Commerzbank : "Der Kursrückgang ist fundamental in keinster Weise gerechtfertigt"

Die Commerzbank versucht mit aller Macht, den freien Fall ihrer Aktie zu stoppen. "Der Kursrückgang ist fundamental in keinster Weise gerechtfertigt", sagte Finanzchef Stephan Engels in einem im Intranet der Bank veröffentlichten Interview, das Reuters am Donnerstag vorlag.

Commerzbank : "Der Kursrückgang ist fundamental in keinster Weise gerechtfertigt"

Äußerungen eines Vorstands zum eigenen Aktienkurs sind eher ungewöhnlich. Auslöser war der Preisverfall der vergangenen beiden Wochen: In diesem Zeitraum verlor die Commerzbank knapp ein Viertel ihres Börsenwertes - mehr als jeder andere DAX-Konzern. Das war die stärkste Talfahrt seit November 2011. Am Donnerstag fiel die Aktie zeitweise auf ein Rekordtief von 5,56 Euro - bevor sie nach Engels' Aussagen und dank einer allgemeinen Markterholung wieder mehr als sechs Prozent zulegte.

"Wir haben uns klare Ziele für 2016 gesetzt, immer aber auch gesagt, dass 2013 ein Übergangsjahr wird", machte Engels deutlich. Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus fährt derzeit einen radikalen Sanierungskurs inklusive Stellenabbau. Der unter Erfolgsdruck stehende Vorstandschef Martin Blessing will die Bank auf Privatkunden und den Mittelstand ausrichten. Weniger lukrative Randbereiche und Altlasten stößt er ab. Der Markt wartet noch auf durchschlagende Erfolgsmeldungen: Die Commerzbank-Aktie ist schon länger Spielball von Hedgefonds, die auf schnelle Kursausschläge spekulieren.

Commerzbank-Aktie als Pennystock

Erst im April, kurz vor der milliardenschweren Kapitalerhöhung, hatte die Bank zehn Aktien zu einer zusammengelegt und damit verhindert, dass ihre Anteilsscheine zu Pennystocks werden. Der Kurs lag danach bei knapp über zehn Euro. Doch von dieser Marke ist die Aktie inzwischen weit entfernt. An der Börse ist die Bank nur noch sieben Milliarden Euro wert.

Der Finanzchef trat in dem Interview vor allem anhaltenden Marktspekulationen über eine weitere Verschlechterung der Lage im Schiffsportfolio entgegen. Die Commerzbank war 2012 nach der norwegischen DNB der zweitgrößte Schiffsfinanzier der Welt, hat den kapitalzehrenden Bereich aber zum Abwicklungsgeschäft erklärt - neue Kredite werden nicht mehr vergeben. "Wir haben immer gesagt, dass wir für 2013 von einer unverändert hohen Risikovorsorge ausgehen", betonte Engels. "Daran hat sich nichts geändert - außer, dass ich heute sogar etwas optimistischer bin als noch vor einigen Monaten."

Rauswurf aus dem DAX?

Angesichts des drastischen Kursverfalls wird auf dem Frankfurter Börsenparkett inzwischen offen darüber diskutiert, wann die Commerzbank aus dem DAX fliegen könnte. Indexstratege Klaus Stabel vom Brokerhaus ICF warnt jedoch vor voreiligen Schlüssen: "Es ist zu früh, eine verbindliche Aussage dazu zu treffen. Relevant ist der Durchschnittskurs der 20 Tage vor der Entscheidung im September", betonte er. Dass es schon vorher einen Rauswurf gibt, ist nach Reuters-Daten unwahrscheinlich: Denn dazu müsste die Commerzbank bei Marktkapitalisierung und Aktienumsatz jeweils schlechter als auf dem 45. Platz aller deutschen Unternehmen liegen. Ersteres ist erst ab einem Kurs von unter zwei Euro gegeben, letzteres ist derzeit angesichts der hohen Handelsumsätze nicht zu befürchten (aktuell Platz 14).

Bei langfristig orientierten Investoren hat die Bank schon lange Vertrauen verspielt. Die deutschen Fondshäuser winken regelmäßig ab, wenn sie nach der Commerzbank gefragt werden. Und auch die angelsächsischen Häuser sind mittlerweile skeptisch: "Die Commerzbank hat einen Ruf, immer auf jeder Bananenschale auszurutschen. Sie haben in den letzten fünf Jahren vier Mal ihr Kapital erhöht - und eine weitere Kapitalerhöhung wäre keine große Überraschung", sagte Fondsmanager Matthew Beesley, der das globale Aktiengeschäft bei Henderson Global Investors leitet. Das Fondshaus ist nur noch mit 0,3 Prozent in der Commerzbank investiert, das Engagement von Beesleys Fonds liegt bei null.

Nach seiner Einschätzung sind die Geschäftsaussichten für die Commerzbank ausgesprochen düster - was auch die Bemühungen um eine weitere Stärkung der Kapitaldecke erschweren dürfte. Ähnlich hatte sich zuletzt die Ratingagentur Moody's geäußert. Sie geht davon aus, dass der Umbau der Commerzbank frühestens 2015 Früchte tragen wird.