Von einer Assistentin zur SPÖ-Ministerin:
Doris Bures und das Märchen vom Aufstieg
Doris Bures zeigt es allen: Seht her, ich, die Zahnarztassistentin, bin Infrastrukturministerin geworden. In ihrer Partei wird sie mehr geachtet als geliebt, der Koalitionspartner zollt Respekt. Vorerst.
Ein Märchen! Die Story vom Aufstieg der Doris Bures erinnert, wenn auch nur vage, an die Geschichte vom armen Aschenputtel mit bekannt gutem Ausgang. Böse Stiefschwestern und im speziellen Fall wohl auch Stiefbrüder hat die 47-jährige Mutter einer erwachsenen Tochter in ihrem Leben jedenfalls zur Genüge zu Gesicht bekommen. Sie war sehr oft mit dem Urteil konfrontiert: Das schafft sie nie, erzählt etwa Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina. Jo, mittlerweile ins Beraterfach übersiedelt. managte mit Bures den Wahlkampf des Jahres 2006 die Auseinandersetzungen der beiden sind bis heute Legende. Kalina hatte mit ihr oft hitzige Konflikte, auch um lächerliche Details ausgetragen. Wenn er heute die Stärken seiner ehemaligen Mitstreiterin beschreibt, klingt das nach Bewunderung mit ambivalentem Unterton: Das, was sie hat, kann ihr niemand streitig machen: exzellente Managementfähigkeiten, Zielstrebigkeit und die Härte, ihre Positionen auch durchzusetzen.
Man kann sich ungefähr vorstellen, wie das war, damals in den Achtzigern, in der Sozialistischen Jugend: Josef Cap, heute Klubobmann, war Vorsitzender, Alfred Gusenbauer erster und Jo Kalina zweiter Verbandssekretär und Doris Bures die gemeinsame Sekretärin der Jusos. Sie war keine, die auf der Uni studiert hatte, sie gehörte nicht zur VSStÖ- und Häupl-Partie; es gab, sagt ein Bekannter, durchaus derbe Vorbehalte. Namentlich der jetzige Bürgermeister soll sie, dem Vernehmen nach, nicht wirklich geschätzt haben. Die kleine Sekretärin aber ließ sich nicht hinausekeln, sondern boxte sich durch. Auch als sie Gusenbauer anno 2000 als Bundesgeschäftsführerin holte, waren die Vorbehalte noch nicht ausgeräumt. Sie musste strenge Exekutorin spielen, schuf sich genug Feinde, wurde gleichzeitig für alle Fehler verantwortlich gemacht doch letztendlich gewann sie den internen Ausscheidungskampf gegen Geschäftsführungskollegin Andrea Kuntzl. Auch mit deren Nachfolger Norbert Darabos lieferte sich die Partei-Fighterin mittelschwere Gefechte wie dieser launig erzählen kann.
Kampfschreierin gegen Schwarz-Blau
Verspottet als Kampfschreierin gegen Schwarz-Blau, waren ihre Beliebtheitswerte zu jener Zeit nicht eben hoch. Mit schriller Stimme und hölzernen Floskeln wetterte sie gegen die soziale Kälte von Schüssel und Co und sanierte so nebenher mit Christoph Matznetter die roten Parteifinanzen. Der Steuerexperte verlor beim Wechsel von Gusi zu Faymann seinen Staatssekretärsjob, sie hingegen stieg in Partei- und Ministerhierarchie weiter auf. Matznetter vergönnt ihr den Job dennoch. Sie ist eine Allzweck-Polit-Managerin, die ihre Sporen mehrfach verdient hat, sagt er. Ihr dornenvoller Weg nach oben ist ihm bekannt. Mittlerweile genießt sie aber hohe Anerkennung, lobt er freimütig, niemand in der Partei sagt mehr, sie wäre überfordert.
Bures spielt mit offenen Karten
Bures gilt als loyal, aber auch als eine, die mit offenen Karten spielt. Der Direktor des Renner-Instituts, Karl Duffek, schätzt sie schon deshalb sehr, weil sie mit offenem Visier kämpft und nicht hintenherum flunkelt. Die Zeiten des Spotts über die Zahnarzthelferin sind jedenfalls vorbei; selbst der Koalitionspartner beginnt, seine Vorurteile zu revidieren. Ich war zugegebenermaßen reserviert, als ich hörte, dass sie Verkehrsministerin wird, und dachte, da werden wir ein Problem haben, erzählt Ferry Maier, neuer ÖVP-Verkehrssprecher. Doch nach dem ersten Meeting ist alles anders: Es war ein sehr gutes Gespräch unter vier Augen, sehr konstruktiv.
Kuschelkurs an allen Fronten auch Industrie-General Markus Beyrer kennt und schätzt sie als gute Ansprechpartnerin und engagierte Kämpferin für die Notwendigkeiten der Forschungsfinanzierung und beim Infrastrukturausbau. Nur über ihre wirtschaftspolitischen Aussagen, insbesondere über die Idee, die Gehaltsgestaltung von Managern an nichtbetriebswirtschaftliche Kriterien zu koppeln, ist er unglücklich: Dieser gedankliche Zugang hat zum Verstaatlichtendesaster der siebziger und achtziger Jahre geführt.
Fachliches Leichtgewicht?
In ÖVP-nahen Kreisen gilt Bures fachlich als Leichtgewicht. Selbst sieht sie ihre Aufgabe vorwiegend darin, über Großinvestitionen des Ressorts der Wirtschaftskrise zu trotzen. Sie exekutiert das Regierungsprogramm; verkehrspolitische Ideologien sind ihr fremd was den Grünen naturgemäß missfällt. Verkehrssprecherin Gabriela Moser etwa vermisst politischen Gestaltungswillen und fordert die Ministerin auf, kraft ihrer einflussreichen Position in der SPÖ eine deutliche Wende in Richtung sozial und ökologisch einzuschlagen und nicht nur den Faymann-Kurs weiterzufahren.
Solche Zurufe hört die persönlich unkompliziert auftretende Politikerin zuhauf doch vorerst muss sie die eroberte Machtposition absichern. Das läuft über die enge Beziehung zum Kanzler und ein besonders dichtes Flechtwerk zwischen ihren und seinen Mitarbeitern. Die Schwester von Bures arbeitet bei Faymann im Kabinett, umgekehrt ist Faymanns frühere Lebensgefährtin und Mutter seiner großen Tochter enge Mitarbeiterin von Bures. Sie ist eine wirkliche Vertraute des Bundeskanzlers, ich empfinde den Umgang der beiden jedenfalls so, sagt Maria Fekter. Die selbst nicht weiche ÖVP-Innenministerin hat Bures vor vielen Jahren in Wohnrechtsangelegenheiten als sehr harte Verhandlerin kennen gelernt, die Positionen lagen meist sehr weit auseinander. Zuletzt trafen die beiden toughen Ladys als Koalitions-Koordinatorinnen zusammen. Fekter: Da habe ich sie als gescheite, sachbezogene Frau schätzen gelernt. Das prägnante Urteil über die Kollegin von der anderen Fraktion: Sie ist eine gefestigte Linke, aber ihre freundliche Art ist mir angenehm.
Von Othmar Pruckner