Jede Konferenz ein Lenz

Meetings nehmen bis zu 80 Prozent der Arbeitszeit in Anspruch und kosten somit enorm viel Geld. Doch gut 40 Prozent der Sitzungen sind ineffizient.

„Viele gehen hinein, aber wenig kommt heraus!“
Erkenntnis eines anonymen Sitzungsteilnehmers

Maria hat zum fünften Mal hintereinander „drei in einer Reihe“ geschafft. Aber Gregor spielt heute auch wirklich miserabel. Sabine stellt eine dicht beschriebene Liste ihrer Urlaubsgarderobe zusammen und hält gerade auf Seite drei. Karl ist das Kinn schwer auf die Brust gesunken, und leise Sägegeräusche entströmen ihm. Seit zwei Stunden erzählt der Chef unter „Allfälliges“ über seine Leistungen und die daraus resultierenden Erfolge für das Unternehmen. Keiner der 20 Mitarbeiter wagt es aufzustehen, keiner stellt eine Frage, jeder versucht mit sanftem Nicken sein Einverständnis mit allem Gesagten zu signalisieren. Was auch immer es sein mag, denn keiner hört zu. Nur Karl nickt nicht mehr. Er hat so lange genickt, bis er sanft eingenickt ist.

Sitzungen werden gerne und oft einberufen und verschlingen viel Arbeitszeit. Nicht immer bringen sie aber den gewünschten Erfolg. „Eine europaweite Studie stellt fest, dass 40 Prozent aller Meetings nicht produktiv sind“, weiß Herbert Madl, Trainer und Lektor für Meetingkultur an der Fachhochschule Kufstein. Sind Konferenzen ein notwendiges Übel oder eine durchaus verzichtbare Quelle steter Frustration?

Meetaholics. „Internationale Studien gehen von ein bis zwei vollen Arbeitstagen Meetingzeit pro Woche im Bürobereich aus. Bei Führungskräften liegt dieser Wert noch deutlich höher“, so Wolfgang Berger, Geschäftsführer der Limak Internationale Management Akademie. Manager sind mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit in Sitzungen. Dazu kommen noch die Face-to-Face-Besprechungen. Eine amerikanische Studie kommt zum Ergebnis, dass Top-Führungskräfte 80 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings verbringen. Und Österreich scheint sogar führend auf dem Gebiet der Sitzionitis zu sein.

„In Österreich sitzt man besonders gern, wir sind ein Land der Hockenbleiber bei Besprechungen, dafür gibt es extrem wenig an Vorbereitung“, analysiert Bernhard Stieger, Geschäftsführer der Gesellschaft für Personalentwicklung.

Besonders leitende Personen scheinen lange Sitzungen als Bühne der Selbstinszenierung zu genießen, während die Teilnehmer untätig vor sich hin dämmern können.

Der Kommunikationsberater Markus Knill stellt daher die süffisanten Fragen: „Sind Sie einsam? Arbeiten Sie allein? Treffen Sie ungern Entscheidungen?“ In diesem Fall empfiehlt er: „Dann machen Sie doch eine Sitzung! Sie können dort sehen, wie andere Leute in Ruhe schlafen, Entscheidungen verschieben, sich wichtig fühlen, ihre Kollegen beeindrucken oder langweilen. Und all das während der Arbeitszeit! Sitzungen scheinen mit Abstand die praktischste Alternative zur Arbeit.“

Leider werden zeitaufwändige, unnötige oder schlecht geführte Sitzungen nicht nur als willkommene Arbeitspause empfunden. Bestenfalls führen sie zu Langeweile, meist jedoch hinterlassen sie frustrierte und demotivierte Teilnehmer.

„Die Relation zwischen Aufwand und Nutzen stimmt nicht. Der Zeitaufwand bei den meisten Sitzungen ist viel zu hoch, ohne dass Ergebnisse erzielt werden“, weiß Stieger. „Bei so einem geringen Output entstehen Desinteresse und Langeweile.“

Mehr als die Hälfte der klassischen Sitzungen sind vom Vortrag einer einzigen Person gekennzeichnet. Dazu bräuchte es allerdings kein Meeting.

„One-Man-Shows, in denen einer redet, und die anderen hören mehr oder minder interessiert zu, keine Fragen, nur Statements, manchmal sogar eine abwertende Haltung und Schuldzuweisungen statt Ergebnisfindung – genau das sind gravierende Fehler bei Sitzungen und Ursache für extreme Demotivation bei den Teilnehmern“, weiß Gabriele Kössler, Geschäftsführerin der Linzer Agentur Kössler & Partner, die eine dreistufige Ausbildung zum Sitzungsmoderator anbietet.

Meeting-Cancelling. Heißt das, weg damit? Werden Sitzungen ab jetzt ersatzlos gestrichen?

„Zwei Herzen wohnen in meiner Brust: Es mögen viele Sitzungen anstrengend und sinnlos erscheinen, aber trotzdem gibt es viel zu wenig Sitzungen“, resümiert Edgar Weiss, Moderationstrainer des Österreichischen Controller-Instituts, „denn nur dadurch kann man Transparenz und Klarheit schaffen. Konflikte entstehen, weil Dinge nicht transparent sind und unausgesprochen bleiben.“ Aber auch Weiss ist davon überzeugt, dass für bloße Einwegkommunikation ein Mail ausreichend wäre, und doch machen für ihn auch solche Meetings Sinn: „Natürlich sind viele Sitzungen nur eine Befehlsausgabe von Vorsitzenden oder ein Ritual, aber auch Rituale sind wichtig, sie schaffen Strukturen in Organisationen.“ Ob eine Sitzung verzichtbar ist oder nicht, hängt daher von der Sichtweise des Fragestellers ab und kann nicht objektiv entschieden werden. Weiss: „Ich halte es mit Heinz von Förster: Objektivität ist eine Illusion.“

Viel radikaler will hingegen Limak-Geschäftsführer Berger verfahren: „In Zeiten überbordender Sitzungen ist Meeting-Cancelling angesagt. Denn oft genug kann das Ziel der Sitzung auch über andere Kanäle, wie e-Mail, erreicht werden.“ Sind Sitzungen jedoch unumgänglich, fordert er eine strikte Vorbereitung: „Wenn es schon sein muss, dann sollte Zielklarheit für das Meeting herrschen. Dann muss eine Agenda erstellt werden, mit Zielen, Themen, Verantwortlichkeiten und Zeiten – aber k. u. k., also kurz und knackig.“

Der zur Sitzung einlädt, halst sich damit auch eine gewisse Arbeit auf, „denn vor dem Meeting sind einige Fragen zu klären“, empfiehlt Kössler: „Was ist das Ziel? Wer muss dabei sein? Wie läuft die Sitzung ab? Wer moderiert? Wie viel Zeit brauchen wir? Welche Ressourcen und Hilfsmittel brauchen wir? Welche Vorinformationen brauchen die Teilnehmer? Wer übernimmt welche Aufgabe?“

Echte Entscheidungen sollten aber separat gefällt werden, da sie in der Sitzung zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden. Stieger, der auch einen Workshop zum Thema „Meetings effizient gestalten“ anbietet: „Echte Entscheidungsmeetings kosten zu viel Zeit. Der Mindestoutput einer jeden Sitzung muss jedoch ein Actionplan sein, ein Vereinbarungsprotokoll, dessen Punkte beim nächsten Meeting auf ihre Erfüllung durchgegangen werden. Damit steigt die Motivation der Teilnehmer enorm.“ Das verlangt Disziplin, verschafft den Teilnehmern aber auch das angenehme Gefühl, eine klare Aufgabe zu haben, ernst genommen zu werden, und vor allem die Gewissheit, dass die Zeit in der Sitzung nicht vergeudet war. Stieger aus eigener Erfahrung: „Ich bin ein Superchaot, und es fällt mir sehr schwer, mich daran zu halten, aber es bringt’s total.“

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