Telekom-Aktien: Bei Anruf Geld
Eine globale Übernahmewelle und die Aufhellung des regulatorischen Umfelds in Europa machen aus einzelnen Telekom-Aktien verlockende Investmentziele.

Carlos Slim sichert sich 51 Prozent an der Telekom Austria, T-Mobile USA wird dem Vernehmen nach demnächst von Sprint übernommen, und der französische Mitbewerber Orange, der vor Kurzem noch als France Télécom firmierte, könnte vor einem Kauf durch die Telko-Tochter des in Paris ansässigen Mischkonzerns Bouygues stehen. Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter sieht diesen Trend bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Die gewaltige Finanzkraft, die insbesondere US-Unternehmen aufgebaut haben, werde noch "zu einer massiven Konsolidierung im Telekombereich führen."
Doch nicht nur Übernahmeszenarien machen den Sektor interessant, gerade in Europa führt eine potenzielle Umkehr der politischen Zielsetzungen dazu, dass die Aktien der Branche weiteren Aufwind erhalten könnten. Auslöser ist, dass die EU im infrastrukturellen Bereich hinter die USA zurückgefallen ist und gerade bei der Implementierung der 4G-Mobilfunktechnologie Probleme hat.
Internationale Consulter wie McKinsey haben in einer Studie zu einem "New Deal" im Telekomsektor aufgerufen. Die Essenz der Forderung: Weniger Regulierungen und ein Abrücken vom Fokus auf den Konsumentenschutz. Sprich: Gebührenerhöhungen. Diesem Aufruf sind die ersten Politiker inhaltlich bereits gefolgt. So erklärte zuletzt der deutsche Infrastrukturminister Alexander Dobrindt: "Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt von Industrieunternehmen und Politik" - um die Netzinfrastruktur Europas auf Vordermann zu bringen.
Die aktuellen Preissteigerungen in Österreich deuten jedenfalls darauf hin, dass sich das Blatt von der Gebührenseite her tatsächlich zu Gunsten der Telekomkonzerne wendet. So hatte Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia unlängst zur Übernahme von Orange durch Drei gemeint: "Im Fall Österreichs haben wir keine vorherigen Verpflichtungen auferlegt." Das Abnicken des Deals sei zwar "ein Fehler unsererseits" gewesen, mit dessen Folgen er "nicht zufrieden" sei.
Dass die Kommission die Konsequenzen ihres Stillhaltens nicht vorhersehen konnte, erscheint in Wirklichkeit aber nicht als besonders wahrscheinlich. Man darf also davon ausgehen, dass sich Brüssel bewusst dazu entschlossen hat, den Unternehmen auf Kosten der Kunden mehr Spielraum zu gewähren.
Französischer Tipp
Womit der Weg Richtung höhere Erträge geebnet wird. So erwartet etwa das US-Analysehaus Sanford C. Bernstein für das bereits erwähnte französische Orange bei einer entschlossenen Reform des europäischen Sektors ein Ertragspotenzial von 25 Prozent. Ein solches Szenario ist in den aktuellen Konsensprognosen zum KGV für 2015 noch nicht eingepreist, womit die Aktie relativ günstig wäre. Dazu kommt eine erwartete Dividendenrendite von knapp sieben Prozent.
POTENZIAL.
Übernahmeszenario, günstige Bewertung und eine hohe Dividendenrendite machen aus Frankreichs Orange den Top-Pick der Branche.
Ebenfalls interessant: Erste Marktteilnehmer munkeln, dass die ehemalige France Télécom von der Telekom-Tochter des französischen Mischkonzerns Bouygues übernommen werden könnte. Skeptiker führen zwar ins Feld, dass die nationalen Wettbewerbshüter da nicht mitmachen würden - auf der anderen Seite hat Bouygues bei der Alstom-Übernahme Präsident François Hollande die Stange gehalten. Als einer der Alstom-Kernaktionäre hat man es Paris ermöglicht, dass der Anlagenbauer nicht an Siemens, sondern an die bevorzugte General Electric verkauft wurde. Damit hat Bouygues beim Präsidenten einen dicken Stein im Brett, was für ein Durchwinken einer Orange-Übernahme sprechen würde.
Und dass die Behörden auf Brüsseler Ebene derzeit dazu neigen, sich erst dann Gedanken über Marktmacht zu machen, wenn es zu spät ist, hat man eben schon in Österreich gesehen.
Spanien statt Österreich
Innerhalb der Landesgrenzen dürfte es in nächster Zeit für den Anleger zumindest im Telekom-Sektor wenig zu holen geben. Das Telekom-Austria-Papier ist ausgereizt und zum aktuellen Preis ziemlich teuer. Im Gegensatz zu den internationalen Toptipps der Branche ist auch die Dividendenrendite äußerst gering. Fundamental eindeutig überzeugender wirkt da die norwegische TeliaSonera. Gleiches gilt für den US-Giganten AT&T, der zuletzt im TV-Kabelgeschäft um 50 Milliarden Dollar zugekauft hat.
LUFT RAUS.
Der Einstieg von América Móvil ist de facto abgeschlossen. Inzwischen ist die Telekom-Austria-Aktie nicht mehr billig, auch die Dividende ist mager.
Langfristig interessant erscheint außerdem Telefónica. Die Spanier konsolidieren derzeit ihr Südamerika-Geschäft. Gelingt es den Iberern im Rahmen dieses Prozesses, das von der Tochter Telecom Italia übernommene Lateinamerika -Geschäft neu aufzustellen, wird man auf dem Subkontinent in Zukunft nur mehr schwer an den Spaniern vorbeikommen. Selbst wenn man Carlos Slim heißt.
Fazit: Für Anleger bieten sich momentan gute Möglichkeiten bei Telekoms.