Ölpreise fallen weiter

Nachdem das Erdöl-Kartell OPEC beschlossen hat, die Fördermenge bis auf weiteres nicht zu drosseln, geht die Talfahrt des Ölpreises auch am Freitag weiter. Gewinner an den Börsen sind Flugkonzerne, auf der Verliererseite reihen sich die Öl-Konzerne und ihre Ausrüster.

Ölpreise fallen weiter

Wien. Nachdem am Donnerstagnachmittag die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) in Wien beschlossen hat, die Fördermenge nicht zu drosseln, ist am Freitag der Preisverfall beim Rohöl weiter gegangen. Auch die Börsenkurse der Ölkonzerne haben eine deutliche Abwärtstendenz im frühen Handel gezeigt. Bis zur nächsten Sitzung im Juni 2015 will das OPEC-Kartell die tägliche Fördermenge von 30 Millionen Barrel pro Tag nicht verändern. Auch die Überproduktion soll nicht zurückgefahren werden. Ärmere OPEC-Mitglieder hatten auf eine Drosselung der Förderquote gedrängt, um den Preisverfall zu stoppen.

Derzeit gibt es auf den Erdölmärkten ein Überangebot. Der rückläufige wirtschaftliche Entwicklung hat außerdem die Nachfrage einbrechen lassen. So ist Nachfrage aus China und der Eurozone seit Sommer rückläufig. China soll zudem hohe Ölreserven angesammelt haben. Es soll außerdem noch immer mehr Öl produziert werden, als es etwa die OPEC mit ihren Mitglieder vereinbart haben, heißt es. Nicht nur die OPEC-Länder produzieren zu viel. Auch die USA haben mit der Gewinnung von Öl aus Schiefergas mittels Fracking zuletzt das Angebot stark erhöht. Allerdings brauchen die Produzenten, die mit Fracking Öl gewinnen einen Ölpreis von 80 Dollar. Seit Juni ist der Ölpreis um rund 30 Prozent zurückgegangen.

Die Nordseesorte Brent tendierte Freitagfrüh mit weiteren starken Abwärtsbewegungen. Gegen 11.20 Uhr notierte Brent mit 72,62 Euro pro Barrel (159 Liter) mit 0,32 Prozent im Minus gegenüber dem Donnerstagschluss. Die OPEC hat ihren Preis am Donnerstag mit 70,80 Dollar pro Barrel angegeben. Tags zuvor hatte das Barrel noch 73,80 Euro gekostet. Der OPEC-Preis setzt sich aus einem Korb von zwölf Öl-Sorten zusammen

Dementsprechend schlecht und unsicher bleibt die Stimmung im Energiesektor und am Ölmarkt. Der OPEC-Beschluss, alles so zu belassen, wie es bisher war, sorgte für weiteren Verkaufsdruck. Betroffen sind insbesondere die Ölkonzerne und ihrer Ausrüster, die Kursverluste hinnehmen mussten. Auf der Gewinnerseite ist die Flugbranche. Aktien von Airlines und Flugzeugherstellern konnten zulegen.

Konzerne wie der norwegische Off-Shore-Bohrkonzern Seadrill oder Total und Shell verloren zwischen 6,8 und 4,2 Prozent. Der europäische Öl&Gas-Index gab 4,8 Prozent auf 290,62 Zähler nach und notierte damit so niedrig wie seit sechs Wochen nicht mehr. Im Dax waren BASF mit einem Abschlag von 2,4 Prozent der größte Verlierer. Händlern zufolge fürchten Anleger, dass die Öl- und Gastochter Wintershall unter dem Ölpreisrückgang leiden könnte.

Der anhaltende Verfall des Ölpreises hat Statoil-Aktien auf ein 15-Monats-Tief gedrückt. Die Papiere des norwegischen Ölkonzerns fielen am Freitag um bis zu zehn Prozent auf 128,70 Kronen. Das ist der größte Tagesverlust seit den Kursturbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.

Bei dem aktuellen Ölpreis fahre Statoil operativ Verluste ein, warnte Analyst John Olaisen von der Investment-Bank ABG Sundal Collier im Gespräch mit Reuters. "Die Dividende muss drastisch gekürzt werden. Wir rechnen mit einer Senkung um 50 Prozent. Statoil hatte zuletzt 7,10 Kronen je Aktie gezahlt. Olaisen empfahl die Papiere mit einem Kursziel von 110 Kronen zum Verkauf.

Immer mehr in die Bredouille kommen auch Länder wie Venezuela und der Iran. Beide sind Mitglied der OPEC, brauchen aber weit höhere Ölpreise um ihre Wirtschaft in Schwung zu halten. Venezuela droht gar der Staatsbankrott. Die Südamerikaner brauchen einen Ölpreis von 162 Dollar pro Barrel. Der durch Sanktionen gebeutelte Iran muss eigentlich 104 Dollar lukrieren.

Aber auch Russland, das nicht OPEC-Mitglied ist, aber vom Erdölgeschäft stark abhängig ist, verliert durch den Preisverfall und nun durch den OPEC-Beschluss. Russland kalkuliert mit einem Ölpreis von 104 Dollar. Der Moskauer Aktienindex RTS fiel am Freitag um bis zu vier Prozent auf ein Fünfeinhalb-Jahres-Tief von 965 Punkten.

Zu den Gewinnern zählen die Konsumenten, die die Verbilligung des Ölpreises an den Tankstellen und beim Heizöl-Einkauf spüren, auch wenn die Preissenkungen mit einiger Verspätung erst von den Ölkonzernen durchgereicht werden.