB-Chefin Christine Lagarde
EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutet weitere Schritte der Währungshüter im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation an. "Wir steuern künftig auf heiklere Entscheidungen zu, aber wir werden beherzt sein und die Entscheidungen treffen, die nötig sind, um die Inflation wieder auf zwei Prozent zurückzuführen", sagte sie am Freitag dem spanischen Fernsehsender TVE. "Und wir werden das tun, keine Frage," fügte sie hinzu.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat seit der Zinswende im Juli 2022 die Schlüsselzinsen bereits sieben Mal in rasanter Folge um insgesamt 3,75 Prozentpunkte angehoben. Die nächste Zinssitzung ist am 15. Juni in Frankfurt.Volkswirte rechnen einer Reuters-Umfrage zufolge bei den Zinstreffen der EZB im Juni und Juli mit weiteren kleinen Anhebungen um je 0,25 Prozentpunkte. Die Inflation im Euro-Raum hat im April wieder leicht zugelegt, womit der Druck auf die EZB anhält, gegenzusteuern. Die Verbraucherpreise stiegen binnen Jahresfrist um 7,0 Prozent, nach 6,9 Prozent im März und 8,5 Prozent im Februar. Damit ist die Teuerung immer noch mehr als dreimal so hoch wie die Zielmarke der Notenbank.
"Wir müssen weiterhin nachhaltig hohe Zinssätze haben, daher ist es eine Zeit, in der wir uns wirklich anschnallen müssen und dieses Ziel anschauen, das wir haben, und es umsetzen", merkte Lagarde an. Das Ziel sei einfach und geradeheraus: Preisstabilität. "Und wir müssen absolut entschlossen sein, das zu erreichen", fügte sie hinzu. Die EZB werde ihr Ziel verfolgen, auch wenn es ein kritischer Moment für die Euro-Zone sei, in der die Inflation sinke, die geldpolitische Straffung ihre Wirkung zu entfalten beginne und Banken ihre Kredite begrenzten.
Kerninflation im April leicht rückläufig
Die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energiepreise und die Preise für unverarbeitete Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, war im April leicht zurückgegangen auf 5,6 Prozent von 5,7 Prozent im März. Die Währungshüter hatten dieses Inflationsmaß zuletzt besonders im Blick gehabt. Denn darin spiegeln sich zugrunde liegende Inflationstrends besonders klar wider.
Die EZB kann aus Sicht ihrer Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel angesichts der Widerstandsfähigkeit der Banken im Euro-Raum weiterhin alles Erforderliche unternehmen, um die Inflation zu bekämpfen. "Die EZB kann weiterhin alles Notwendige tun, um die Inflation zeitnah wieder auf unser Ziel von zwei Prozent zurückzubringen", sagte Schnabel am Freitag auf einer Veranstaltung in London. Dies schließt aus ihrer Sicht ein, die Zinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau anzuheben und sie dann so lange wie nötig auf diesem Niveau zu belassen. Denn gleichzeitig besitze die Europäische Zentralbank (EZB) auch die Mittel, das Finanzsystem des Euro-Raum im Bedarfsfall mit Liquidität zu unterstützen, um die Finanzstabilität zu sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die Geldpolitik reibungslos in der Wirtschaft ankomme.
Längerfristig könnte aus Sicht von Schnabel die schwache Ertragskraft der Geldhäuser im Euro-Raum das anhaltende Problem offenlegen, dass die Bankendichte zu groß sei. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von "overbanking". Zudem wies Schnabel auf den Mangel an grenzüberschreitenden Bankenfusionen hin. "Ein Thema, das die EZB alleine nicht lösen kann", merkte sie an. Das sich ändernde Zinsumfeld kann laut Schnabel aber womöglich neue Impulse liefern, um die Bankenunion in Europa zu vollenden, sagte sie.