Aktienblase am US-Markt? Die Alarmsignale mehren sich

Sind die Börsen überhitzt? Sollte man besser Gewinne mitnehmen? Das fragen sich immer mehr Anleger - besonders im stark gestiegen US-Aktienmarkt. Worauf Anleger achten sollten, um rechtzeitig auszusteigen, bevor Börsen drohen einzubrechen.

Aktienblase am US-Markt? Die Alarmsignale mehren sich

Unter den Anlegern geht wieder die Furcht um. Wieder einmal. Diesmal hervorgerufen durch das unglaubliche Kursfeuerwerk, das Corona und seine Begleiterscheinungen ausgelöst haben. Der Börsenwert von "Stay-at-Home-Aktien" ist seit massiv gestiegen.

Immer öfter taucht in Analysen das Wort Aktienblase auf, vor allem im Zusammenhang mit dem US-Technologie-Aktienmarkt. Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet, Facebook, Nvidia und Tesla - die sieben Titel, die stellen zusammen 18 Prozent des US-Technologieaktienindex darstellen, sind steil nach oben gezogen.

Es gibt klare Warnsignale, die in der Vergangenheit einem Börsenbeben vorausgegangen sind, und die mehren sich nun wieder. Die wichtigsten davon in der Analyse.


1. Kurs-Gewinn-Verhältnis

Der am häufigsten verwendete Parameter, ob eine Aktie oder ein Index überbewertet ist, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Das ist eine Kennzahl, die den Börsenkurs einer Aktie anderen ökonomischen Größen wie dem Gewinn pro Aktie, dem EBIT, der Dividende und dem Betriebsergebnis gegenüber stellt.

Ob eine Aktie billig oder teuer ist, hängt stark vom Gewinnwachstum ab und wie die Aktie im Vergleich zu anderen Werten in der Branche bewertet ist. Im Schnitt gilt ein Titel mit einem KGV unter 12 als günstig. Wenn das KGV dagegen über 25 notiert und es sich um kein stark wachsendes Unternehmen oder einen Index handelt, gilt die Aktie als teuer

Gewinnzuwächse drücken Bewertungen

Derzeit sind die Bewertungen großer Indizes, trotz der hohen Kursanstiege, aber nicht hoch. Das liegt an den starken Gewinnzuwächsen. So waren die Gewinne der Unternehmen in den ersten beiden Quartalen 2021 so hoch ausgefallen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Dadurch ist das Kurs/Gewinn-Verhältnis in den USA von über 30 auf 21 gefallen, in Europa und speziell in Deutschland auf 17. Von Mondbewertungen wie vor Blasen in der Vergangenheit kann also derzeit keine Rede sein. Von dieser Ecke droht daher keine Gefahr – möchte man meinen. Doch es ist eine Entwicklung im Rückspiegel betrachtet, speziell in den USA.

Die Gewinne können rasch wieder schrumpfen. Lieferprobleme und steigende Rohstoffpreise tragen jetzt schon dazu bei. In den USA kommt eine nachlassende Kauflust hinzu. So enttäuschte kürzlich der Index, der das Vertrauen der Verbraucher misst. Dieser rutschte auf den tiefsten Stand seit 2011. Die Kauflust der Amerikaner bestimmt das Bruttoinlandsprodukt der USA zu 70 Prozent und beträgt gigantische 16 Billionen Dollar. Der Konsum hat daher überragende Bedeutung, auch für die Börse. Gute Gründe um die Ampel beim Blick auf das künftige Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Rot zu stellen.

Die Aussichten könnten sich allerdings auch aufhellen. Dafür spricht, dass die Volkswirtschaften, auch jene der USA, ihre fiskalpolitischen Impulse fortsetzen werden und die Konsumenten in den USA ihre Verschuldung nicht abbauen und noch genügend Pulver haben, um bei wieder steigendem Vertrauen in die Wirtschaft wieder mehr Geld auszugeben.

Kurssteigerungen im Weltaktienindex stehen durch steigende Firmengewinne auf solidem Fundament

Solange das Gewinnwachstum der Unternehmen, die sich beispielsweise im Weltaktienindex MSCI befinden, steigt, ziehen auch die Börsenbewertungen mit. Quelle: Bloomberg, Grafik DZ Bank.


2. Kapitalzuflüsse an den Börsen

Eine Begleiterscheinung, die in der Vergangenheit oft ein Vorbote von Blasen war, sind die Kapitalzuflüsse an den Börsen. Es sind derzeit vor allem die Notenbanken, die Milliarden in den Markt pumpen. In den USA alleine sind es pro Monat 120 Milliarden Dollar pro Monat. Der Anstieg der globalen Liquidität an den Märkten geht mit der Kursentwicklung des Weltaktienindex MSCI praktisch konform.

Ein Hinweis, dass die Anleger nun vorsichtiger werden, ist, dass sie Geld aus dem US-Aktienmarkt abziehen. So meldete der US-Vermögensverwalter BlackRock beispielsweise im Juli 2021 bei seinem Geschäft mit Aktienindexfonds (ETFs) weltweit einen Rückgang von 45 Prozent. Der Rückgang in Höhe von rund 21 Milliarden Dollar ist weitestgehend auf US-Aktien zurückzuführen. Ein Monat sagt noch relativ wenig aus, doch sollte man die Entwicklung im Auge behalten. Derzeit stehen damit was Mittelzuflüsse an den Börsen anbelangt, die Ampeln nach all den Jahren hoher Zukäufe vor allem durch Zukäufe von den Notenbanken auf Rot. Solange die Notenbanken jedoch Geld in die Märkte buttern, stehen die Chancen gut, dass Rücksetzer nicht von Dauer sind.

Die Geschichte hat gezeigt, dass Blasen vor allem dann platzen, wenn die Zentralbanken beginnen den Geldhahn abzudrehen und ihre Politik des billigen Geldes beenden. Danach sieht es in den USA derzeit nicht aus. Frühestens wird damit 2022 gerechnet, wahrscheinlich aber erst 2023. Demnach dürften die Kursanstiege noch anhalten. US-Aktien halten und weiterhin den Markt genau beobachten, scheint daher das probate Mittel zu sein weiter umsichtige Risikofreude zu sein. Anleger sollten zudem nicht vergessen, dass es außerhalb der USA - etwa in Europa, Japan oder den Schwellenländern - deutlich fairer gepreiste Aktienmärkte gibt.


3. Steigende Inflation

Stark Steigende Inflationsraten haben in der Vergangenheit immer wieder Crashes an den Finanzmärkten ausgelöst. Und auch 2021 steigen die Preise. Viele Vorprodukte haben sich bereits verteuert, Lieferengpässe bei Chips kommen hinzu. Eines der wichtigsten Industriemetalle, Kupfer, erreichte ein Neun-Jahres-Hoch. Der Ölpreis hat sich von seinem Coronaschock-Tief im vergangenen Frühjahr bald vervierfacht.

Die Frage ist nur, ob sich die Inflation verfestigt oder nicht. Sollte das passieren, wäre das für die Börse eine schlechte Nachricht. Je höher der Inflationsanstieg, umso schlechter schneiden die betroffenen Börsen im internationalen Vergleich häufig ab. Denn steigen die Preise, sinken bei vielen Unternehmen auch die Gewinnmargen.

Aktuell ist die Angst vor einer Inflation weit verbreitet, was neben knappem Warenangebot auch stark an der expansiven Geldpolitik liegt. Denn ein Zusammenhang ist klar: steigt die Geldmenge, so steigen vielfach auch die Preise für Waren und Dienstleistungen.


4. Steigende Zinsen

Sinken die Renditen von Anleihen, schichten die Anleger ihr Geld in ertragreichere Aktien um. Darauf war in den vergangenen Jahren stets Verlass. Die lockere Geldpolitik und der damit verbundene milliardenschwere Ankauf von Anleihen durch die Notenbanken, haben die Renditen solider Staatsanleihen, wie jene der meistbeachteten 10-jährigen US-Staatsanleihen gedrückt. Das perfekte Umfeld für Aktien, aber auch Sachwerte wie Immobilien.

Entsprechend groß ist an der Börse die Sorge, dass eine Wende zu steigenden Zinsen und höherer Inflation die Börsenhausse stoppen könnte.

Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass Investoren ihre risikofreudige Haltung gegenüber Aktien überdenken könnten, wenn die Rendite zehnjähriger US-Treasuries deutlich über zwei Prozent steigt. Derzeit sind sie bei 1,3 Prozent, kletterten aber Anfang des Jahres zwischenzeitlich auf 1,7 Prozent. Steigen die Zinsen und die Inflation sind beides Gifte für die Börsen. Doch sie entfalten nur langsam ihre Wirkung


Vorläufige Entwarnung

Trotz vieler Indikatoren, die auf Rot stehen und nichts Gutes verheißen, ist derzeit kein Grund nervös zu werden und aus Aktien auszusteigen. Doch die Lage laufend zu beobachten, ist derzeit sehr wohl angebracht und Vorkehrungen zu treffen, wie etwa das Umschichten in Aktien solider großer Unternehmen und auch einzelne Investments in inflationsgeschützte Anleihen können bei steigender Inflation einen guten Schutz bieten.

Akut sieht es auch für die ganz großen der Tech- und Internetbranche in den USA nicht nach Crash aus. „Man kann von einer Blase sprechen, wenn die Kurse nicht mehr der wirtschaftlichen Realität entsprechen, sondern ihr vorauslaufen“, so Christian Kahler, Analyst der DZ Bank. Obwohl die Bewertung der Aktien im Weltaktienindex hoch ist, könne von einer Blasenbildung keine Rede sein, meint der DZ-Experte und weiter: "Dies sind niedrige Werte angesichts des hohen Wachstums. Eine Blase sieht anders aus. In der Regel steigen die Bewertungen dann auf dreistellige Bewertungsmultiplikatoren."

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