Das Fundament der Immo-Aktien wird immer stabiler
Die Geschäfte der Immo-Unternehmen laufen immer besser, die Aktienkurse bleiben trotzdem zurück. FORMAT analysiert, welche Papiere jetzt die besten Chancen auf einen neuen Höhenflug bieten.
Immobilien sind neben Gold der Inbegriff von Sicherheit. Kein Wunder, dass sich Investments in Grund und Boden gerade in der aktuellen Staatsschuldenkrise wachsender Beliebtheit samt steigender Preise erfreuen. Nicht gestiegen sind allerdings in den vergangenen zwölf Monaten die Kurse heimischer Immobilienaktien. Im Vergleich zum Stand von vor fünf Jahren ist der Immobilien-ATX sogar um 60 Prozent gefallen.
Schatten der Vergangenheit
Wie ist der Widerspruch zwischen steigendem Interesse an Sachwerten und der schwachen Kursentwicklung der Immo-Aktien zu erklären? Thomas Neuhold, Leiter des Analysehauses Kepler Capital Markets Österreich: "In den vergangenen Jahren haben Skandale, etwa um Immofinanz und Meinl European Land, internationale Investoren abgeschreckt. Die Altlasten wurden aber beseitigt, die Restrukturierungsprogramme werfen Früchte ab. Die Unternehmen konzentrieren sich jetzt nicht mehr auf rasantes Wachstum durch Portfolioerweiterung, sondern arbeiten vor allem an der Verbesserung der Finanzstärke. Die Bilanzen des Jahres 2011 fielen deshalb durch die Bank erfreulich aus. Die höheren Cashflows kommen den Anlegern in Form von Dividendenzahlungen zugute.
Spitzenreiter ist die Immofinanz Group mit einer Dividende von 15 Cent pro Aktie im heurigen Jahr. Für 2013 ist sogar eine Ausschüttung von 20 Cent pro Wertpapier geplant, was zum aktuellen Kurs einer attraktiven Dividendenrendite von 8 Prozent entsprechen würde. Günther Artner, Analyst der Erste Group: "Wir sehen die Immofinanz als attraktivsten Wert unter den von uns beobachteten österreichischen Immo-Aktien und haben eine Kaufempfehlung mit dem Kursziel von 3,40 Euro ausgesprochen. Die Immofinanz ist günstig bewertet und bietet gleichzeitig die höchste Dividendenrendite. Und die Ausschüttung ist noch dazu Kest-frei für österreichische Privatanleger. Die Vollübernahme eines der größten Shoppingcenter Europas in Moskau wird sich außerdem positiv auf die Mieteinnahmen auswirken und den Anteil an russischen Verkaufsflächen wesentlich stärken. Auch Kepler-Analyst Neuhold gefällt die Immofinanz am besten: "Der Zukauf in Russland, der hohe Abschlag zum inneren Wert und die Cashflow-Situation stimmen sehr positiv. Unser Kursziel für die Aktie liegt bei 4,10 Euro. Martin Rupp, Manager des Aktienfonds 3 Banken Immo-Strategie, hat ebenfalls die Immofinanz im Portfolio - größtenteils wird die Position über Wandelanleihen abgedeckt. Rupp: "Die Immofinanz gefällt uns vor allem aufgrund der sprudelnden Einnahmen und der hohen Dividenden.
Günstig bewertet
Klar ist: Gemessen am Verhältnis von Aktienkurs zum inneren Wert aller Immobilien (Net Asset Value, NAV), sind alle Gesellschaften spottbillig. Die Papiere notieren alle mehr als 50 Prozent unter dem NAV pro Aktie. Diese Kennzahl ist der anteilige Wert aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände eines Unternehmens abzüglich der Verbindlichkeiten. Je höher die Differenz zwischen Börsenkapitalisierung und NAV, desto günstiger ist eine Aktie. Die Immo-Aktien erweisen sich in dieser Hinsicht als sehr attraktiv, weshalb viele Analystenempfehlungen vorliegen.
Artner: "Wir haben die CA Immo mit einem Kursziel von10,70 Euro auf Kaufen eingestuft. Die Aktie wird unserer Meinung nach von den Investoren zu stark für ihr Osteuropa-Engagement und ihren Verschuldungsgrad abgestraft. 46 Prozent des Immobilienportfolios liegen jedoch in Deutschland, gefolgt von 40 Prozent in Osteuropa. Aufgrund des hohen Anteils von Entwicklungsprojekten in Deutschland stammen aber derzeit noch knapp über 50 Prozent der Mieten aus Osteuropa.
Der Verschuldungsgrad der CA Immo stieg im Zuge der Europolis-Übernahme an, sollte jedoch mit dem geplanten Verkauf des Frankfurter Großprojekts Tower 185 Anfang nächsten Jahres wieder zurückkommen. Weiters zahlte das Unternehmen Mitte Mai erstmals eine Dividende von 0,38 Euro, was einer attraktiven Dividendenrendite von rund 4,5 Prozent entspricht. Artners Fazit: "Wir denken, dass sich die Bedenken der Investoren hinsichtlich des hohen Verschuldungsgrads und des Osteuropa-Portfolios im Laufe des Jahres aufhellen sollten, wenn der Tower-Verkauf näherrückt und auch Verkäufe aus dem Osteuropa-Portfolio, vor allem in Polen, erfolgreich abgeschlossen werden. Die CA Immo legte vergangenen Montag gute Zahlen für das erste Quartal 2012 vor: Die Mieterlöse stiegen im Vergleich zum Anfangsquartal des Vorjahres um 12,8 Prozent auf 72,4 Millionen Euro. Das Nettoergebnis kletterte um 23,1 Prozent auf 65,6 Millionen Euro. Das Management führt dies vor allem auf zusätzliche Mieterträge aus fertiggestellten Eigenentwicklungen zurück.
Auf der Empfehlungsliste von Artner und Neuhold findet sich auch die S Immo. Artner: "Die Gesellschaft hat zuletzt alles richtig gemacht. Die Verschuldung wurde einerseits langsam über Verkäufe von Immobilien reduziert, die über Buchwerten erfolgten. Andererseits konnte das tiefe Kursniveau bei der Aktie für Rückkäufe genutzt werden. Artner sieht weiteres Aufwärtspotenzial für die Aktie und hat aktuell ein Kursziel von 5,20 Euro mit einer Akkumulieren-Empfehlung auf Sicht von zwölf Monaten vorgegeben. Der Haken für Freunde hoher Ausschüttungen: Die 0,10-Euro-Dividende bleibt klar hinter den Ausschüttungen anderer Immo-Werte zurück.
Conwert ist für Neuhold einen Kauf wert, das Kursziel liegt bei 11,10 Euro. "Das Unternehmen hat sich auf Wohnimmobilien spezialisiert. Dieser Bereich ist stabiler als Büroimmobilien oder Einzelhandelsobjekte. Im Gegensatz zu Immofinanz, s Immo und CA Immo ist Osteuropa für conwert nur ein Randthema, 6 Prozent des gesamten Immobilienvermögens finden sich in dieser Region. 48 Prozent des Portfolios machen österreichische und 46 Prozent deutsche Immobilien aus. Die Konzentration auf den kaum konjunkturabhängigen Wohnungsmarkt in Österreich und Deutschland macht conwert zu einer konservativen Anlageempfehlung. Das Interesse des Strabag-Konzernchefs Hans Peter Haselsteiner, den Aktienanteil bei conwert weiter in Richtung 25 Prozent aufzustocken, könnte nicht nur die Profitabilität erhöhen, sondern auch den Kurs unterstützen. Artner fühlt sich mit seiner Halten-Empfehlung für conwert derzeit recht wohl - Kursziel: 10,30 Euro.
Gefallener Engel
Aus der Versenkung könnte sich Atrium, die frühere Meinl European Land, zurückmelden. 3-Banken-Fondsmanager Rupp: "Die Rechtsstreitigkeiten dürften der Vergangenheit angehören. Das Unternehmen weist einen sehr geringen Verschuldungsgrad auf und ist in den riskanteren Märkten Rumänien und Ungarn kaum vertreten. Der Schwerpunkt liegt in den stabilen Ländern Polen und Tschechien. Ich habe im Fonds eine kleine Atrium-Position aufgebaut.
Fazit: Das Fundament der Immo-Aktien wird immer stabiler. Das schlechte Aktienklima hält die Kurse trotzdem noch auf tiefem Niveau gefangen. Wer jetzt einsteigt, ist aber mit im Fahrstuhl nach oben, wenn der Börsenwind dreht.