Renditen auf Eis

Anleger müssen sich auf lange frostige Zeiten mit tiefen Zinsen gefasst machen. Nur wer clever anlegt und Spesen spart, kommt in den nächsten Jahren noch auf seine Rechnung.

Noch nie war es so billig, eine Milliarde Euro Schulden zu machen. Als die Republik Österreich Anfang der Woche ihre neue fünfjährige Staatsanleihe verkaufte, gaben sich die Investoren schon mit einer Rendite von 1,41 Prozent zufrieden. Das Ganze ist angesichts einer Inflationsrate von 2,4 Prozent ein sicheres Verlustgeschäft für die Anleger. Sie können sich, wenn die Papiere im Jahr 2017 gekündigt werden, auf einen kräftigen Kaufkraftverlust gefasst machen. Bei kurzfristigen Veranlagungen fällt die Rechnung meist noch ernüchternder aus. Der Euribor als Referenz für kurzfristige Einlagen ist bereits unter 0,7 Prozent gesunken, Tendenz: weiter fallend.

Leitzinsen bis 2014 niedrig?

Die Tiefzinsphase könnte länger dauern, als viele Anleger glauben. So hat die US-Notenbank offiziell angekündigt, die Leitzinsen bis zum Jahr 2014 praktisch auf null zu halten. Die Europäische Zentralbank EZB könnte ihren aktuellen Satz von einem Prozent sogar noch später anheben. Michael Krautzberger, Chef des europäischen Anleihenteams von Blackrock, der größten Fondsgesellschaft der Welt: "Zwar verpflichtet sich die EZB traditionell nicht so lange. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Euro-Banker noch länger bei einem Prozent bleiben oder sogar noch weiter nach unten gehen.“

Schließlich ist die EZB ein gebranntes Kind. Zwei Versuche, die Leitzinsen zur Inflationsbekämpfung zu erhöhen, endeten rasch mit einem Kommando zurück. Ein drittes Mal werden die Frankfurter Notenbanker wohl kaum vorpreschen, sondern den ersten Schritt den Kollegen in den USA überlassen, zumal die Wirtschaft dort erste zarte Signale einer Konjunkturerholung aussendet, während die Euro-Schuldenkrise wieder eskaliert.

Noch unerfreulicher ist die Lage am langen Ende der Zinskurve. Hier müssen die Anleger nicht nur mit negativen Realverzinsungen leben, sondern auch noch das latente Risiko in Kauf nehmen, dass die Kurse der Anleihen kräftig fallen. Bei zehnjährigen Austro-Bonds bekommen Anleger derzeit 2,6 Prozent als laufende Bruttoverzinsung vor KESt. Falls aber das allgemeine Zinsniveau um ein Prozent steigt, drohen rund neun Prozent, also mehr als der dreifache Jahresertrag, als Kursverlust.

Für Anleger ist diese Situation mehr als unangenehm. Erstens gibt es seit dem Ausbruch der Finanzkrise keine absolut sicheren Anlageformen mehr, andererseits droht ein schwärender Geldschwund. Und der kann angesichts der leeren Staatskassen möglicherweise sogar Jahrzehnte dauern. Peter Bosek, Vorstand der Erste Bank: "Negative Realzinsen sind die perfekte Lösung für Staaten, sich zu entschulden“ (siehe Interview ). Nachsatz: "Wir haben eine solche Periode zwischen 1950 und 1980 erlebt.“ Das heißt: Die sprichwörtlichen sieben mageren Jahre könnten sich durchaus über mehrere Jahrzehnte erstrecken.

Wege aus der schleichenden Enteignung. Klar ist: Nicht nur konservativen Sparern droht in einem solchen Szenario ein permanenter Kaufkraftverlust. Auch mit einem Euro-Anleihendepot oder einer konservativen Lebensversicherung ist es schwer, den Realwert des Vermögens zu bewahren. Das gilt umso mehr, als die Spesen immer noch auf einem Niveau verharren wie vor 20 Jahren, als sichere Renditen von sieben Prozent und mehr zu verdienen waren. Wer sich nicht wie die breite Masse der Anleger schleichend enteignen lassen will, muss selbst aktiv werden.

Ein sinnvoller Ausweg ist die flexible Veranlagung des Vermögens. Gerade in Phasen extrem schwankender Börsen lässt sich naturgemäß auch viel Geld verdienen. So haben Besitzer von US-Aktien allein seit Oktober 2011 gut 28 Prozent verdient. Der Haken: Die meisten Anleger trauen sich gar nicht mehr, irgendein Risiko einzugehen, und verpassen damit alle Chancen. Und Garantieprodukte mit zusätzlicher Börsenchance sind dünn gesät, weil die Konstruktion wegen der tiefen Zinsen als Sicherheitskomponente extrem schwierig bis unmöglich ist.

11,7 Prozent Ertrag seit Mai 2002

Trotzdem ist es keine besondere Kunst, das Geld auch in schwierigen Zeiten zu vermehren. Das (ziemlich offensichtliche) Geheimnis lautet: breite Streuung und ein Standbein in den Wachstumszonen der Erde, den Schwellenländern. So hat der Emerging-Market-Aktienfonds Magellan des betont soliden französischen Fondshauses Comgest in den vergangenen zehn Jahren 11,7 Prozent Rendite erzielt (siehe Grafik). Da bleibt auch nach Abzug von Steuern und Spesen viel für die Anleger übrig.

Wer etwas schaumgebremster unterwegs sein will, findet im Mischfonds Carmignac Patrimoine ein ertragreiches Vehikel. Durch eine Beimischung von etwa 30 Prozent Schwellenland-Investments und flexibles Variieren der Aktienquote hat der ebenfalls in Frankreich verwaltete Fonds in den vergangenen zehn Jahren das Ursprungsvermögen mehr als verdoppelt. Erste-Banker Bosek sieht in solchen Fonds, die die Aktienquote in einer weiten Bandbreite an die Börsensituation anpassen, eine sinnvolle Lösung in Zeiten eines lang andauernden Anlagenotstandes.

Spesen unter Kontrolle

Je weniger die Kapitalmärkte hergeben, desto wichtiger ist es, wenigstens nicht zu viel Spesen zu zahlen. Wer nicht aufpasst, trägt immer noch Kosten wie in den einst üppigen Jahren und überlässt einen Gutteil, im schlimmsten Fall sogar allen Gewinn Banken und Versicherungen beziehungsweise ihren Vermittlern.

Tipp: Analysieren Sie, was Sie selbst in den vergangenen Jahren verdient haben und wie hoch der Abzug für Spesen ausfiel. Bei Fonds lohnt ein Blick auf die Totalkostenbelastung (TER), etwa über morningstar.at, und gegebenenfalls ein Wechsel zu gleich guten, aber günstigeren Produkten. Bei Versicherungen hilft - Stichwort Direktionspolizzen - ein Abschluss von spesenreduzierten oder gar provisionsfreien Polizzen, um doch noch gut über viele frostige Jahre zu kommen.

Weiterführende Links: morningstar.at

- Martin Kwauka