An der Börse in Athen ist die Drachme bereits Realität
Ökonomen und Politiker debattieren noch über einen Verbleib Griechenlands im Euroraum. Deutlicher ist indes die Tendenz am Markt: Investoren zahlen bereits für griechische Aktien den geringsten Preis, seit das Land die 168 Jahre alte Drachme abschaffte.
Das zeigt ein hitorischer Vergleich (siehe Grafik) der monatlichen Bewertungen des ASE-Index der Börse Athen im Vergleich zum Umsatz seiner Mitglieder. Dieses Verhältnis sank gestern auf 0,22, den niedrigsten Wert seit mindestens 1995, als Griechenland sich um die Erfüllung der Kriterien zum Beitritt zum Euro-Währungsraum bemühte.
Im Vorfeld des Beitritts Griechenlands zum Euro im Jahr
2001 kletterten die Aktienkurse in Griechenland Bloomberg-Daten zufolge auf das 5,5fache des Umsatzes, da Investoren auf eine wirtschaftliche Konvergenz setzten. Der ebenfalls abgebildete MSCI Europe Index lag am Montag beim 0,78fachen vom Umsatz.
Das Schicksal Griechenlands - innerhalb oder außerhalb des Euroraums - könnte sich in den kommenden Monaten entscheiden, und die meisten griechischen Aktien notieren wie Kaufoptionen, sagt Georgios Tsapouris, Investment-Stratege bei Coutts & Co. in London. Da die meisten Konjunkturindikatoren zusammenbrechen und die Kredite an die Realwirtschaft fast eingefroren sind, rechnen wir mit einem Anstieg der Zahlungsausfälle und einem Rückgang der Unternehmensgewinne.
Griechische Aktien mögen billig erscheinen, aber sie sind aus gutem Grund billig. Sie könnten noch sehr viel billiger werden, sollte Griechenland aus dem Euroraum ausscheiden.
Kursverluste von 90 Prozent
Der ASE-Index ist seit Anfang 2008 um 90 Prozent abgesackt, nachdem die Besorgnis wuchs, dass das Land seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Die Europäische Union sah sich gezwungen, dem Land finanziell unter die Arme zu greifen. Bei der Wahl am 17. Juni muss sich das Land entscheiden, ob es eine Regierung will, die an dem für weitere Finanzhilfen notwendigen Sparkurs festhalten will oder jene Parteien an die Macht wählt, die dies ablehnen. Wenn die neue Regierung die EU-Konditionen ablehnt, ist Griechenland wohl gezwungen, den Euro zu verlassen.
Der griechische Leitindex weist auf der Basis der Gewinne seiner Mitglieder für die vergangenen 12 Monate Bloomberg-Daten zufolge ein negatives Kurs/Gewinn-Verhältnis auf.
Bloomberg/hahn