Crowdfunding: OGH und FMA schließen Gesetzeslücke

Die Finanzmarktaufsicht reagiert auf eine vom OGH angemerkte Lücke im Konsumentenschutz. Nachrangdarlehen, die bei Crowdfunding und Start-up-Finanzierungen häufig als Beteiligungsform ausgewählt wurden, sind künftig als Veranlagung einzustufen und unterliegen ab sofort der Prospektpflicht.

Crowdfunding: OGH und FMA schließen Gesetzeslücke

Crowdfunding hat in den vergangenen Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Dabei werden Projekte, Produkte oder Unternehmen über Beteiligungen der "Crowd", also einer großen Zahl meistens privater Geldgeber mit kleineren Beträgen finanziert. Im als Crowdfunding-Gesetz bekannten Alternativfinanzierungsgesetz wurden dafür die entsprechenden rechtlichen Rahmen definiert.

In den meisten Fällen wurden die so zur Verfügung gestellten Geldbeträge bisher als "Nachrangdarlehen" gewertet, ein Begriff, den viele der Crowd-Investoren nicht richtig interpretieren konnten. Kurz gefasst sind Nachrangdarlehen wie das Wort erahnen lässt nach anderen Forderungen und Darlehen gereiht. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit oder der Auflösung eines Unternehmens im Falle des Scheiterns sind so gewichtete Investments also zumeist verloren, weil aus den allfällig vorhandenen Aktiva eines Unternehmens zunächst alle anderen Gläubiger bedient werden

Die Beteiligung über Nachrangdarlehen wurde von Crowdinvesting-Plattformen auch deshalb gewählt, weil qualifizierte Nachrangdarlehen bislang keine konzessionspflichtige Finanzdienstleistung darstellten. Und weil sie so ausgestattet werden konnten, dass sie nicht als Veranlagung einzustufen waren, wodurch diese bisher auch nicht unter die Prospektpflicht fielen.

Lücke im Konsumentenschutz

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat darin nun eine Lücke im Verbraucherschutz erkannt und hat daher vor kurzem die diesbezügliche Rechtsprechung präzisiert. Demnach sind Nachrangdarlehen nun grundsätzlich als Veranlagung einzustufen sind und unterliegen damit der Prospektpflicht. Die Regelung gilt allerdings nur für zukünftige Darlehen. Bereits platzierte Nachrangdarlehen sind von der neuen Auslegung nicht betroffen. Ausgenommen von der Prospektpflicht bleiben auch in Zukunft Projekte mit einem Finanzierungsvolumen unter 100.000 Euro.

„Die neue Rechtsauslegung stellt einerseits einen konsistenten Schutz der Anleger und Verbraucher sicher und gibt andererseits den Unternehmen Rechtssicherheit“, erklärt der Vorstand der FMA, Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller. Der gesetzlich verpflichtende Prospekt stelle dem Anleger standardisiert ein angemessenes Mindestmaß an Informationen zur Verfügung, wobei der Emittent sowohl beim Fehlen des Prospektes als auch für falsche oder irreführende Angaben haftet. Das schließt Rücktrittsrechte des Anlegers und Schadenersatz ein.

Derart irreführende Angaben hatte die FMA in dem Prospekt der zu Jahresbeginn mit aggressiver Werbung besonders aufgefallenen Crowdinvesting-Plattform "kitzVenture" attestiert, weshalb das Unternehmen Ende Februar auch zu einer Geldstrafe von 75.000 Euro verurteilt wurde. Die neue Regelung kann daher durchaus auch als "Lex kitzVenture" gelesen werden. "Die Werbung für das Angebot darf nicht irreführend sein, muss den Hinweis auf den Prospekt enthalten und muss mit dem Prospekt im Einklang stehen", erklärt der FMA-Vorstand dazu.

Folgende Argumente werden für die Einstufung als Veranlagung vorgebracht:

  • Bei alter Rechtsauslegung entsteht eine Verbraucherschutzlücke bei Nachrangdarlehen mit einem Finanzierungsvolumen von mehr als 1,5 Millionen Euro, weil es da keine gesetzlichen Transparenz- und Informationspflichten gibt.
  • Der Gesetzgeber wolle, dass immer zumindest eines der beiden Anlegerschutzkonzepte, also entweder die „Konzessionspflicht – Aufsicht – Einlagensicherung“ oder die Prospektpflicht gemäß Kapitalmarktgesetz/Alternativfinanzieriungsgesetz angewendet wird.
  • Das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) schließt Nachrangdarlehen explizit ein und definiert sie als Veranlagung.

Die neue Rechtsauslegung stellt nun sicher, dass bei Nachrangdarlehen eine abgestufte und durchgehende Transparenz- und Informationspflicht besteht:

  • Unter Euro 100.000 Finanzierungsvolumen: Es gilt die generelle Ausnahme von der Prospektpflicht
  • Von 1,5 Millionen bis fünf Millionen Euro: Vereinfachter Prospekt gemäß Schema F KMG
  • Über fünf Millionen Euro: voller Veranlagungsprospekt gemäß KMG

Die FMA wird auf die ihr bekannten Anbieter nach Möglichkeit aktiv zugehen, um die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Aufnahme neuer Finanzierungen in dieser Rechtsform zu erläutern. Allerdings fehlt der FMA eine Komplettübersicht über die österreichischen Anbieter, da diese Finanzierungsform nicht direkt der FMA-Aufsicht untersteht. Plattformen, die Finanzierungen mittels Nachrangdarlehen planen, werden daher eingeladen, ihr Finanzierungsmodell im Lichte der neuen Rechtsauslegung zu prüfen.

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