SAP: Co-Chef Snabe tritt 2014 vorzeitig ab

SAP Co-Chef Jim Hagemann Snabe soll nächstes Jahr vorzeitig aus dem Amt scheiden. "Snabe wird nach der Hauptversammlung in zehn Monaten im Mai 2014 aus dem Vorstand der SAP AG ausscheiden und - die Zustimmung der Hauptversammlung vorausgesetzt - in den Aufsichtsrat wechseln", kündigte der Walldorfer Softwarekonzern am Sonntagabend in einer Pflichtmitteilung an. Die Gründe: Snabe will sein Amt aus persönlichen Gründen aufgeben, um unter anderen mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen.

SAP: Co-Chef Snabe tritt 2014 vorzeitig ab

Snabes Schritt kommt unerwartet. Erst kürzlich hatte er das Führungsmodell verteidigt. Er werde im Amt bleiben, solange er dem Unternehmen einen Mehrwert bringe und SAP erfolgreicher machen könne. "Als Doppelspitze konnten wir viele wichtige Veränderungen sehr viel schneller umsetzen. Warum sollten wir daran rütteln?", sagte er Anfang Juli in einem Zeitungsinterview.

Nun ließ er erklären: "Nach über 20 Jahren bei der SAP habe ich entschieden, einen neuen beruflichen Lebensabschnitt zu beginnen, der es mir erlaubt, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen." Sein Verhältnis zu Kollege Bill McDermott bezeichnete er als gut und freundschaftlich. Firmenmitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner erklärte: "Die SAP wird mit Bill als visionärer Führungspersönlichkeit und alleinigem Vorstandssprecher in guten Händen sein." SAP will die Entscheidung am Montag in einer Telefonkonferenz (16.30 Uhr MESZ) erläutern.

Der Däne Snabe leitet das Unternehmen seit Anfang 2010 zusammen mit dem Amerikaner McDermott. Dessen Vertrag läuft - wie bisher der von Snabe - noch bis 2017. Es ist nicht die erste Doppelspitze in der Konzerngeschichte.

Zuletzt hatte SAP seine Umsatzerwartungen für dieses Jahr zurückgeschraubt . Die Softwareschmiede bekommt das verlangsamte Wirtschaftswachstum in China zu spüren.

Plattner um vorzeitige Auflösung gebeten

Bezüglich der Formalitäten habe Snabe SAP-Aufsichtsratschef und SAP-Mitgründer Hasso Plattner um die vorzeitige Auflösung seines Vertrages gebeten, sagte Snabe dem Internetportal "faz.net" am Montag. "Er war es auch, der nach meinem Gesuch, den noch bis zum Jahr 2017 laufenden Vertrag als Co-Vorstandsvorsitzender aufzulösen, den Vorschlag machte, ich solle mich bei der nächsten Hauptversammlung für den Aufsichtsrat bewerben", sagte Hagemann Snabe. "Das werde ich auch tun. Wenn die Aktionäre zustimmen, bleibe ich der SAP im Aufsichtsgremium erhalten." Bis zur nächsten Hauptversammlung im Mai kommenden Jahres "arbeite ich mit Bill weiter zusammen".

Zum vorzeitigen Rückzug hätten ihn "persönliche Gründe" bewogen. "Ich bin jetzt 47 Jahre alt, seit 20 Jahren bei SAP und seit drei Jahren Co-Vorstandsvorsitzender mit Bill McDermott." Als Aufsichtsrat wolle er zum einen seine Management-Erfahrungen einbringen. "Ein zweiter Grund ist für mich: Ich möchte wieder mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Das ist in den letzten Jahren sehr zu kurz gekommen", sagte der Däne. Jetzt sei der "perfekte Moment, einen solchen Wechsel vorzubereiten".

Einen Wechsel zu einem anderen Software-Unternehmen strebe er nicht an, betonte Hagemann Snabe: "Nein. Mein Amt lege ich nicht nieder, um irgendwo anders einen neuen Posten anzutreten." SAP werde sich in den kommenden zehn Monaten bis zur nächsten Hauptversammlung "optimal für die Zukunft aufstellen". Das sei eine Richtungsentscheidung, für die man sich Zeit lassen sollte, sagte der bereits bei Bang & Olufsen und der Danske Bank im Aufsichtsrat sitzende Manager.

Karenzzeit für Snabe

Die Aktionärsvereinigung SdK hat den geplanten Wechsel von Snabe in den Aufsichtsrat indes kritisiert. "Wir sind strikt dagegen", sagte Vorstandsmitglied Daniel Bauer am Montag in München. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) halte eine zweijährige Karenzzeit vor einem Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat für unumgänglich. Damit solle vor allem sichergestellt werden, dass Ansprüche aus möglichen Pflichtverletzungen von ehemaligen Vorstandsmitgliedern vom Aufsichtsrat geprüft würden. Ohne eine entsprechende Karenzzeit werde solchen Ansprüchen unter Umständen nicht nachgegangen.

Auch der Kodex für gute Unternehmensführung sehe für deutsche Unternehmen eine solche Karenzzeit vor, die allerdings ausgehebelt werden könne, sofern der Wahlvorschlag von mindestens 25 Prozent der Stimmrechte unterstützt wird. "Das sollte angesichts der Aktionärsstruktur bei SAP kein Problem sein", sagte Bauer. Die SAP-Gründer, zu denen Aufsichtsratschef Hasso Plattner zählt, halten zusammen 22,7 Prozent der Stimmrechte, drei Prozent der Aktien hält das Unternehmen selbst. Die SdK habe daher voraussichtlich keine Handhabe, um die mögliche Wahl von SAP-Co-Vorstandschef Hagemann Snabe in den Aufsichtsrat zu verhindern.

Als "gute Beispiele" beim Wechsel von Vorstandsmitgliedern in den Aufsichtsrat nannte der SdK-Vertreter Linde und Lufthansa. Ex-Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber war Ende 2010 nach sieben Jahren an der Unternehmensspitze abgetreten und im Mai nach langer Vorbereitung in den Aufsichtsrat eingezogen und zu dessen Vorsitzenden gekürt worden. Der 2014 ausscheidende Linde-Chef Wolfgang Reitzle hatte sich zuletzt dagegen entschieden, ein Viertel der Stimmrechte zu mobilisieren, um direkt in den Aufsichtsrat einziehen zu können.

Doppelspitze bei SAP

Im folgenden eine Übersicht der Doppelspitzen und Alleinherrscher bei SAP.

1998: Die SAP-Mitgründer Dietmar Hopp und Klaus Tschira, geben im Februar ihre Entscheidung bekannt, aus dem Vorstand des Unternehmens auszuscheiden. Beide wechseln im Mai in den Aufsichtsrat, dessen Vorsitz Dietmar Hopp übernimmt. Zum zweiten Vorstandssprecher neben SAP-Gründer Hasso Plattner beruft der Aufsichtsrat Henning Kagermann.

2003: Plattner zieht sich aus dem Vorstand zurück und wird zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Mit ihm verlässt der letzte SAP-Mitgründer die Geschäftsführung. Kagermann steht in den nächsten Jahren allein an der Spitze des Vorstands.

2007: Der SAP-Aufsichtsrat beruft Leo Apotheker zum zweiten Vorstandssprecher neben Kagermann. In den Vorstand ziehen McDermott und Hagemann Snabe ein, das Führungsgremium soll damit internationaler werden.

2009: Kagermann verlässt nach 27 Jahren im Unternehmen und 18 Jahren als Vorstandsmitglied SAP. Der Vertriebsmann Apotheker wird alleiniger Vorstandssprecher.

2010: Apotheker wird vom SAP-Aufsichtsrat durch die Doppelspitze McDermott und Hagemann Snabe ersetzt, die das Unternehmen gleichberechtigt führen.

2013: Hagemann Snabe will sein Amt aus persönlichen Gründen aufgeben und hat Plattner um die vorzeitige Auflösung seines Vertrages gebeten, der noch bis 2017 läuft. Plattner schlägt dem Dänen vor, sich 2014 in den Aufsichtsrat wählen zu lassen.