Sind unsere Manager ihr Geld wert? Debatte
um gerechte Gehälter ist nun voll entbrannt
Die Gier angloamerikanischer Banker brachte die Gagen der Manager ins Gerede. Jetzt fordern Politiker und Bürger eine Begrenzung der Millionengehälter. Auch in Österreich sind die Spitzeneinkommen enorm gestiegen oft zu Unrecht. Aber allzu rigide Eingriffe können auch schädlich sein.
Die sechs Herren des Vorstands der Wiener Städtischen Versicherung sitzen zeitig am Morgen im obersten Stockwerk des Ringturms zusammen. Sie gehen noch einmal die Präsentation der vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2008 durch. Die Zahlen sehen gut aus. 16 Prozent Wachstum. 540 Millionen Euro Gewinn. Das Jahr beinhaltet ja erst drei Monate Krise. Doch Günter Geyer, Generaldirektor der Wiener Städtischen, hat trotzdem ein ungutes Gefühl: Meine Herren, was halten Sie davon, wenn wir auf unsere Boni verzichten? Als Zeichen für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter? Einigen der angesprochenen Herren bleibt kurz die Luft weg. Trotzdem. Einstimmig verabschieden sich die sechs Vorstände der größten österreichischen Versicherung an diesem Morgen von knapp 3,5 Millionen Euro, die ihnen laut Vertrag als Erfolgsprämie fürs Vorjahr zustehen würden.
Its a shame!
So geschehen am 27. Jänner 2009. Die Solidaritätsaktion von Geyer und Kollegen mit ihren von der Krise leidgeprüften Mitarbeitern und Prämienzahlern wird zu diesem Zeitpunkt in Österreich kaum wahrgenommen, niemand applaudiert. Doch genau eine Woche später, am 3. Februar, schreit der neue US-Präsident Barack Obama bei einem Interview des Fernsehsenders NBC mit vor Wut geballter Faust in Millionen amerikanische Haushalte: Its a shame! Es ist beschämend! Es ist empörend! Es ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit! Wenn die Steuerzahler dir helfen, hast du eine gewisse Verantwortung und kannst nicht weiter in Saus und Braus leben!
Was Obama anprangert, bringt nicht nur in den USA die Volksseele zum Kochen: Trotz Rekordverlusten zahlten die Banken in New York für das vergangene Jahr noch immer 18,4 Milliarden Dollar an Boni aus. Die Pleite von Lehman Brothers läutete den Beginn der Krise ein aber Lehman-Boss Richard Fuld kassierte für das vergangene Jahr dennoch 72 Millionen Dollar Gehalt. Die ehemalige Investmentbank Merrill Lynch machte 27 Milliarden Dollar Verlust, aber kurz vor der Übernahme durch die Bank of America wurden ihren führenden Mitarbeitern noch Boni in Höhe von vier Milliarden Dollar gezahlt. Die Großbank Citigroup nahm insgesamt 45 Milliarden Dollar an Regierungshilfe in Anspruch und 306 Milliarden Dollar an staatlichen Garantien. Ihre Mitarbeiter erhielten vier Milliarden Dollar an Sonderprämien. Die Schweizer Großbank UBS verlor 2008 etwa 13 Milliarden Euro. Nur ein 2,5 Milliarden Euro schweres Unterstützungspaket der Regierung bewahrt die Bank vor dem Untergang. Ans Management werden dennoch Bonuszahlungen im Ausmaß von 1,2 Milliarden Euro geleistet.
Die Auswüchse zeigen Wirkung, auch in Europa, auch in Österreich. Immerhin sie die Managergehälter auch hierzulande in den letzten zehn Jahren rapide gestiegen. Zu Schilling-Zeiten waren zehn Millionen Jahressalär noch eine Sensation. Umgerechnet sind das 700.000 Euro: heute Standard für die Bosse von großen Konzernen. Bürger, die sonst für größtmögliche Freiheit (der Kunst, der Religion, Menschenrechte) eintreten, plädieren plötzlich für die Begrenzung der Managereinkommen.
Gehaltsobergrenze in USA angekündigt
Zur Eindämmung der Gier der Bosse, die beigetragen haben, das westliche Wirtschaftssystem schwer zu erschüttern, hat US-Präsident Obama eine Gehaltsobergrenze für Manager jener Unternehmen angekündigt, die staatliche Hilfe benötigen. 500.000 Dollar keinen Cent mehr! Und da Österreichs neuer Bundeskanzler Werner Faymann oft und gerne Anleihen bei seinem amerikanischen Amtskollegen nimmt, fordert er dasselbe. Auch Faymann kann sich eine Begrenzung der Gehälter bei Firmen, die im staatlichen Einfluss stehen, vorstellen. Sogar in der unternehmerfreundlichen ÖVP sieht man die Wut der tausenden von Kündigung und Kurzarbeit bedrohten Arbeitnehmer als bedrohlich an und reagiert ganz entgegen der Konvention.
ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner fordert, dass die Aufsichtsräte in Hinkunft verstärkt auf die angemessene Höhe achten sollen. Was Obama teuer ist, soll uns nur billig sein, meint VP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka. Auch bei privaten Konzernen, die Geld vom Staat brauchen, und bei Managern, die ihren Mitarbeitern jetzt Kurzarbeit verordnen, soll das Gehalt gedeckelt werden: In Österreich ist von 319.000 Euro die Rede. Das entspricht dem Salär des Bundespräsidenten. Und es entspricht der Meinung der Österreicher. Bei einer von OGM durchgeführten repräsentativen Befragung sprachen sich 71 Prozent für eine gesetzliche Obergrenze von Managergehältern aus.
Wird das Vorhaben realisiert, dann verdient etwa Herbert Stepic, der Chef von Raiffeisen International, nicht mehr knapp 1,5 Millionen Euro wie im Jahr 2007. Auch nicht die Hälfte, wie es wegen der gekürzten Boni für 2008 der Fall sein wird, sondern eben nur noch 319.000 Euro, ein Minus von fast 80 Prozent.
Sind Österreichs Bosse ihr Geld nicht wert?
Die Erste Bank überlegt, 2,7 Milliarden an staatlicher Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Raiffeisen Zentralbank möchte sich mit 1,75 Milliarden an Staatshilfe absichern, die Volksbanken wollen eine Milliarde vom Staat holen, deren Tochter Kommunalkredit wurde wegen des drohenden Konkurses gleich verstaatlicht. Die AUA kann sich bestenfalls mit einer öffentlichen Überbrückungshilfe von 500 Millionen Euro in den Hafen der Lufthansa retten. Und selbst einstige Vorzeigeunternehmen wie Wienerberger fordern staatliche Garantien bei der Begebung ihrer Anleihen, um Geld in ihre leeren Kassen pumpen zu können. Alles Gründe, warum die Diskussion, ob die heimischen Manager verdienen, was sie verdienen, so heftig geführt wird wie nie zuvor.
Sind die 4,2 Millionen Euro, die der Boss der Erste Bank Andreas Treichl 2007 kassierte, gerecht? Waren die 520.000 Euro Gehalt für AUA Boss Alfred Ötsch angesichts der trudelnden Airline nicht doch zu viel? Sind sechs Millionen Euro Jahresgehalt für den Meinl-Bank-Vorstand in Anbetracht der Verluste bei Tausenden MEL-Kleinanlegern nicht doch ein wenig üppig? Es sind nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Globalisierungskritiker, Grüne oder Kommunisten, die plötzlich diese Fragen stellen.
Der Experte für Managerentlohnung beim Personalberater Neumann, Conrad Pramböck, meint dazu nur lapidar: Es gibt keine Gerechtigkeit bei Gehaltsfragen. Der Geschäftsführer von Kienbaum Management Consulting, Alexander von Preen, ist der Überzeugung: Die aktuelle Aufregung ist eine Feigenblatt-Diskussion. Österreichische Manager sind nicht überbezahlt, sondern liegen mit ihren Bezügen im europäischen Mittelfeld. Trotzdem bewegt jeden die Frage: Das Wievielfache des durchschnittlichen Gehalts seiner Mitarbeiter darf ein Generaldirektor verdienen? Das Zehn-, das Zwanzig-, das Hundert-, das Tausendfache?
Vorschlag des Abtes
Gregor Henckel-Donnersmarck, Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz und bis 1977 erfolgreicher Manager im weltlichen Leben, sagt: Wenn ein Unternehmen gut verdient, viele Arbeitsplätze schafft und vermehrt, sollen auch die Manager gut verdienen. Aber es muss eine richtige Relation zwischen den Mindestgehältern und den Spitzengagen geben. 1:40 mag in Ordnung sein, aber bei 1:280 stimmt etwas nicht.
Das Bruttogehalt des durchschnittlichen Österreichers beträgt rund 27.500 Euro im Jahr. Laut der Formel des Geistlichen (1:40) wären demnach 1,1 Millionen ein noch vertretbares Managersalär. Da liegen nicht wenige Bosse deutlich darüber.
Managergehälter verdoppelt
Zwar spielen Österreichs Generaldirektoren was ihr Gehalt anbelangt nicht in der Liga eines Wendelin Wiedeking (Porsche-Boss, 80 Millionen für 2008) oder eines Larry Allison (der Oracle-Chef verdient umgerechnet 148 Millionen Euro). Dennoch haben sich die Managergehälter innerhalb der letzten zehn Jahre hierzulande fast verdoppelt. Das Durchschnittseinkommen stieg im gleichen Zeitraum lediglich um 24 Prozent.
Magna-Boss Siegfried Wolf beispielsweise ist mit seinen 6,2 Millionen Euro für das Jahr 2007 der bestverdienende Manager des Landes. Seine Gage entspricht dem 200-Fachen des österreichischen Durchschnittsgehalts. Die Forderung von Staatssekretär Lopatka, dass eine Begrenzung auch bei jenen Unternehmen schlagend werden sollte, die kurzarbeiten lassen, würde auch Wolfs Gehaltszettel betreffen. Schließlich sind in den beiden steirischen Magna-Standorten Lannach und Ilz 700 Mitarbeiter auf Kurzarbeit gesetzt. Mit der Differenz von 5,9 Millionen Euro zum Gehalt des Bundespräsidenten könnte Magna allen ihrer 700 Kurzarbeiter, die auf rund 20 Prozent des Gehalts verzichten müssen, den Verlust ein Jahr lang ausgleichen und es würden noch zwei Millionen übrig bleiben.
Gewaltige Gehaltsunterschiede
Eine unfaire Rechnung? Mag sein, aber sie illustriert, welche gewaltigen Unterschiede sich zwischen den Einkommen von Spitzenmanagern und einfachen Mitarbeitern aufgebaut haben. Magna-Chef Wolf argumentiert dagegen: Kurzarbeit bedeutet ja nicht, dass staatliche Unterstützung in Anspruch genommen wird, sondern sie wird aus jenen Beträgen finanziert, die das Unternehmen und dessen Mitarbeiter selbst einbezahlt haben! Und was die indirekte Kritik an seinem Gehalt betrifft: Dieses werde sich durch den vorhersehbaren Ergebniseinbruch bei Magna nun automatisch reduzieren. Denn das System bei Magna sieht minimale Grundgehälter zwischen 100.000 und 200.000 Dollar im Jahr vor. Der Rest ist zur Gänze erfolgsabhängig. Der Bonusverzicht ergibt sich daraus automatisch.
In Österreich geben es die Manager sowieso billiger. Der durchschnittliche Bezug eines Generaldirektors lag 2007 bei 1,36 Millionen Euro. Deutsche Vorstandschefs kassieren mit 3,82 Millionen deutlich mehr. Sogar Anlegerschützer Wilhelm Rasinger meint: Es ist nicht die Aufgabe des Gesetzgebers, die Höhe der Managergehälter festzulegen. Hier sind die Aufsichtsräte gefordert.
Einer, der Gagen der Bosse generell begrenzen will, ist Heinz Leitsmüller, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft in der Arbeiterkammer Wien: Managergehälter gehören gedeckelt! Wir wollen, dass die steuerliche Absetzbarkeit der Vorstandsbezüge mit dem 20-Fachen der Durchschnittseinkommen begrenzt wird. Dieses Limit wäre derzeit bei rund 540.000 Euro. Darüber hinausgehende Beträge wären laut diesem Vorschlag keine Betriebsausgabe mehr. Für solche Ideen kann sich kaum wer erwärmen, auch Telekom-Austria-Chef Boris Nemsic nicht: Man muss einmal ganz offen sagen, dass sich gute Leute primär, wenn auch nicht ausschließlich, durch Geld an ein Unternehmen binden lassen. Die alte Wirtschaftsweisheit ,If you pay peanuts, you get monkeys hat schon ihre Berechtigung.
Erfolg ist nicht nur der Aktienkurs
Extrem erfolgsorientierte Entlohnungsschemata wie das von Magna zeigen aber eine Problematik, die dazu beigetragen hat, dass die Weltwirtschaft jetzt angezählt in den Seilen hängt. Die Orientierung der Gehälter und Prämien der Manager allein am kurzfristigen finanziellen Erfolg sieht Robert Hassler, Geschäftsführer der Nachhaltigkeits-Ratingagentur oekom, als eine der Hauptursachen der Krise: Die Diskussion um die absolute Höhe einer Vergütung lenkt vom eigentlichen Problem ab. Entscheidend wäre jetzt zu überdenken, an welchen Faktoren sich die Prämien orientieren sollten. Anders gesagt: Alleine den Aktienkurs immer weiter nach oben zu treiben ist keine taugliche Kennzahl mehr, um den Erfolg von Managern zu bewerten. Nachhaltigkeit ist ein immer öfter genanntes Zauberwort, an dem sich die Höhe von Managergehältern in Zukunft orientieren sollte: an ökologischen, sozialen, langfristigen Zielen.
Was ein wenig wie grüne Gutmenschen-Philosophie klingt, wird mittlerweile von einer wachsenden Zahl durchaus gestandener Manager vertreten: Richard Schenz, wiederbestellter Kapitalmarkt-Beauftragter der neuen Regierung, meint: Solange sich der Bonus am nachhaltigen und langfristigen Erfolg des Unternehmens orientiert, können wir ohne Obergrenzen für Managergehälter auskommen. Auch Strabag-Boss Hans Peter Haselsteiner, der mit dem Liberalen Forum ein Sammelbecken für all jene bieten wollte, die für mehr Freiheit der Märkte eintreten, meint: Der Erfolg des Unternehmens soll der Maßstab für die Höhe der Managergehälter sein aber der Erfolg ist nicht der Börsenkurs! Aktienoptionen, die an den Börsenkurs gekoppelt sind, stellen ein Verbrechen dar: Die Aktionäre korrumpieren das Management, ihre Interessen in den Vordergrund zu stellen und nicht die Interessen der Gesellschaft! Selbst Claus Raidl, Präsident der Oesterreichischen Nationalbank und Böhler-Uddeholm-Boss, gesteht: Mittlerweile bin ich ein Gegner von Aktienoptionen.
Airliner Niki Lauda bringt noch einen anderen Gedanken ein: Erfolgszahlungen sind okay. Aber ich habe noch nie gehört, dass ein Manager umgekehrt bei Misserfolgen etwas zurückgeben musste. Ronny Pecik, ein Freund von Lauda und schwerreicher Investor, sieht das ebenso: Manager würden keine unkalkulierbaren Risken eingehen, wenn ihnen ordentliche Zahlungen drohen.
Neues Schema für Gehaltsboni
Für Gehaltsboni zeichnet sich wenigstens schon eine neues Schema ab. Sebastian Karwautz, Experte bei Mercer Management Consulting: Wir sehen immer öfter, dass bei den von den Aufsichtsräten kontrollierten Compensation Comitees längere Fristen bei der Auszahlung festgelegt werden. Im ersten Jahr werden etwa nur 50 Prozent der Summe, in den beiden folgenden Jahren jeweils 25 Prozent ausbezahlt. Und das Geld gibt es in den Folgejahren nur, wenn die Ziele dann ebenfalls erreicht werden. Alexander von Preen, Geschäftsführer von Kienbaum Management Consulting, pflichtet bei: Moderne Vergütungssysteme, die es in Österreich aber noch nicht gibt, sind wesentlich langfristiger angelegt. Ende der neunziger Jahre hatten hier nur 40 bis 50 Prozent der Manager eine variable Komponente in ihrem Gehalt. Heute enthalten mehr als 90 Prozent der Gagen variable Bestandteile zwischen 50 und 100 Prozent. Aber die sind eben an kurzfristige Ziele gebunden. Die viel sinnvolleren über drei Jahre laufenden Mid-Term-Incentives oder über fünf Jahre bemessenen Long-Term-Incentives spielen dagegen noch kaum eine Rolle.
Neue Bescheidenheit
Eine neue Bescheidenheit stellt sich unter Wirtschaftskapitänen aber langsam ein. Personalberatungsunternehmen, die mit Suchaufträgen für den Top-Executive-Bereich betraut werden, merken bereits eine wachsende Zurückhaltung, wenn es um die Höhe der Gehälter geht. Man will zwar nach wie vor die besten Kandidaten haben, aber nun schaut auch der Betriebsrat genauer auf das Vergütungspaket, weiß Philipp Harmer, Geschäftsführer des Personalberaters Egon Zehnder. Auch die Gehaltsvorstellungen der Kandidaten für Top-Jobs scheinen seiner Erfahrung nach bescheidener geworden zu sein. Und das aus einem einfachen Grund: Es sind viel mehr Top-Leute am Markt, und es kommen Spitzenleute der Finanzbranche aus den USA, Großbritannien und Deutschland, die nun bereit sind, für ein viel, viel geringeres Gehalt in Österreich zu arbeiten.
Eine generelle Deckelung der Managergehälter würde der Personalberater für einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil halten. Darin stimmt ihm Kapitalmarktexperte Schenz zu, der auch dem Arbeitskreis für Corporate Governance vorsitzt. Wir brauchen keine gesetzlichen Gehaltsobergrenzen, wir brauchen aber auch keine Steuerbegünstigungen für Stock Options, stellt er im Hinblick auf das durch Optionen angetriebene Kurzfristdenken fest. Bei Unternehmen, die Staatshilfe beanspruchen, sollen hingegen Gehälter, aber vor allem Bonuszahlungen begrenzt werden, meint Schenz.
Unternehmensberater Alexander Exner sieht das differenzierter: Bei der Gehaltsdiskussion ist klar zu unterscheiden, ob ein Unternehmen vom Staat subventioniert wird oder bloß verzinstes Geld ausborgt. Mit der zweiten Variante spricht Exner jene Banken an, die zur Stärkung ihrer Eigenkapitaldecke Mittel vom Staat aufnehmen, diese aber im Laufe von fünf Jahren zu neun Prozent verzinst wieder zurückzahlen müssen. Erste-Bank-Chef Andreas Treichl will sich auf unangenehme Diskussionen gar nicht erst einlassen. Sein Institut plant, sich 2,7 Milliarden Euro Genussscheinkapital vom Staat zu holen. Gleichzeitig hat der Vorstand der Erste Bank angekündigt, im Moment auf Bonuszahlungen zu verzichten.
Anreize für Manager notwendig
Auch der frühere Boss der Werbeagentur GGK und AUA-Minderheitsaktionär, Hans Schmid, betont die Unterschiede: Wenn Manager erfolgreicher Unternehmen die angebotene Staatshilfe in Anspruch nehmen, um ihre Eigenkapitalquote zu stärken und so ihren Klienten wieder Chancen für Investitionen zu bieten, so sehe ich keinen Grund für eine Obergrenze. Für jene Manager, die Staatshilfe in Anspruch nehmen, um ihr Missmanagement auszubügeln und einen drohenden Crash zu verhindern, sind auch 500.000 Dollar viel zu viel. Schmid meint damit wohl die AUA.
Die breite Diskussion über die Gehälter der österreichischen Top-Manager ist angesichts des Zustands der Wirtschaft verständlich. Dennoch muss eingeräumt werden, dass Gehaltsexzesse wie bei US-Investmentbanken in Österreich nicht die Regel sind. Wenn der dreiköpfige Meinl-Bank-Vorstand sich für 2007 gleich 17 Millionen Euro als Jahresgage gegönnt hat, so ist das eine Ausnahme, die wohl auch in der eigentümlichen, ziemlich abgehobenen Welt von Julius Meinl V. ihre Erklärung findet.
Ähnlich verhielt es sich bei der für das Immofinanz-Desaster verantwortlichen Constantia Privatbank. Dort kassierten Ex-Chef Karl Petrikovics und seine beiden Vorstandskollegen (alle mittlerweile ausgeschieden) zusammen eine Abfertigung in Höhe von fast 20 Millionen Euro zu einem Zeitpunkt, als sich der Totalabsturz schon klar abzeichnete.
Keine Formeln zu erwarten
Eine schlüssige Antwort auf die Frage, wie viel Top-Manager verdienen sollen, damit sie mit vollem Einsatz einen finanziell, sozial und gesellschaftlich nachhaltigen Erfolg für das Unternehmen erzielen, kann schwer in Formeln gefunden werden. Ebenso wenig wie für die Frage, wie viel sie höchstens verdienen dürfen, damit die Gier nach immer mehr nicht das Unternehmen oder gar ganze Volkswirtschaften in den Abgrund reißt.
Aber so viel steht fest: dass es für langfristiges Handeln in Zukunft verstärkte Anreize im Entlohnungssystem für Manager geben muss. Wie viel sie wirklich wert sind, zeigt sich aber auch an ihren eigenen Werten. Wie bei Günter Geyer etwa, dem Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung. Oder wie beim Vorstand des Kranherstellers Palfinger. Aufsichtsratschef Alexander Exner erzählt: Als bei Palfinger Kurzarbeit eingeführt werden musste, haben sich dort die Spitzenverdiener selbst freiwillig einen Gehaltsverzicht verordnet, der doppelt so hoch ist wie jener der Beschäftigten in Kurzarbeit. Die trifft das natürlich immer noch viel stärker, aber die Arbeiter dort sagen zumindest: Okay, ihr seid fair.
Von Martina Forsthuber, Thomas Martinek, Peter Sempelmann