Comeback des Growth-Investment
Growth-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback. Viele Unternehmen schaffen es auch in Zeiten der Krise, die Gewinne nachhaltig zu erhöhen. Die Börse honoriert diese Konstanz mit kräftigen Kurssteigerungen.

Zugegeben, im Jahr 2009 gab es eine kleine Delle beim Gewinnwachstum. Aber sonst schaffte der steirische Maschinenbauer Andritz das Kunststück, die Profite jedes Jahr kräftig zu steigern. Die Gesamtbilanz seit 2002: Der Gewinn pro Aktie stieg um das Zehnfache, der Aktienkurs sogar um das 15fache.
Es gibt sie also noch, die Wachstumstitel. Nur sind sie in ganz anderen Branchen zu finden, als die Anleger einst auf dem Höhepunkt der Internetblase rund um das Jahr 2000 vermuteten. Etwa im Bekleidungssektor, einem Teil der früher verschmähten Old Economy. Die Zahl der weltweiten Filialen des spanischen Unternehmens Inditex ("Zara) wächst jedes Jahr um zehn Prozent. Die Gewinne steigen sogar noch konstanter als bei Andritz, in den vergangenen zehn Jahren gingen die Erträge kein einziges Mal zurück.
Die einst hoch gehypten Telekomfirmen machen sich dagegen heute gegenseitig das Leben schwer und leiden unter immer weiter sinkenden Preisen. Auch bei Technologieaktien sieht es kaum besser aus. Viele Unternehmen sind längst pleite. Selbst Nokia, früher das europäische Parade-Technologieunternehmen, kämpft um das Überleben.
Bei den Aktionären ist die Botschaft, dass die Gewinne vielerorts wieder kräftig sprudeln, noch nicht wirklich angekommen. Viele, so DWS-Fondsmanager Nils Ernst, lecken noch ihre Wunden aus der Zeit der Jahrtausendwende und lassen sich allenfalls für konservative Anlagestrategien begeistern.
Jedes Jahr höhere Gewinne
Dabei kann man mit dem Thema Growth längst wieder gut verdienen. Ein gutes Beispiel ist der Europa-Aktienfonds Spängler Quality Growth Europe. In den vergangenen fünf Jahren, in denen die Konkurrenz kräftig verlor, hat der Fonds im Schnitt um vier Prozent per annum zugelegt. Im Schnitt der vergangenen drei Jahre lag die Durchschnittsrendite sogar bei 17 Prozent. Franz Weis, in Paris ansässiger externer Fondsmanager des Spängler-Fonds: "Die Gewinne der Unternehmen, deren Aktien wir im Fonds halten, haben jedes Jahr zugelegt, selbst auf dem Höhepunkt der Krise in den Jahren 2008 und 2009. Obwohl auch die Aktienkurse mitgestiegen sind, bleiben die Titel an der Börse mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 19 immer noch vernünftig bewertet. Qualität, sprich: die Fähigkeit, die Gewinne auch in Zeiten schwacher Konjunktur zu steigern, habe eben ihren Preis. Inditex notiere sogar bei einem KGV von 22, schaffe aber dafür das Kunststück, selbst im krisengeschüttelten Heimmarkt Spanien auf Wachstumskurs zu bleiben.
Weitere Aktien auf der Liste des Spängler-Fondsmanagers Weis tragen ebenfalls bekannte Namen, etwa die schwedische Textilkette Hennes & Mauritz oder das französische Luxushaus LVMH. Klassische Technologietitel finden sich dagegen kaum. Weis: "Die gefragten Produkte ändern sich, siehe Handy-Erzeuger, sehr rasch. Da halte ich lieber das deutsche Software-Unternehmen SAP, das dank langjähriger Serviceverträge ein gut kalkulierbares Geschäftsmodell aufgebaut hat.
Ähnlich denkt auch Fondsmanager Ernst, der den weltweit anlegenden DWS Global Growth leitet. Bei Facebook, das vor kurzem Aktien zu extremen Preisen an der Börse platzierte, die wenig später eine Bauchlandung hinlegten, sei völlig unklar, womit in den kommenden fünf Jahren wirklich Geld verdient werde. Stattdessen setzt Ernst lieber auf Titel wie Fresenius Medical Care, derzeit die Nummer eins in seinem Depot. Der Weltmarktführer im Bereich Dialyse profitiert davon, dass die Zahl der Patienten, die die teure Blutwäsche benötigen, Jahr für Jahr um sechs Prozent steigt. Dazu kommen noch neue Kunden aus China oder Russland, die zunehmend an Wohlstandskrankheiten leiden (siehe Interview ).
DWS-Fondsmanager Ernst hält den Growth-Investmentstil unter gewissen Aspekten sogar für sicherer als die landläufig als konservativ geltenden Value-Investments. Dort achte man stark auf günstige Einstiegskurse. Doch es habe einen Grund, wenn Titel an der Börse billig zu haben seien. Diese stünden mitunter mit dem Rücken zur Wand und könnten bei einer Verschlechterung der Konjunktur sogar in die Pleite rutschen.
Sachwerte im Depot
Auch unter dem Aspekt Sachwerte sind Growth-Aktien ein interessantes Instrument. Unternehmen, die international tätig sind und ihre Substanz nachweislich auch in Krisenjahren stärken konnten, haben das Zeug, auch kommende Problemphasen halbwegs ungeschoren zu überstehen.
Die Wachstumskaiser von morgen
Wer auf eigene Faust auf die Suche nach Wachstumsaktien gehen will, findet in den monatlich aktualisierten Datenblättern des DWS- und des Spängler-Fonds, die die größten Position zeigen, gute Anregungen. In Österreich wird man dabei allerdings nicht fündig. Für Alois Wögerbauer, Chef der 3-Banken-Generali-Fonds, ist die Börse Wien nicht gerade die Heimstätte der Wachstumswerte. Andritz sei zwar seit Jahren eine unbestrittene Growth-Story, notiere aber nahe am Allzeit-Höchstkurs und habe mit der jüngsten Übernahme der deutschen Schuler-Gruppe ein konjunktursensibles Geschäft eingekauft. Mögliche Kandidaten für Growth-Investoren sieht Wögerbauer im Fasererzeuger Lenzing, im Chiphersteller AMS oder im Mautanlagenbauer Kapsch TrafficCom.