ÖBB: Family Business bei Familie Huber
Affäre. Neue Details zum Immobiliendeal von ÖBB-Chef Martin Hubers Ehefrau.
Axel Mader ist in der Wiener Szene als Medien- und Immobilienprofi wohl bekannt. Unter anderem arbeitete er mit dem im Vorjahr verstorbenen Alfred Lion als Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Lion Immobiliengruppe zusammen. In diesem Zusammenhang hatte Mader auch wiederholt mit jener Liegenschaft Schillerplatz 4 in der Wiener Innenstadt zu tun, die bekanntlich im Sommer 2006 von der Telekom Austria (TA) an Barbara Huber-Lipp, die Ehefrau von Bahnchef Martin Huber, verkauft wurde. Das Brisante daran: Mader sagt, dass er persönlich von Herrn Huber kontaktiert wurde, ob er nicht Interesse an dieser Liegenschaft habe. Jenem Martin Huber, der heute behauptet, diese Causa beträfe allein seine Frau, und zu den privaten Angelegenheiten seiner Frau wolle er nicht Stellung nehmen. Doch alles der Reihe nach.
Zum ersten Mal hatten Mader und sein Partner im Herbst 2004 mit der Liegenschaft Schillerplatz 4 zu tun. Die Lion Immobilien Gruppe war von der Telekom Austria eingeladen worden, ein Anbot zu legen, und tat das auch: Am 27. Oktober 2004 offerierte sie dem damaligen Finanzchef der TA, Stefano Colombo, für die drei Liegenschaften Schillerplatz 4, Lehárgasse 7 und Berggasse 35 insgesamt 23 Millionen Euro. Mader: Was wir geboten haben, war beträchtlich. Und wir haben uns geärgert, weil darauf keinerlei Reaktion kam. Wir haben uns zumindest erwartet, dass wir zu weiteren Gesprächen eingeladen werden. Aber das war nicht der Fall. Auch andere Interessenten, nämlich die Stieftochter von Karl Wlaschek, Claudia Hönigsberger, sowie Investor Michael Tojner mit seiner Wertinvest, sollen sich damals für das Objekt Schillerplatz interessiert haben. Und zwar ebenso vergeblich wie Lion. Denn wie das Magazin Format berichtete, ging das Objekt im Frühsommer 2006 zu einem Kaufpreis von 5,8 Millionen Euro an die Schillerplatz 4 Projektentwicklungs GmbH. Als Eigentümerin dieser Gesellschaft schien im Firmenbuch zu 25 Prozent Barbara Huber-Lipp auf. Die restlichen 75 Prozent hielt der Steuerberater Josef Ischepp treuhändisch für nicht näher definierte Klienten. Die Vergabe zu einem äußerst wohlfeilen Preis erregte bereits damals einiges Aufsehen. Vermutungen, dass hier das Naheverhältnis zwischen TA-Vorstand Rudolf Fischer und der Familie Huber eine Rolle gespielt haben könnte, weist Mader allerdings zurück: Ich bin selbst mit Rudi Fischer seit zehn Jahren aufs engste befreundet, und wir haben uns damals bemüht, über ihn zu Gesprächen eingeladen zu werden. Umsonst, denn er war gar nicht zuständig.
Innerhalb der Telekom wurde die Causa totgeschwiegen. Ich habe mich damals zwar gewundert, aber offiziell wurde diese Vergabe im Aufsichtsrat nie thematisiert, sagt ein Telekom-Aufsichtsrat. TA-Unternehmenssprecher Martin Bredl war trotz wiederholter Aufforderung durch den trend zu keiner Stellungnahme bereit. Umso mehr sorgte die Causa innerhalb der ÖBB für Wirbel. Und zwar zum Jahreswechsel 2007/2008, als Huber-Lipp dieselbe Liegenschaft Schillerplatz 4, die sie seinerzeit um 5,8 Millionen Euro erworben hatte, um mehr als elf Millionen Euro an die Firma Seeste weiterverkaufte. Jene Firma Seeste, die mit den ÖBB in engen Geschäftsverbindungen steht und einer der Großinvestoren beim Projekt des neuen Wiener Hauptbahnhofs ist. Was SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter am meisten empört, ist die Kaltschnäuzigkeit, mit der Huber jede Verantwortung zurückweist. Kräuter: Auf Anfrage im Holding-Aufsichtsrat (der ÖBB, Anm.) hat Huber, wie Sitzungsteilnehmer bestätigen, mit einem Das ist meine Privatsache geantwortet. Wenn das in dieser Form hingenommen wird, dann gute Nacht, was künftig die Wertmaßstäbe und die Sauberkeitskriterien für Manager im staatlichen und staatsnahen Bereich betrifft. Die Crux an der Causa: Der Rechnungshof darf den Deal nicht prüfen, weil die Telekom nur noch zu 27,37 Prozent in Staatsbesitz ist (nötig wären 50 Prozent). Und die ÖBB und deren Chef sind offiziell nicht involviert. ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker blieb deshalb nur die Möglichkeit einer arbeitsrechtlichen Prüfung der Causa, aufgehängt an einer potenziellen Verletzung des Konkurrenzverbots. Dieses Gutachten der Arbeitsrechtlerin Sieglinde Gahleitner wird Gegenstand der ÖBB-Sonderaufsichtsratssitzung am 31. März sein.
Entscheidend dabei ist natürlich die Frage, ob neben Barbara Huber-Lipp nicht auch Gatte Martin persönlich in den Deal verwickelt war. Denn die grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser vermutet, dass Treuhänder Ischepp jene nicht deklarierten 75 Prozent für Martin Huber hält. Ein Indiz in diese Richtung ist die Tatsache, dass sich der Bahnchef offenbar höchstpersönlich um den Weiterverkauf des Objekts Schillerplatz 4 bemühte. Axel Mader: Im Vorjahr hat mich Herr Huber gefragt, ob ich Interesse an der Liegenschaft hätte. Aber es kam dann nicht zu engeren Gesprächen, weil ein Mitbewerber deutlich mehr geboten hat als wir. Ob er sich denn gar nicht gewundert hätte, dass hier der Gatte als Geschäftspartner auftrat, obwohl doch die Firma seiner Frau gehörte? Mader: Ich kenne Herrn Huber seit zehn Jahren. Und er hat mir bei einem gemeinsamen Essen erzählt, dass die Liegenschaft gerade neu aufgestellt würde, wie sie ausgebaut wird und um welche Flächen es geht. Ich war interessiert. Aber wie gesagt, wir haben nur acht Millionen geboten, also um drei Millionen weniger als der Mitbewerber. Hubers Sprecher Gary Pippan wurde von trend mit den Vorwürfen konfrontiert, wollte aber keine Stellungnahme abgeben, sondern leitete die Anfrage an den im Urlaub befindlichen Huber weiter, der jedoch ebenfalls nicht antwortete.
Moser hat nun in der Karwoche eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Darin heißt es: Angesichts dieser Dreieckskonstellation ÖBB Familie Huber Seeste, die letztlich zu einem Vermögenszuwachs der Familie Huber geführt hat, ist es zweifellos dringend aufklärungsbedürftig, ob der hohe Kaufpreis für die Immobilie Schillerplatz 4 im Zusammenhang mit dem Zuschlag des Bauprojektes am Südbahnhof für die Firma Seeste steht und inwieweit damit allenfalls strafrechtlich relevante Tatbestände wie Untreue (§ 153 StGB), Täuschung (§ 108 StGB) oder Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB) erfüllt sind.
Von Ingrid Dengg