Siemens verkauft seine Krankenhaus-Informationssysteme
Der Geschäftserfolg konnte "nicht mit dem Wettbewerber schritthalten", heißt es von Siemens. Künftig werde man sich auf den Ausbau von Systemen konzentrieren, die das Labor-, Bildgebungs- und Therapiegeschäft stützten. Der Verkauf betrifft 6000 Mitarbeiter.

Siemens Healthcare verkauft sein Geschäft mit Krankenhaus-Informationssystemen für 1,3 Milliarden Dollar (963 Millionen Euro) an den US-Konzern Cerner. Das gaben beide Unternehmen am Dienstag nach US-Börsenschluss bekannt. Der verkaufte Bereich fokussiert sich auf administrative Krankenhausinformationssysteme und elektronische Patientenakten; damit unterscheidet es sich grundsätzlich von anderen Bereichen der Healthcare-Sparte, auf denen künftig der Fokus liegen soll: Man will sich ab nun auf den Ausbau von Systemen konzentrieren, die das Labor-, Bildgebungs- und Therapiegeschäft stützten, heißt es vom Unternehmen.
Man habe feststellen müssen, dass "der Geschäftserfolg unserer Krankenhaus-Informationssysteme nicht immer mit dem der Wettbewerber Schritt halten konnte", erklärte Siemens-Healthcare-Chef Hermann Requardt: "Darüber hinaus erschweren immer mehr landesspezifische Anforderungen, zum Beispiel aus der Gesundheitsreform in den USA ergeben, ausreichende Skaleneffekte". Das Geschäft solle im ersten Quartal 2015 abgeschlossen werden und erfordert noch das Zustimmen der Behörden.
6000 Mitarbeiter
Die Zentrale des Geschäfts ist in Malvern (Pennsylvania, Weltweit arbeiten rund 6000 Mitarbeiter in den USA, in Europa (mit Schwerpunkt Deutschland) und in Asien für den Bereich. Mit der Übernahme durch die Cerner Corp., die eines der führenden unternehmen aus diesem Gebiet ist, verbindet sich laut Mitteilung "eine positive Perspektive für die Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen". Für die Mitarbeiter in Deutschland wurden für die kommenden drei Jahre Vereinbarungen für die Beschäftigungs- und Standortsicherung getroffen, heißt es weiter.
Auch Cerner-Manager John Peterzalek gibt laut Nachrichtenagentur Reuters eine Jobgarantie ab: "Es gibt keine Pläne für eine Reduktion. Einer der Gründe für den Kauf war, uns die Talente zu sichern". Er rechne mit Synergien vor allem beim Zugang zu den Kunden. Außerhalb der USA sei Siemens in Märkten stark, wo sein Haus kaum vertreten ist. Die Aufteilung ergänze sich gut. Peterzalek erwartet, dass sich die Akquisition für Cerner bereits in kurzer Zeit auszahle. "Wir rechnen mit profitablem Wachstum."
Medizintechnik wird schnell zerlegt
Bei der Zerlegung der Medizintechnik-Sparte zögern die Deutschen nicht lange; erst jüngst verkaufte der Münchener Technologieriese sein Mikrobiologiesegment an die Danaher-Tochter Beckman Coulter. Der Ausflug in die Klinik-IT erwies sich für Siemens als schlechtes Geschäft: Im Jahr 2000 waren die Münchner mit dem Kauf der US-Firma Shared Medical Services (SMS) in den Bereich eingestiegen. Für SMS bezahlte seinerzeit Vorstandschef Heinrich von Pierer 2,1 Milliarden Dollar. Damals nahmen die Amerikaner mit 7600 Mitarbeitern jährlich 1,2 Milliarden Dollar ein.
Hintergrund ist der groß angelegte Konzernumbau, den Siemens-Chef Joe Kaeser angekündigt hatte. Bei der neuen Fokussierung auf das Kerngeschäft wurde unter anderem der Medizintechnik eine ungewisse Zukunft vorhergesagt; stattdessen setzt der seit einem Jahr amtierende Siemens-Chef verstärkt auf Energie- und Industrietechnik. Auch den Verkauf eines Minderheitsanteils des vor 128 Jahren in Erlangen von den Medizintechnikpionieren Erwin Reiniger, Max Gebbert und Karl Schall gegründeten Traditionssegments über die Börse brachte Kaeser mittelfristig ins Gespräch.
Der Manager fürchtet, dass sich die Branche von der traditionellen Gerätemedizin entferne, wo Siemens mit seinen Computertomographen und ähnlichen Diagnoseapparaten stark ist. Der Trend gehe zur Molekulardiagnostik und anderen Biowissenschaften. Sollte die Sparte dafür eines Tages im Abwehrkampf gegen aufstrebende Rivalen wie die koreanische Samsung teure Zukäufe brauchen, soll sich nach Kaesers Willen der Kapitalmarkt an den Kosten beteiligen.
Unterdessen arbeitet Siemens weiter daran, seine Hörgerätesparte (SAT) an den Kapitalmarkt zu bringen. Demnächst würden die Investmentbanken ausgewählt, die SAT auf das Börsenparkett führen sollen. Nach dem gescheiterten Verkaufsversuch vor vier Jahren ist weiter offen, ob Siemens SAT-Aktien an Investoren verkaufen kann oder sie - wie im Fall der Leuchtmitteltochter Osram - an die eigenen Aktionäre verschenkt.
Auch Ausstieg aus der Küche ist geplant
Parallel verhandelt Siemens über einen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Mit einer milliardenschweren Einigung mit Bosch wird allerdings nicht mehr bis zum Ende des laufenden Siemens-Geschäftsjahres am 30. September gerechnet.
Kaeser kann die Verkaufserlöse gut für den laufenden Konzernumbau gebrauchen, mit dem er Siemens zu höheren Renditen führen will. Vergangene Woche hatte er angekündigt, die Kosten aus der Restrukturierung, mit der auch ein Stellenabbau einhergeht, durch Sondererlöse aus Verkäufen im kommenden Geschäftsjahr zu decken.