Banken in der Krise: Die Risiken steigen wieder
Den Banken drohen in den nächsten Monaten eine deutliche Verschlechterung der Qualität ihrer vergebenen Kredite. Das Risiko aus faulen Krediten und zunehmenden Insolvenzen könnte zu einem ernsten Problem werden.
Banken zählen zu den großen Verlierern der Corona-Pandemie. Nach einer kurzen Erholung seit April blinken für die Branche wieder die Warnlampen. Das exponentielle Wachstum der Covid-19-Neuinfektionen trifft auch sie. Banken reagieren die empfindlich auf wirtschaftliche Spannungen.
Die Branche kämpft aber noch mit anderen Problemen. „Die Banken in der EU sind zu unprofitabel, zu teuer und manchmal ohne tragfähiges Geschäftsmodell“, kritisierte kürzlich Andrea Enria, Chefs der EZB-Bankenaufsicht und warnte: „Die Banken müssen sich auf eine steigende Zahl notleidender Kredite einstellen.“ Schlimmstenfalls drohen Kreditausfälle in Billionenhöhe.
Kredit- und Insolvenzrisiko
„Noch ist die Qualität der Kredite unter Kontrolle, aber Covid-19 hat das makroökonomische Umfeld stark beeinträchtigt, was eine Verschlechterung der Kreditqualität in den nächsten Quartalen führen wird“, urteilt Barbara Mainieri, Kredit-Analystin bei Degroof Petercam Asset Management (DPAM). Wie stark Zahl der notleidenden Kredite in der EU steigen wird hängt derzeit vor allem an fiskalischen Unterstützungen und Aufschüben bei der Schuldentilgung.
Zwar unterstützen Schuldentilgungsmoratorien und andere kreditnehmerfreundliche Maßnahmen die Qualität der von Banken vergebenen Kredite, aber sie verschleiern auch die Notlage vieler Kreditnehmer. „Die Qualität der Bank-Kredite könnte sich als viel schwächer erweisen als es die Zahlen vermuten lassen“, meint Mainieri. Im Durchschnitt halten europäische Banken Kreditengagements von 15 bis 20 Prozent in Sektoren, die am stärksten von COVID-19 betroffen sind. Wenn die Qualität der Vermögenswerte deutlich sinkt sieht Mainieri auch die Stabilität nationaler Bankensektoren als gefährdet.
Die Deutsche Bundesbank fürchtet zudem Probleme aufgrund zunehmender Insolvenzen von Unternehmen, die sich durch staatliche Hilfsmaßnahmen bisher durch die Covid-19-Krise schleppen konnten: „Gerade weil im vergangenen Jahrzehnt die Insolvenzen auf historisch niedrigem Niveau lagen, könnten die Kapazitäten nicht ausreichen, um mit stark steigenden Insolvenzzahlen umgehen zu können.“
Risikozonen in der EU
In einigen europäischen Regionen, in denen das Wachstumstempo fauler Kredite im Schnitt höher ist, sind die Risiken nicht zu unterschätzen. Bereits seit Beginn der COVID-19-Krise wurden die Bonitätsratings mehrerer europäischer Banken herabgestuft und häufig auch noch mit einem negativen Ausblick beurteilt.
In manchen Fällen wurde dies auch durch das Länderrisiko verschärft, wie unter anderem bei Italien, Belgien, Frankreich und dem EU-Aussteiger Großbritannien. So gab etwa die italienischen Bankenvereinigung bekannt, dass die durchschnittliche Höhe notleidender Kredite im Land immer noch über dem von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde vorgegebenen Ziel von fünf Prozent liegt, obwohl in den vergangenen fünf Jahren risikobehaftete Kredite um 130 Milliarden Euro reduziert werden konnten.
Die spanische Großbank Santander verschärft angesichts von Coronakrise und niedriger Zinsen nun ihren Sparkurs und plant tausende Stellen zu streichen. Bis 2022 sind so zusätzliche Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro geplant.
KMU und Private kommen schwerer an Kredite
So manche Bank zieht bereits Konsequenzen und geht bei der Vergabe von Krediten restriktiver vor als noch vor der Krise. In Deutschland etwa bekommen laut der "Credit Lending Survey“ der Bundesbank kleine und mittelgroße Firmen die größere Vorsicht der Geldhäuser bei der Vergabe und Ausgestaltung von Krediten deutlich zu spüren. Ihnen gegenüber verhalten sich Banken deutlich restriktiver als gegenüber großen Unternehmen. „Vor allem Unternehmen aus besonders von der Krise betroffenen Branchen sowie Neukunden bekommen schwer einen Kredit “, teilte die Bundesbank mit.
Auch Privatkunden sind davon betroffen. Die Bundesbank spricht von einer „vergleichsweise hohen Ablehnungsquote“. Bei sprunghaft gestiegenem Interesse an Wohnungsbaukrediten, nach einem scharfen Einbruch im zweiten Quartal. Noch strenger waren die Banken bei Konsumentenkrediten, bei denen wie schon in den drei Monaten zuvor ein Netto-Anteil von 27 Prozent mehr Anträge abgelehnt wurde.