Börse Saudi-Arabien öffnet sich für Investoren
Der Wüstenstaat Saudi-Arabien will mehr Geld einsammeln, die Börse soll daher gegenüber nicht-arabischen Anlegern geöffnet werden. Das birgt Chancen, die aber nicht ohne Risiko ist: Die Abhängigkeit vom Ölpreis ist ebenso eine Gefahr wie politische Unruhen im Nahen Osten.
Bisher war die Börse Saudi-Arabiens gegenüber nicht-arabischen Anlegern verschlossen. Doch nun will das bis jetzt stark abgeschottete Königreich Saudi-Arabien auch ausländischen Geldgebern den Zugang zu den dort vermuteten Renditeperlen ermöglichen. Die Pläne stehen bereits. Börsenkenner erwarten diesen Schritt für das erste Halbjahr 2015.
Die Börse in Riad lockt mit der Aussicht auf eine boomende Wirtschaft, die nicht mehr allein vom Öl oder vom Staat abhängt: "Der Zugang zu einem breiteren Spektrum an Finanzierungsquellen sollte den Boden für einen dynamischeren Unternehmenssektor ebnen", sagt Fondsmanagerin Ghadir Abu Leil-Cooper vom Vermögensverwalter Baring Asset Management.
400 Milliarden Euro
Schon jetzt ist der saudi-arabische Leitindex Tadawul All Share mit einer Marktkapitalisierung von rund 400 Mrd. Euro ein echtes Schwergewicht, meint Uwe Zimmer, Vorstand beim Vermögensverwalter Meridio. Zum Vergleich: Der DAX, der die 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen Deutschlands umfasst, bringt derzeit knapp 1 Billion Euro auf die Börsenwaage.
Die wirtschaftliche Potenz der rund 180 an der Börse in Riad notierten Unternehmen kommt nicht von ungefähr: "Saudi-Arabien ist der weltweit größte Ölproduzent und die größte Volkswirtschaft in der arabischen Welt", erklärt Fondsmanager Rashad Khourshid vom Vermögensverwalter Meridio. "Außerdem ist das Finanzsystem extrem gesund, zumal die stabile Landeswährung an den US-Dollar gebunden ist." Über 11 Millionen Barrel Öl werden hier laut CIA Factbook pro Tag aus der Erde gepumpt.
Doch bis jetzt ist die saudi-arabische Börse nur für Anleger aus den sechs Golf-Kooperationsstaaten direkt zugänglich. Zu diesen gehören neben Saudi-Arabien auch Bahrain, Katar, Kuweit, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate. Nun jedoch ist in einem ersten Entwurf der saudischen Finanzmarktbehörde geplant, auch Profi-Investoren aus aller Welt mit einem Vermögen von mehr als 5 Mrd. US-Dollar (3,7 Mrd. Euro) den Kauf saudi-arabischer Aktien zu erlauben.
Dies könnte mehr institutionelle Anleger - wie etwa Versicherungen - als bisher ermuntern, in den Markt einzusteigen, meint Portfolio-Manager Tilmann Galler von J.P. Morgan Asset Management. Bislang seien viele Profis dem Markt fern geblieben, weil sie die Kurse an der Börse in Riad nur indirekt über abgeleitete Finanzinstrumente (Derivate) abbilden konnten.
Aus diesem Grund können Privatanleger bis jetzt lediglich einige Investmentfonds kaufen, die saudi-arabische Wertpapiere in ihren Schwellenländer-Portfolios nachbilden. Doch das kann sich schnell ändern, wenn die Börse in Riad tatsächlich derart weit geöffnet wird, dass eine Aufnahme in weltweit wichtige Aktienindizes ansteht. Dann kommen die großen Fondsgesellschaften kaum noch an Saudi-Arabien vorbei, weil deren Anlage-Richtlinien mehr oder weniger zwingend Investitionen in diese bedeutenden Börsenbarometer vorschreiben.
So winkt in einem ersten Schritt die Aufnahme in den MSCI Frontier Market Index, wo der saudi-arabische Aktienmarkt auf einen Schlag etwa 60 Prozent Gewicht hätte, sagt Khourshid. In diesem Börsenbarometer tummeln sich die derzeit angesagten Grenzmärkte, deren Finanzmärkte noch nicht so weit entwickelt sind wie die der Schwellenländer.
Gefahren für Anleger
Sollten die Scheichs ihre Restriktionen noch weiter lockern, könnte Saudi-Arabien auch den Beispielen Katars sowie der Vereinigten Arabischen Emirate folgen und in die Riege der etablierten Emerging Markets (Schwellenländer) aufsteigen, der von dem Aktienindex MSCI Emerging Market Index abgebildet wird.
Dennoch gibt es bei Anlagen in Saudi-Arabien einige nicht zu unterschätzende Gefahren. So hängt der saudi-arabische Aktienmarkt bisher noch sehr stark vom Ölpreis ab. Sollte der nachhaltig und signifikant fallen, hätte das erhebliche Auswirkungen auf die saudische Wirtschaft, gibt Galler zu bedenken. In einem solchen Szenario sei zu erwarten, dass die Investitionen des Staats zurückgefahren werden müssen. Das sei problematisch, da über 50 Prozent der Wirtschaftsleistung aus Investitionen und Staatsausgaben resultierten.
Politische Risiken
Dazu kommen laut Vermögensverwalter Gerd Bennewirtz von SJB Fondsskyline die politischen Risiken wie etwa die Gefahr durch die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS, vormals ISIS) oder andere Konflikte im Nahen Osten. Sie könnten seiner Meinung nach gerade die professionellen Investoren verschrecken, auf die sich die Hoffnungen der Scheichs richten.
In den Schlagzeilen war das stark muslimisch geprägte Land, das die heiligen Stätten Mekka und Medina beherbergt, in den vergangenen Jahren vor allem wegen stark eingeschränkter Rechte für Frauen; auch gehört Saudi-Arabien zu jenen Ländern, in denen die Todesstrafe noch praktiziert wird: Im Jahr 2013 wurden laut Amnesty International über 79 Menschen in Saudi Arabien hingerichtet.