voestalpine schockt Anleger mit erneuter Gewinnschmelze

Negative Einmaleffekte bringen bei voestalpine das Ergebnis zu schmelzen. Der Linzer Stahl- und Technologiekonzern wird heuer gerade noch positiv bilanzieren, aber auch die Dividende kürzen. Arbeitsplätze in Österreich seien nicht gefährdet.

voestalpine schockt Anleger mit erneuter Gewinnschmelze

Wien/Linz. Es läuft derzeit nicht rund beim Linzer Stahlkonzern. Die voestalpine hat erneut eine Gewinnwarnung abgesetzt. Sonderabschreibungen in der Höhe von 360 Mio. Euro belasten das Ergebnis, teilte der Konzern heute nach der Vorstandssitzung mit. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) wird demnach im laufenden Geschäftsjahr 2019/20 (per Ende März) gegenüber dem Vorjahr von 779,4 Mio. Euro auf "gerade noch positiv" zusammenschmelzen.

Auch die Prognose für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) wurde heute von zuletzt 1,3 Mrd. auf 1,2 Mrd. Euro noch einmal nach unten geschraubt. Diese "Guidance" war erst Anfang November bei der Präsentation der Halbjahreszahlen für 2019/20 von 1,6 auf 1,3 Mrd. Euro deutlich gesenkt worden. Bis dahin war man von einem "stabilen Ergebnis" ausgegangen. Schlechte Nachricht für die Anleger, die auf Dividende setzen: Sie werden im Frühjahr nach Präsentation der Endbilanz 2019/2020 durch die Finger schauen. Für einen Gewinnausschüttung wird's nichts werden.

Der Absturz

Die Reaktion der Börsen folgte prompt. Der Kurs des voestalpine-Papiers [ISIN AT0000937503] ist an der Frankfurter Börse um 3,4 Prozent [Stand: Montag, 16.12.2019, MEZ 17 Uhr] abgestürzt. Am frühen Nachmittag notierten die Papiere noch mit einem Kursplus von mehr als 2,5 Prozent.

Schon im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte die voestalpine mit zwei Gewinnwarnungen aufhorchen lassen. Das EBIT war 2018/19 um 34 Prozent auf knapp 780 Mio. Euro eingebrochen, das EBITDA um knapp 20 Prozent auf rund 1,6 Mrd. Euro.

Die aktuelle "Belastung" durch Einmaleffekte im Volumen von 360 Mio. Euro umfasse im Wesentlichen "Sonderabschreibungen aufgrund von Wertminderungen von Vermögensgegenständen" (Impairment). Das sind außerplanmäßigen Abschreibungen, Abwertungen und Vorsorgen (unter anderem für Sanierungskosten). Dies sei "Ausfluss der im letzten Ausblick angekündigten Analyse möglicher Auswirkungen der geänderten globalen ökonomischen Rahmenbedingungen auf die wesentlichen Geschäftsbereiche der voestalpine", hieß es in der heutigen Unternehmensaussendung. Zudem seien - in geringerem Umfang - auch "Vorsorgen für Risiken mit negativen finanziellen Auswirkungen" gebildet worden. Die Einmaleffekte reduzierten das heurige EBIT und seien in einer Höhe von rund 80 Mio. Euro auch EBITDA-wirksam, teilte die voestalpine weiters mit.

Der Sparstift beim Personal

Im Rahmen einer Telefonkonferenz räumt voestalpine-Konzernchef Herbert Eibensteiner ein, dass es auch beim Personal zu Anpassungen kommen werde. "Arbeitsplätze in Österreich sind nicht gefährdet", betonte Eibensteiner späten Montagnachmittag.

Betroffen sind demnach in erster Linie Leasingfirmen. Aber auch bei Überstunden will die voestalpine den Rotstift ansetzen. "Es gibt auch Einsparungen bei Leasingfirmen und wir bauen Überstunden ab, aber wir haben im Moment keine Pläne, in Österreich Kurzarbeit einzuführen", so der CEO. Das Leasingpersonal wird reduziert und freiwerdende Stellen werden nicht nachbesetzt.

Anders ist die Situation an den Standorten in Deutschland. Bei der voestalpine-Tochter Buderus Edelstahl in Wetzlar mit derzeit rund 1.500 Mitarbeitern "haben wir bereits Kurzarbeit und wir können dort auch nicht ausschließen, das es zu einem Arbeitsplatzabbau kommt". Konkret wackeln dort aktuell 325 Jobs: Mit Ende des Kalenderjahres 2019 würden 125 befristete Arbeitsverträge auslaufen, also nicht verlängert. "Und wir erwarten, dass es dort nächstes Jahr zu einem weiteren Abbau von 200 Mitarbeitern kommen wird", sagte Eibensteiner.

Weltweit beschäftigte die voestalpine heuer im ersten Geschäftshalbjahr 51.275 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente), 22.902 davon in Österreich. In guten Zeiten beschäftigt der Konzern global rund 3.000 bis 5.000 Leiharbeiter - das sind etwa 6 bis 10 Prozent aller Arbeitnehmer. Derzeit ist das Unternehmen früheren Angaben im November zufolge "fast bei Null".

Die Bremsspuren der Konjunktur

Den Konzern belasten vor allem die deutlich gebremste Automobilkonjunktur, massive Anlaufschwierigkeiten infolge von Managementfehlern im neuen US-Autowerk in Cartersville, höhere Rohstoffkosten, das international generell schwächere wirtschaftliche Umfeld sowie die US-Strafzollpolitik. Bei letzterer sind die "indirekten Effekte" deutlich schwerwiegender als anfangs eingeschätzt.

Für die Automobilindustrie, mit der die voestalpine zuletzt rund ein Drittel des Umsatzes bzw. des Gewinns erzielte, erwartet das Management "auch im nächsten Jahr eine Entwicklung auf dem aktuell reduzierten Niveau", sagte Eibensteiner heute in dem Conference Call weiters. "Wir sehen keine positiven Zeichen. Wir stellen uns auf ein weiteres schwieriges Jahr ein."

Und vorige Woche hatte die Voest zudem eine empfindliche Kartellstrafe in Höhe von 65,5 Mio. Euro wegen illegaler Preisabsprachen bei Grobblechen in Deutschland ausgefasst.

Schon im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 schockte der Konzern mit einem Gewinneinbruch. Der Nettogewinn ging gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 64 Prozent von 320 Mio. auf 115 Mio. Euro nach unten. Anfang November gab der CEO Herbert Eibensteiner zudem bekannt, dass sich das Management "auf ein weiteres schwieriges Jahr" vorbereite und auch im kommenden Geschäftsjahr 2020/21 keine Verbesserung erwarte.

Die Stärkung der Finanzkraft

Die voestalpine arbeite an der Stärkung der Finanzkraft. "Derzeit laufen mit Hochdruck unsere Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme", erklärte Eibensteiner. Dieses Jahr seien Einsparungen in Höhe von 50 Mio. Euro geplant, nächstens Jahr würden es rund 100 Mio. Euro sein. "Der Fokus liegt darüber hinaus auf Vorräteabbau und Generierung von Cashflow."

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