Steuerflucht in die Schweiz: Immer mehr US-Bürger wollen ihren Pass loswerden
Rund 1.780 Amerikaner im Ausland verzichteten vergangenes Jahr in US-Botschaften auf ihren Pass, während es 2008 erst 235 waren. Diese Zahlen nennt Andy Sundberg von der Overseas American Academy in Genf. Er beruft sich auf Daten vom US-Federal Register, dem Amtsblatt der Vereinigten Staaten. Die Botschaft in Bern versetzte Personal, um den Rückstau an Anträgen abzuarbeiten.
Die USA sind das einzige Land innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das seine Staatsbürger unabhängig von ihrem Wohnort besteuert. Die jüngsten Anstrengungen der USA, geheimen Konten im Ausland auf die Schliche zu kommen, lassen die mehr als sechs Millionen im Ausland lebende Amerikaner nachdenken, ob sich das Halten eines US-Passes finanziell lohnt.
Los ging es mit den Nachwehen von der UBS und anderen Nicht-US-Banken, die es bald als zu risikoreich empfanden, mit Amerikanern im Ausland zu tun zu haben, sagte Matthew Ledvina, ein US-Steueranwalt in Zürich.
Schweizer Hilfe für US-Steuerhinterzieher
Im Jahr 2009 hatten die USA der UBS vorgeworfen, US-Kunden bei der Steuerhinterziehung zu helfen. Gegen die Zahlung von 780 Mill. Dollar konnte der Branchenführer eine Strafverfolgung verhindern. Auch musste die UBS zugeben, Steuerhinterziehung unterstützt zu haben. Die Daten zu rund 4.700 Konten wurden den US-Ermittlern zugänglich gemacht.
Am 15. Juli 2011 erklärte die Credit Suisse, sie sei Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen, bei denen es um grenzüberschreitende private Bankdienste gehe. Sechs Tage später wurde Anklage gegen sieben ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der Bank erhoben. Sie sollen Teil einer Verschwörung mit dem Ziel gewesen sein, US-Kunden durch geheime Konten bei der Steuerhinterziehung zu helfen.
Wegelin & Co., die 270 Jahre alte Schweizer Privatbank aus St. Gallen, war schließlich die erste Schweizer Bank, gegen die direkt am 2. Februar in den USA strafrechtliche Anklage erhoben wurde.
Die Anzahl der Menschen, die in der Schweiz auf ihre US- Staatsbürgerschaft verzichten, ist überdurchschnittlich hoch. Das sagte Martin Naville, der Direktor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer in Zürich. Nach dem UBS-Fall und den Ermittlungen der US-Behörden bei 11 anderen Schweizer Finanzdienstleistern würden in der Schweiz lebende Amerikaner mit besonders strengen Nachforschungen der US-Behörden rechnen.
Während einer zehn Minuten andauernden Zeremonie zur Abgabe der US-Staatsbürgerschaft in einer Kabine mit schusssicherem Glas fragen Mitarbeiter der US-Botschaft betroffene Amerikaner, ob sie ihren Pass auch wirklich freiwillig abgeben und ob sie die Folgen dieser Entscheidung verstehen.
450 Dollar, und die Sache ist erledigt
Geht alles glatt, dann bezahlen sie eine Gebühr von 450 Dollar - und sind fortan keine Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika mehr. Zudem müssen sie möglicherweise auch eine Ausstiegssteuer begleichen auf nicht realisierte Kapitalerträge. Das gilt dann, wenn ihr Vermögen die Summe von zwei Mill. Dollar übersteigt oder ihre durchschnittliche jährliche Steuerpflicht in den USA in den fünf vorangegangenen Jahren 151.000 Dollar überstieg.
Am Ende erhalten die Ex-US-Bürger ein Zertifikat, welches ihnen innerhalb von drei Monaten zugestellt wird. Es bestätigt, dass sie nicht länger Bürger des Landes sind und nicht länger die Dienste des Staates nutzen sowie den Schutz durch die US- amerikanische Regierung genießen können.
Die Botschaft in Bern wollte auf Nachfrage von Bloomberg News keine Stellungnahme zum Thema abgeben. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums erklärte, ihr Haus veröffentlichte keine genauen Jahreszahlen. Sie sagte lediglich, dass im Schnitt
etwa 1.100 Menschen ihre Staatsbürgerschaft abgeben.
Bloomberg/hahn