Mit der Leverage-Ratio das Banken-Wachstum stoppen

Nun will die Deutsche Bank das Thema "Leverage Ratio" angehen. Diese Obergrenze für die Verschuldung eines Instituts führte lange ein Schattendasein in der Debatte um die Kapitalausstattung der Banken. Ein Überblick.

Mit der Leverage-Ratio das Banken-Wachstum stoppen

Das hat sich aber in jüngster Zeit geändert, nachdem vor allem die US-Aufsichtsbehörden ein stärkeres Augenmerk auf die Kennziffer legten.

Was ist die Leverage Ratio?

Sie gibt an, wie viel Eigenkapital Banken im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme und einigen darüber hinausgehenden Positionen vorhalten müssen. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat 2010 eine Quote von drei Prozent vorgegeben, die von 2018 an gelten soll. Je höher der Wert, desto geringer ist also die Verschuldungsquote einer Bank. Bei einer Bilanzsumme von 100 Milliarden Euro muss ein Institut ein Kapitalpolster von drei Milliarden vorhalten - unabhängig davon, welche Risiken mit den dahinter steckenden Geschäften verbunden sind. Schon von 2015 an sollen die Banken die Leverage Ratio veröffentlichen müssen. An den Finanzmärkten wird erwartet, dass sie spätestens dann auch drei Prozent erreichen. Wie hoch die Leverage Ratio endgültig ausfällt, soll aber erst nach einem Praxistest 2017 festgezurrt werden. Die US-Aufsichtsbehörden fordern eine Leverage Ratio von sechs Prozent, in der Politik reichen die Forderungen bis zu 15 Prozent.

Wozu dient die Leverage Ratio?

Das "Basel-III"-Regelwerk, mit dem die Finanzaufseher eine neue Finanzkrise wie 2007/08 verhindern oder abmildern wollen, baut grundsätzlich auf risikogewichteten Eigenkapitalquoten auf. Dabei wird das Polster an hartem Kernkapital, also Aktienkapital und Gewinnrücklagen, ins Verhältnis zu den Risiken gesetzt, die in der Bilanz stecken. Sieben Prozent ist die Mindestquote, die die Banken von 2018 an vorhalten müssen, für große Häuser können es bis zu 9,5 Prozent sein. Die Leverage Ratio soll nach den Vorstellungen der Regulierer zusätzlich verhindern, dass die Bilanzsumme ins Unermessliche wächst, etwa über große Derivate-Spekulationen.

Warum ist die Leverage Ratio umstritten?

Befürworter hat die Leverage Ratio vor allem in den USA, wo die Bankenregulierung über Jahrzehnte nur damit gesteuert worden war. Sie hat den Vorteil, dass sie einfach zu berechnen ist - und kaum anfällig für Manipulationen. Bei der Bewertung der Bilanzrisiken, die in anderen Bilanzmaßstäben eine Rolle spielen, hatten sich in Untersuchungen teils eklatante Unterschiede von Bank zu Bank gezeigt.

Kritiker der Leverage Ratio monieren aber, dass sie die Banken zu riskanteren Geschäften verleite, wenn sie als einziges Steuerungsinstrument dient. Um sie zu verbessern, würde eine Bank dann eher auf sichere, aber renditeschwächere Kredite oder Geschäfte verzichten als auf hochriskante, aber lukrative Transaktionen an den Finanzmärkten. Damit könnte sie indirekt auch die Vergabe von Krediten abwürgen. Besonders auswirken würde sich das etwa bei Bausparkassen oder Hypothekenbanken, die großvolumige Kredite ausgeben.

Was hat das mit der Bilanzierung zu tun?

Die Bilanzsumme, die der Leverage Ratio zugrunde liegt, wird nach dem in Europa gebräuchlichen Bilanzstandard IFRS anders berechnet als nach den US-Vorschriften (US-GAAP). Nach letzterem dürfen Banken Derivate-Positionen, mit denen sie Transaktionen häufig absichern, miteinander verrechnen ("Netting"), nach IFRS müssen sie auf beiden Seiten der Bilanz separat ausgewiesen werden. Das lässt eine IFRS-Bilanz deutlich voluminöser aussehen als eine nach US-Regeln aufgestellte. Die Deutsche Bank hat nach IFRS mehr als zwei Billionen Euro Bilanzsumme, nach US-GAAP sind es nur 1,2 Billionen. Der Baseler Ausschuss orientiert sich in dieser Frage eher am europäischen Standard: Er erlaubt das Netting nur dann, wenn dem ein Vertrag zwischen den Handelspartnern zugrunde liegt.