Börsen in Panik: Die Yuan-Rochade und ihre Folgen

Die Börsenkurse stürzen seit zwei Tagen ab, vor allem der Dax leidet. Anleger fürchten eine neue Schwächephase Chinas. Wie Experten die Lage einschätzen und wie groß die Gefahr ist, dass sich eine neue weltweite Krise zusammenbraut.

Börsen in Panik: Die Yuan-Rochade und ihre Folgen

In nur zwei Tagen sind die Börsen deutlich eingeknickt. Vor allem der deutsche Aktienbarometer Dax leidet und ist um fünf Prozent eingebrochen und kurzzeitig sogar unter 11.000 Punkte abgesackt. Der US-Index Dow Jones hat um knapp drei Prozent abgegeben.
Auslöser für den Ruck an den Börsen ist die Angst, dass China unter einer größeren Schwächephase leidet als bisher angenommen und vor einem massiven Wachstumseinbruch stehen könnte. Die Abwertung des Yuan um 1,9 Prozent durch die chinesische Zentralbank in der Nacht von Montag auf Dienstag und am Tag darauf um weitere 1,6 Prozent löst bei Anlegern Fragen nach dem Warum aus. Und vor allem, was bedeute dieser Schritt für die Märkte und die Weltwirtschaft?

China-Währung stark überbewertet

Tatsächlich leidet die chinesische Wirtschaft bereits seit langem an einer überbewerteten Währung. „Das Wachstum hat unter der Last der überbewerteten Währung bereits stark gelitten“, so Diana Choyleva, Analystin von Lombard Street Research. Das Ziel der Aktion: Durch die Abwertung werden chinesische Waren auf dem Weltmarkt billiger und damit wettbewerbsfähiger.

In einer Welt in der es an Konsumentennachfrage mangelt, hilft es jedoch niemandem wenn alle großen Ökonomien abwerten. Diese Reaktion fürchten Ökonomen nämlich derzeit am meisten. "Aber für Japan besteht derzeit keine Notwendigkeit seine Währung zu schwächen und der Euro nicht teuer ist. Damit ist China die einzige große Nation, die auch über viele Sparer verfügt und deren Währung überbewertet ist und die von einem billigeren Yuan tatsächlich profitieren würde. Der Schlüssel um den Konsum in China anzukurbeln, ist das Finanzsystem zu liberalisieren, so Choyelva von Lombard Street Research.

Liberalisierung der Währung positiv

Mit der Yuan-Abwertung geht China einen wichtigen Schritt in Richtung Liberalisierung, hat die chinesische Regierung doch seit 2005 den Yuan strickt an die US-Währung gekoppelt. Der Grund für die US-Koppelung war ursprünglich den Vorwurf des Westens zu entkräften, die Währung künstlich niedrig zu halten und auf Kosten anderer die eigenen Exporte zu stärken. So darf bisher der Yuan höchstens zwei Prozent von der Dollar-Entwicklung abweichen. Diese sklavische Anbindung hat China seit Anfang der Woche mit der Abwertung des Yuan aber aufgegeben. Auch gegenüber dem Euro ist der Yuan teuer. So hat die Währung seit Mitte 2014 um rund 20 Prozent aufgewertet.

China am richtigen Weg

Angesichts der langen Schwächephase in der sich China befindet, kein schlechter Zeitpunkt seine Währungspolitik zu überdenken. Experten äußern sich daher vielfach weniger beunruhigt über die aktuelle Währungsentwicklung als Anleger. „Der Schlüssel um eine neue globale Krise zu vermeiden, ist für China seine Währung zu liberalisieren – und für USA und Japan ihnen dabei zu helfen“, argumentiert Choyleva. Amerika muss akzeptieren, dass China in Zukunft eine schwächere Währung hat, wenn die Wirtschaft wie jetzt danach ist. Und Japan muss selbst zusehen, wie sie sich von ihrer Quantitative-Easing-Obsession wieder entwöhnt“, so die Analyse von Lombard Street. Wenn die USA im Herbst die Leitzinsen anhebt und der Dollar in weiterer Folge noch stärker zulegt, ist China ohnehin gut beraten, die Währungskoppelung aufzugeben.

Aber die Analysten sehen auch die Gefahr der Kursänderung Chinas: „All das ist ein bisschen viel verlangt und wir bleiben besorgt, dass sich die nächste Krise am Horizont zusammenbrauen könnte“, so Choyelva. Denn nun könnten andere Länder dem Beispiel folgen und selbst ihre Währung abwerten.

Experten bleiben optimistisch

Lombard Street Research bleibt deshalb für China optimistisch und glaubt, dass die Regierung am richtigen Weg ist.

Doch der niedrige Yuan hat eine weitere Kehrseiten der Medaille: Die Preise für Rohstoffe, die hauptsächlich in Dollar notieren, werden für China teurer. Das bedeutet, die Nachfrage dürfte zunächst aufgrund der ohnehin schwachen Wirtschaft, sinken. „Rohstoff-Exporteure wie Australien, Neuseeland und Brasilien werden weiter schwächeln. Auch das gesamte Wachstum in Asien könnte durch die Yuan-Abwertung leiden“, fürchtet Anthony Doyle, Investment-Direktor der britischen Fondsgesellschaft M&G. Die britische Fondsgesellschaft Threadneedle dazu: „Vor allem exportabhängige Länder wie Südkorea, Singapure und Taiwan stehen nach der Abwertung unter Schock."

Europa könnte leiden

In Europa, wo die EZB versucht, die Inflation durch massive Anleihenkäufe in die Höhe zu treiben, könnten sich diese Anstrengung als Sisyphos-Arbeit erweisen, denn je billiger Waren aus China werden, umso stärker kommt die Inflation unter Druck. Wenn dann auch noch die Nachfrage nach Waren aus Europa, wie Autos einbricht, könnte sich der günstigere Yuan doch auf die Wirtschaft im Euroraum auswirken, wenn viele Experten derzeit auch noch das Gegenteil behaupten.