Was vergeht, was bleibt: Wo Ihr Geld auf lange Sicht am sichersten aufgehoben ist

Die Regierungen pumpen weltweit Milliarden in die Wirtschaft. Pessimisten erwarten als Folge eine ausufernde Inflation. FORMAT analysiert, welche Anlageformen noch sicher sind, falls kein Stein mehr auf dem anderen bleibt.

Die aktuelle Finanzkrise kennt klare Gewinner und Verlierer. Wer in Aktien investierte, hat nicht selten die ­Hälfte seines Vermögens verloren, von scheinbar sicheren Immobilienpapieren blieb vom Höchststand sogar nur ein Zehntel übrig. Wer dagegen ganz konservativ seinem guten alten Sparbuch vertraute, ist heute fein heraus. Dank der Liquiditätsklemme der Banken waren im Herbst sogar Topzinsen von mehr als fünf Prozent für ein Jahr Bindung zu holen. Doch was ist, wenn sich die Krise noch weiter verschärft? Was passiert, wenn es den Staaten nicht gelingt, die Probleme zu meistern? Werden dann die Multi-Milliarden, die derzeit aus den Staatsbudgets in den Wirtschaftskreislauf gepumpt werden, über kurz oder lang die Inflation ausufern lassen?

Wenn sich Kredite in Luft auflösen
Pessimisten beginnen bereits das bisher Undenkbare zu denken. Droht uns in der schwersten Rezession seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 ein finanzieller Super-GAU? Kommt am Ende sogar eine Geldentwertung wie im Jahr 1922, die Sparbücher und Geldwerte in Österreich, aber auch in Deutschland und Ungarn fast vollständig vernichtete? Als 1925 die fast wertlose Krone durch den neuen Schilling ersetzt wurde, blieben von den auf 2.318 Milliarden Kronen aufgeblähten österreichischen Sparguthaben lediglich 477 Millionen neue Schilling übrig (siehe Grafik ).

Flucht in Sachwerte?
Wer 1918 ein wohlhabender Sparer war, konnte sich 1925 vom einstigen Vermögen oft nur noch ein einziges Brot leisten. Wer dagegen rechtzeitig ein Haus gekauft hatte, blieb weitgehend ungeschoren und konnte sich zusätzlich noch freuen: Die beim Kauf aufgenommenen Kredite hatten sich über Nacht in Luft aufgelöst. Ist die Flucht in Sachwerte bald wieder ein Gebot der Stunde? FORMAT analysiert, wie wertbeständig die verschiedenen Varianten der Geldanlage von Sparbüchern über Aktien bis zu Immobilien in den großen Krisen der vergangenen 100 Jahre blieben und wo das Geld jetzt am besten aufgehoben ist.

Krisenwährung Gold  
In der momentanen prekären Lage macht das Edelmetall seinem Ruf als sicherer Hort alle Ehren. Der Preis pro Unze kratzt bereits wieder an der 1.000-Dollar-Marke. Und in Euro gerechnet, erreicht Gold sogar neue Allzeit-Rekorde. Die Anleger haben zudem die Geschichte auf ihrer Seite. Seit dem Mittelalter konnte das glänzende Metall seine Kaufkraft in verblüffendem Ausmaß behalten. Das zeigt die Rückrechnung des Wertes seit dem Jahr 1344. Zwar ist Gold, in Kaufkraft gerechnet, noch meilenweit von seinem historischen Höchstwert aus dem Jahr 1492 entfernt. Damals erreichte Gold einen fiktiven Wert von 3.170 Dollar. Die Entdeckung Amerikas ließ dank der enormen Mengen erbeuteten Goldes den Wert sinken. Trotzdem blieb eine Kaufkraft von 400 bis 800 Euro eine ziemlich konstante Richtschnur. Wer sich jetzt Gold in den Tresor legt, muss aber temporäre Rückschläge verkraften können. Jüngstes Beispiel: 2008 gab es Preisschwankungen bis zu 25 Prozent.

Wiederaufbau freute Aktienbesitzer
Das vermeintlich sichere Sparbuch hat sich hingegen nicht nur in der Zeit der Hyperinflation der Zwanzigerjahre, die gerade einmal ein Zehntausendstel des Wertes übrig ließ, als Problemfall erwiesen. Auch die Währungsreform von 1947, in der drei Reichsmark in einen Schilling getauscht wurden, reduzierte das Geld der Sparer, wenn auch weit weniger drastisch. Das Schicksal der Währung teilten auch andere Geldwerte wie Anleihen oder Lebensversicherungen. In den Wirren rund um den 2. Weltkrieg waren Aktienbesitzer oft besser unterwegs. Zwar sorgten die Kriegsschäden für Produktionsausfälle. Dafür brachte aber der Wiederaufbau rasch wieder neue Aufträge. Das Beispiel der Wienerberger-­Aktie zeigt, dass die rückgerechnete Kaufkraft stark schwankte, aber im Wesentlichen doch erhalten blieb (siehe Grafik: 1900 bis 1924 , Grafik: 1927 bis 2009 ).

Sparer überstanden Schwarzen Freitag
In anderen Krisenphasen waren dafür Geldwerte tatsächlich ein weit soliderer Hafen als Aktien. So gingen in der Börsenkrise nach dem Schwarzen Freitag 1929 in Amerika 89 Prozent des Kurswertes von Aktien verloren (siehe Grafik ). Wien war mit Verlusten von rund 50 Prozent etwas weniger betroffen. Sparguthaben haben die Weltwirtschaftskrise gut überstanden – vorausgesetzt, die Hausbank war nicht bei einer der zahlreichen Bankenpleiten mit dabei. Übrigens sind in den vergangenen 100 Jahren weit mehr Banken als Versicherungen insolvent geworden. Während der Kollaps der Riegerbank oder der Diskontbank erst ein paar Jahre zurückliegt, wurde das Vertrauen in die Assekuranzen zuletzt 1936 erschüttert. Damals krachte der Lebensversicherer Phönix in sich zusammen. Allianz-Sprecherin Marita Roloff: „Die Ursache war aber nicht die Wirtschaftskrise, sondern eine extreme Expansion in Verbindung mit krassen Managementfehlern.“

Die sicheren vier Wände  
Auch Häuser kamen meist gut über die Zeit. Bei Wiener Immobilien ist der reale Wert oft unter dem Strich erhalten geblieben, wenn die Objekte laufend instand gehalten wurden. Voraussetzung sind aber eine gute Lage und eine stabile Bausubstanz. Waldbesitzer müssen je nach Situation am Holzmarkt etwas größere Schwankungen hinnehmen. Zwischen 1977 und 1995 pendelte der nominelle Preis pro Quadratmeter laut Archiven der Bundesforste zwischen 0,30 und 1,50 Euro, aktuell muss man mit rund einem Euro rechnen. Aus der Bewirtschaftung selbst sind etwa ein bis zwei Prozent Jahres­rendite erzielbar. Die Vergangenheit zeigt, dass es keine Veranlagung gibt, die sich in allen Krisenszenarien bewähren konnte.

Geld- und Sachwerten kombinieren
Letztlich ist ein Mix aus Geld- und Sachwerten das verlässlichste Fundament für einen langfristigen Vermögenserhalt. Wer dagegen angstgetrieben alles in ein Produkt umzuschichten versucht, kann leicht auf dem falschen Fuß erwischt werden. Das gilt auch für eine übertriebene Sorge vor einer Inflation. Ob diese in den nächsten Jahren wirklich ausufert, ist fraglich. Momentan droht jedenfalls der westlichen Welt eher das Schicksal Japans mit einer längeren Phase gedämpften Wachstums und relativ geringer Teuerung sowie niedriger Zinsen (siehe Artikel ). Das spräche für Sparformen mit längeren Fixzinsen.

Kredite mit fixen Zinsen
Sollte dagegen doch noch die Teuerung überhand nehmen, wäre mancher, der jetzt neue Schulden für ein Investment in Immobilien macht, fein heraus. Allerdings müssten dafür als Grundvoraussetzung die Kreditzinsen rechtzeitig und langfristig fixiert werden. Das sollten auch Schuldner mit bestehenden variabel verzinsten Krediten bedenken. Das Beispiel der Siebzigerjahre zeigt, wie schnell sich die Zinsen in die Höhe schrauben können. Ein Punkt, den auch Anleihenkäufer im Auge behalten müssen. Mit langlaufenden Anleihen, auch wenn diese von bester Qualität sind, sind in Phasen steigender Zinsen empfindliche Kursverluste möglich. Ein Ausweg ist der Kauf von speziellen Anleihen mit Inflationsschutz, die auch als Fonds erhältlich sind.

Hoffen auf Obama
Welche Anlagevarianten in den kommenden Jahren am bes­ten punkten, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der USA ab. Vieles ist dabei eine Frage der Psychologie. Wenn es dem neuen US-Präsidenten gelingt, durch seine massiven Konjunkturpakete den Bürgern das verlorene Vertrauen in die Wirtschaft zurückzugeben, könnte die Börse schon rasch wieder anspringen. In zwei Börsenkrisen, der nach dem Ölschock 1973 und der nach dem Platzen der Internetblase im Jahr 2000, markierte ein Kursverlust von rund 50 Prozent den Wendepunkt nach oben. Die Vorreiterrolle dürften die USA spielen, die auch als Erste in die Krise gerutscht sind. Europa wird wohl um einige Monate hinterherhinken. Gerade österreichische Aktien, die in den vergangenen Monaten im internationalen Vergleich besonders zerzaust wurden, hätten dann besonders viel Potenzial. Das gilt ganz speziell für die hinuntergeprügelten Immobilienaktien. Es bleibt nur die Frage, wann der vorhandene Sachwert an der Börse auch wieder zu einem Geldwert wird.

Fazit
Sparen:  Ein Sparbuch bleibt unter der Voraussetzung, dass kein – letztlich extrem unwahrscheinliches – Katastrophenszenario eintritt, eine solide Basis jeder Geldanlage.
Anleihen:  Grundsätzlich sicher, aber in Zeiten steigender Zinsen drohen Kursverluste.
Immobilien:  Ein Investment ist wegen hoher Transaktionskosten nur auf längere Sicht sinnvoll, kann aber dafür bei dem Kauf von Qualitätsobjekten Werte über Generationen erhalten.
Gold:  Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte erstaunlich wertstabil. Als sicherer Bestandteil in jedem ­Anlage-Mix sinnvoll.
Aktien:  Als Sachwert in extremen Krisen wertbeständiger als Geldwerte. Und in guten Phasen die Veranlagung mit den höchsten Gewinnchancen – auch in der Erholungsphase nach einem Börsencrash.

Von Ingrid Krawarik, Martin Kwauka, Robert Winter