Die jüngsten Details der neuen Wertpapier-KESt

Was Sie bei Aktien, Fonds, Optionen, Zertifikaten und Anleihen beachten müssen, um der neuen Kursgewinn-Abgabe möglichst lange zu entgehen.

Seit Dienstag dieser Woche gibt es mehr Klarheit über die geplante Wertpapier-KESt, weil jetzt der offizielle Gesetzestext vorliegt. Gegenüber dem schon länger bekannten Erstentwurf haben sich einige wichtige Änderungen in Detailfragen ergeben. Einige Regelungen wurden entschärft (etwa bei Erbschaft und bei Fonds), andere verschärft (etwa bei Einmalerlägen). Unverändert gültig ist das Prinzip, dass es aus steuerlichen Gründen sinnvoll ist, Aktien noch heuer zu kaufen, weil man dadurch der künftigen KESt auf Kursgewinne von 25 Prozent entgeht. FORMAT analysiert, worauf Anleger jetzt achten sollten, um der neuen Steuer noch möglichst lange zu entgehen. 1.Die neue KESt gilt für Aktien, Fonds und alle anderen Wertpapiere. Die offiziell Vermögenszuwachssteuer genannte Abgabe betrifft grundsätzlich alle Wertpapapiere, die ab dem 1. 1. 2011 gekauft werden und ab dem 1. 10. 2011 verkauft werden. Wenn man zum Beispiel im Jänner 2011 Aktien für 5.000 Euro kauft und im Jänner 2012 für 9.000 Euro verkauft, werden von den 4.000 Euro Kursgewinn 25 Prozent, also 1.000 Euro, automatisch von der Bank eingezogen und anonym an das Finanzamt überwiesen. Hat man die Aktien dagegen schon heuer oder noch früher gekauft, bleibt man von der neuen Steuer auch in Zukunft verschont. Kauft man Wertpapiere im Jänner 2011 und verkauft sie nach zwei Monaten, fällt noch keine KESt an (weil die Banken die EDV-Umstellung noch nicht schaffen). Allerdings muss man dann einen Gewinn selbst in der Einkommenssteuererklärung angeben (was in der Praxis oft ignoriert wird). 2.Sonderregelungen für Anleihen, Zertifikate und Derivate. Anders als für Aktien und Fonds ist der Kaufstichtag für Optionen und sogenannte Forderungswertpapiere (wie etwa Anleihen) nicht der 1. 1. 2011, sondern der 1. 10. 2011. PwC-Steuerexperte Thomas Strobach: „Hier öffnet sich ein neuer Spielraum, der KESt noch länger zu entkommen.“ Bei Anleihen muss zwar weiterhin KESt auf Zinsen gezahlt werden, etwaige Kursgewinne kann man aber noch steuerfrei behalten, wenn man bis Ende September ordert. Auch spezielle Zertifikate, die bisher noch KESt-frei waren (etwa bestimmte Altemissionen oder Turbozertifikate), können laut dem geplanten Gesetz noch bis September steuergünstig erworben werden. 3.Lebensversicherungen und Gold bleiben weiter KESt-frei. Lebensversicherungen (inklusive Fondspolizzen) und die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge sind von der neuen Steuer nicht betroffen. Das gilt auch für physisches Gold und andere Wertanlagen, die keine Wertpapiere sind. Achtung: Bei Lebensversicherungs-Einmalerlägen wird die steuerliche Mindestlaufzeit von bisher 10 auf 15 Jahre erhöht, und zwar schon für Verträge, die ab 1. 1. 2011 abgeschlossen werden (bisher war der 1. 7. 2011 vorgesehen). 4.Die reichlich komplizierten Regeln für Investmentfonds. Für Fonds fällt künftig Wertpapier-KESt auf zwei Ebenen an. Die erste Ebene betrifft die Kursgewinne, die innerhalb des Fonds erzielt werden, die zweite Ebene die Profite beim späteren Verkauf der Fondsanteile durch den Anleger. Auf der internen Fondsebene galt schon bisher eine – allerdings ziemlich kulante – KESt. Lediglich 20 Prozent der Gewinne waren mit 25 Prozent zu versteuern, was eine tatsächliche Steuerquote von fünf Prozent ergab. Ab dem 1. Juli steigt die effektive Steuerquote auf 7,5 Prozent, ab 1. 1. 2012 auf zehn Prozent, ab 1. 1. 2013 auf 12,5 Prozent und ab 1. 1. 2014 auf den Dauersatz von 15 Prozent (das heißt, 60 Prozent der Kursgewinne unterliegen dann der KESt). Diese interne Fondsbesteuerung ist unabhängig davon, wann der Fonds gekauft wurde, betrifft also auch Altbestände. Die zweite Steuerebene beim Fondsverkauf durch den Investor betrifft dagegen nur diejenigen, die die Fonds erst ab dem 1. 1. 2011 kaufen. Hier wird für den gesamten Kursgewinn KESt fällig. Allerdings wird die KESt, die schon in der ersten internen Ebene kassiert wurde, angerechnet. Das heißt: Für Fondskäufe ab Jänner werden 25 Prozent KESt fällig, für frühere Fondsorders maximal 15 Prozent. BDO-Steuerberater Karl Bruckner: „Es macht sich also durchaus bezahlt, wenn man jetzt noch kauft.“ 5.Kein Steuerrabatt für Aktienspesen, teilweise aber für Fondsspesen. Die Gebühren beim An- und Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren dürfen nicht von etwaigen Kursgewinnen abgezogen werden und wirken nicht steuermindernd. Die Spesen, die innerhalb des Fonds entstehen (etwa Ordergebühren), sind aber ein Abzugsposten. Dies ist langfristig ein Vorteil für Fondseigner. 6.So werden Gewinne und Verluste gegengerechnet Wer Aktien mit Gewinn verkauft, muss sofort KESt zahlen. Verluste können erst in der Einkommenssteuererklärung zurückgefordert werden. Im Gespräch ist aber, dass die Banken die Gewinne und Verluste eines Kunden saldieren dürfen; dieser Punkt ist noch offen. Der Super- GAU entsteht, wenn ein Anleger in einem Jahr unter dem Strich Verluste erzielt. Diese verfallen und dürfen (anders als in Deutschland) nicht mit Gewinnen kommender Jahre gegengerechnet werden. Bei Fonds ist die Regelung erfreulicher: Intern erzielte Kursgewinne und -verluste dürfen gegengerechnet werden. Falls ein negativer Saldo bleibt, können die Verluste steuerlich auf kommende Jahre übertragen werden und verfallen deshalb nicht. 7.Eine Erbschaft der Schenkung ist steuerlich unbedenklich. Anders als im ersten Entwurf geplant, ändert eine unentgeltliche Weitergabe von Wertpapieren nichts am Status der KESt-Freiheit eines vor 2011 gekauften Wertpapiers. 8.Die Bestimmungen sind erst nach dem 22. Dezember fix. In den Parlamentsausschüssen können sich noch kleine Details des Gesetzes ändern, das Grundgerüst ist aber klar. Am 22. Dezember soll die Wertpapier-KESt endgültig beschlossen werden. Danach könnte nur noch das Verfassungsgericht Bestimmungen aufheben.

– Martin Kwauka