„Eskaliert der Handelskrieg, bricht die Weltwirtschaft ein“
Thomas Herbert, Investmentchef der Fondsgesellschaft Ethenea, verwaltet im Ethna Aktiv sechs Milliarden Euro. Trend.at erklärt er, warum sich seine Einschätzung für die Aktienmärkte seit Trumps angekündigten Strafzöllen einzuführen, erheblich verändert hat und er deshalb binnen kürzester Zeit Aktien in Millionenhöhe verkauft hat und welche Region vom Protektionismus als erstes getroffen werden würde.
Thomas Herbert managt bei den sechs Milliarden Euro schweren Mischfonds Ethna Aktiv.
trend:
Die USA hat angekündigt Strafzölle in Höhe von bis zu 25 Prozent auf wichtige ausländische Produkte wie Stahl, Aluminium und zuletzt auf deutsche Autos einzuführen. Die Aktienmärkte haben vergleichsweise besonnen reagiert. Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Börsen ein?
Thomas Herbert:
Als US-Präsident Donald Trump am Donnerstag den 1. März seine Pläne für Strafzölle verkündete und am Freitag derselben Woche noch Zahlen über einen starken Anstieg der US-Löhne veröffentlicht wurden, haben wir beschlossen in unserem Mischfonds Ethna Aktiv die Aktienquote um weitere 15 auf sechs Prozent zurückzufahren. Für uns war klar, dass wir das Risiko im Depot deutlich reduzieren wollen.
trend:
Warum haben Sie auf diese Nachrichten hin Ihr Depot so stark verändert?
Herbert:
Seit der Ankündigung von Strafzöllen, ist ein hoher Aktienanteil in unserem Mischfonds, der bis zur Hälfte in Aktien investieren kann, nicht mehr gerechtfertigt. Diese geplanten Strafzölle bergen die Gefahr eines weltweiten Dominoeffekts und neuer globaler Ungleichgewichte, insbesondere in Europa, dem größten Stahllieferanten der USA. Die Märkte waren jedoch für Perfektion gepreist. Die war damit dahin. Im Dezember und Jänner sind die Kurse noch einmal aggressiv gestiegen und die Bewertungen dadurch äußerst ambitioniert. Wir haben uns dadurch mit der bis dahin vergleichsweise hohen Aktienquote in unserem Fonds nicht mehr wohl gefühlt. Unser Motto bei Ethnea lautet „Better safe than sorry“.
Ob die Inflation wie bisher nur leicht steigen wird, ist nun deutlich ungewisser als zuvor
trend:
Rechnen Sie bei einem Handelskrieg mit einem Einbruch der Wirtschaft?
Herbert:
Im Moment können wir, aufgrund der angedrohten Strafzölle, zumindest nicht sagen, dass das starke globale Wachstum anhalten wird. Auch ob die Inflation wie bisher nur leicht steigen wird, ist nun deutlich ungewisser als zuvor. Bisher sind die Unternehmensgewinne und Investitionen aufgrund des hohen, synchronen Wirtschaftswachstums angezogen. Seit der Androhung von Strafzöllen haben wir jedoch immer mehr weniger Vertrauen, dass die Weltwirtschaft weiterhin so robust und synchron wächst. Das Weltbild hat sich seit der Ankündigung Trumps geändert, wenn das Wachstum auch noch intakt ist. Die alles entscheidende Frage wird sein, ob es zu einem Handelskrieg kommt oder nicht. Wenn es zu einem solchen kommt und die Lage eskaliert, droht die Weltwirtschaft einzubrechen. Das ist derzeit jedoch nicht unser Hauptszenario.
Bis zu einem Prozent Wachstum könnte durch einen eskalierenden Handelskrieg rasch dahin sein
trend:
Wie stark könnte die Weltwirtschaft bei einem Handelskrieg schrumpfen?
Herbert:
Derzeit wächst die Weltwirtschaft mit knapp vier Prozent und der Welthandel um fast fünf Prozent im Jahr. Die Beschleunigung im globalen Handel hat jedoch erst in den letzten zwei Jahren eingesetzt. Bis zu einem Prozent Wachstum könnte durch einen eskalierenden Handelskrieg rasch dahin sein. In einer solchen Situation ist es auch nicht unerheblich wie stark man in Aktien und Anleihen investiert ist, wenn man bedenkt, dass beide Kategorien nach wie vor ambitioniert bewertet sind. Die bislang von den USA und China gegenseitig angedrohten Zölle und Tarife sind jedoch weit von solchen Dimensionen entfernt.
trend:
Börsen welcher Länder wären von einem Handelskrieg als erstes und am stärksten betroffen?
Herbert:
Wegen der stark vernetzten Wertschöpfungs- und Lieferketten würde es als erstes Asien treffen. Dort würde das Wachstum wahrscheinlich deutlich zurückgehen. Sollte gleichzeitig der US-Dollar anziehen, würde das die Wirtschaft in diesen Ländern zusätzlich treffen. Generell sind die Auswirkungen des Welthandels in Asien am stärksten spürbar. Läuft die Weltwirtschaft gut, profitiert Asien überproportional. Genauso funktioniert der Hebel in die andere Richtung, wenn sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Die Spirale nach unten könnte einsetzen, wenn Trump Strafzölle einführt. Noch profitiert Asien allerdings, aufgrund des hohen weltweiten Wirtschaftswachstums, aber überproportional. Weniger Wachstum würde es beispielsweise auch in großen exportorientierten Volkswirtschaften wie Japan und Deutschland geben.
Protektionismus wirkt inflationär
trend:
Wie wirkt sich Protektionismus auf Unternehmen aus?
Herbert:
Protektionismus wirkt inflationär. Die Gewinne werden schrumpfen und es wird zu einer Neubewertung an den Zinsmärkten kommen, wenn Trump mit Zöllen ernst macht. Anleger werden sich gezwungen sehen, aus Risikopositionen herauszugehen.
trend:
Woraus setzt sich Ihr Aktienportfolio derzeit zusammen?
Herbert:
Wir haben unsere Aktienquote den zuletzt moderateren Tönen aus den USA und China angepasst. Zurzeit haben wir innerhalb unseres Aktiendepots zu sieben Prozent in Index-Futures investiert, zu 2,5 Prozent in ETFs und Optionen und sieben Prozent in Einzeltitel. Hier legen wir derzeit den Schwerpunkt auf Konsum- und Technologiewerte.
trend:
Aktien welcher Regionen haben Sie vor allem verkauft?
Herbert:
Quer über alle drei großen Regionen in denen wir investiert sind: USA, Europa und Asien. Das sind der S&P und die Nasdaq in den USA, vorwiegend der Nikkei in Asien und der deutsche DAX. Strafzölle werden die ganze Welt treffen. Allerdings haben wir unser Engagement in Asien am stärksten reduziert.
trend:
Haben Sie auch in Investments in einzelne Branchen in Ihrem Aktiendepot liquidiert?
Herbert:
Bis Jänner waren wir in Aktien von Banken und Technologieunternehmen investiert. Die Bankentitel haben wir seither verkauft, einzelne Aktien von Techunternehmen aus den Branchen Online-Retail und Hardware haben wir ebenfalls abgestoßen. Aktien von Konsumgüterherstellern halten wir als Langfristposition weiterhin.
trend:
Sie haben eingangs erwähnt, dass Sie binnen eines Vormittags einen Großteil ihres Aktiendepots abgestoßen haben. Das müssen angesichts eines Fondsvolumens von sechs Milliarden Euro Aktien in Millionenhöhe gewesen sein. Wie ist das binnen weniger Stunden möglich?
Herbert:
Wir kaufen in erster Linie Index-Futures. Diese sind superliquide. Im DAX oder S&P-Future können so beispielsweise binnen Stunden Wertpapiere in sehr großen Volumen locker verkauft werden ohne gigantische Transaktionskosten anzuhäufen. Wenn sich der Markt bewegt, können wir so, obwohl der Ethna Aktiv ein Vermögen von sechs Milliarden Euro verwaltet, schnell reagieren.
trend:
Futures sind Wetten auf die zukünftige Entwicklung eines Kurses und gelten als äußerst riskante Investments mit hohen Kursschwankungen. Drohen Anlegern, aufgrund der großen Hebelwirkung dieser Produkte, Anlegern im schlimmsten Fall nicht hohe Verluste? Warum ist das bei Ihrem Fonds die erste Wahl bei der Veranlagung?
Herbert:
Index-Futures sind nicht riskanter als Einzeltitel. Vielmehr schwanken Einzeltitel erheblich stärker als Index-Futures. Und der Kauf von Index-Futures ist günstiger als der von Einzeltiteln. Die höhere Liquidität und die niedrigeren Kosten als bei Direktinvestments geben uns mehr Flexibilität beim Kaufen und Verkaufen. Da man nur einen Bruchteil des Kontraktvolumens tatsächlich bezahlen muss, können solche Indizes mit relativ wenig Einsatz ein großes Volumen erwerben. Es ist jedoch nicht unsere Strategie durch den Einsatz von Derivaten das Fondsvolumen zu hebeln.
Da verschiebt sich derzeit in der Weltwirtschaft etwas Größeres
trend:
Warum fokussieren Sie sich bei der Auswahl stärker auf Futures und nicht auf klassische Aktien und Anleihen?
Herbert:
Da verschiebt sich derzeit in der Weltwirtschaft etwas Größeres. Die Notenbanken haben die Märkte mit Geld geflutet und niemand weiß wie dieses Experiment ausgeht, wenn der Geldhahn langsam abgedreht wird. Wir wissen nicht wie der Weg zurück aussieht. Wir betreten hier Neuland. Wie werden Aktien und Anleihen reagieren? Wird deren Entwicklung korrelieren? Keiner weiß es, doch das Börsenklima könnte abrupt umschlagen und mit liquiden Futures sind wir gut gerüstet.
trend:
Wie gehen Sie bei der Auswahl der Investments für den Ethna Aktiv vor?
Herbert:
Unsere Spezialität ist nicht die Auswahl einzelner Aktien, wir konzentrieren uns vielmehr auf die Asset Allokation, also je nach Marktumfeld die optimale Verteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen. Neben Futures greifen wir auch auf liquide ETFs zurück. Wir halten nicht nur klassische Aktienindizes, sondern, wie derzeit, beispielsweise auch Gold- oder spezielle Themen-ETFs. Wenn wir die Gewichtung der unterschiedlichen Anlageklassen akzentuieren wollen, kaufen wir auch Einzeltitel zu. Aber sie müssen zum Thema passen. Wenn wir etwa stark auf Technologie und Asien setzen, wird auch die Einzeltitelauswahl darauf abgestimmt. Wir kaufen in diesem Fall jeweils die größten Aktien des jeweiligen Bereichs. Solange keine schlechten Nachrichten kommen, bleiben wir in diesen Titeln investiert. Oder wenn ein Thema an der Börse totgelaufen ist, werfen wir die betreffenden Aktien raus. Da sind wir flexibel.
trend:
Bei Anleihen setzen Sie derzeit stark auf Unternehmensanleihen. Nimmt das weltweite Wachstum ab, sind auch diese betroffen.
Herbert:
Wir investieren vorwiegend in Unternehmensanleihen guter bis mittlerer Bonität. Die Zinsrisiken sichern wir dabei mit liquiden Futures-Kontrakten flexibel ab. Dadurch können wir im Prinzip von steigenden oder fallenden Zinsen profitieren ohne direkt Anleihen zu kaufen oder zu verkaufen. Auf diese Weise können wir derzeit gut zwei Prozent Rendite pro Jahr aus dem Anleiheportfolio erwirtschaften. Ein Teil des Kupons wird zur Absicherung von Marktrisiken verwendet.
Informationen zum Fonds
Ethna Aktiv (ISIN LU0136412771); Rating: 4 Sterne von Morningstar
Ein Mischfonds, der bis zu 49 Prozent in Aktien, Future-Indizes, ETFs und andere aktienähnliche Wertpapiere investieren darf. Der übrige Teil fließt in Renten, aktuell überwiegend Unternehmensanleihen.