<small><i>Andreas Lampl</i></small>
Der ORF wird eine zweite AUA werden

Die Politik ist nicht ernsthaft an der ORF-Sanierung interessiert. Sie will nur neue Köpfe. Aber: Ohne radikale Reform des Staatsfunks kracht es. Mit oder ohne Wrabetz. Von Andreas Lampl

Ein lautstarkes „AUA!“ sollte eigentlich Warnung genug sein: Auch der ORF läuft Gefahr, dass es dort in ein paar Jahren ganz schlimm „aua!“ macht. Und es würde richtig weh tun, wenn das Staatsfernsehen in ein ähnliches Debakel schlittert wie die Staatsairline. Bei dieser haben ja im Rückblick einige Politiker eingesehen, dass man vielleicht früher hätte reagieren müssen. Jetzt kostet das jahrelange Festkrallen an Wunschträumen (rot-weiß-rote Heckflosse) halt 500 Millionen Euro Steuergeld.

Bundeskanzler Werner Faymann hat immerhin den Zusammenhang erkannt. „Der ORF darf keine zweite AUA werden“, so tönte er kürzlich in einem Interview. Die Lehren aus dem Crash der Fluggesellschaft lassen sich aber offenbar trotzdem ignorieren. Die Regierung redet zwar laut von neuen – natürlich proporzmäßig akkordierten – Köpfen an der Spitze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Forderungen, das wahre Übel an der Wurzel zu packen, nämlich die politische Vereinnahmung des ORF, sind, wenn überhaupt, nur ganz leise zu hören. Aber: Solange der Sender (mit seinen 80 Millionen Euro Verlust) als Abspielstation für politische Wünsche betrachtet wird und nicht schlicht als Unternehmen, wird die Bilanz schwarze Löcher und rote Zahlen aufweisen.

Was hindert die Regierung daran (wenn sie es ernst mit der Sanierung meint), statt des von Parteien besetzten Stiftungsrats einen professionellen Aufsichtsrat mit managementerfahrenen Mitgliedern zu installieren? Die grüne Stiftungsrätin Monika Langthaler (wohl kaum eine neoliberale Hardlinerin) schlägt vor, dass in diesem Kontrollorgan die Belegschaftsvertreter bei der Wahl von Managern nicht mehr mitstimmen dürften. ÖVP-Mann Ferry Maier regt eine internationale Ausschreibung an, so ein neuer ORF-Boss gewünscht wird. Das wären eigentlich Selbstverständlichkeiten – aber eben nur dann, ginge es tatsächlich um die wirtschaftliche Gesundung des ORF. Dem Ziel, die eigene Partei bestmöglich ins (Zeit im) Bild zu setzen, können solche Ideen abträglich sein. Es gibt ja abschreckende Beispiele: Beim staatlichen Stromkonzern Verbund hat ein frecher Aufsichtsrat Wolfgang Anzengruber in den Chefsessel gehievt und nicht die von Teilen der ÖVP favorisierte Gegenkandidatin.

Was würde ein normaler Eigentümer tun, hätte sein Betrieb mit argen Verlusten zu kämpfen? Er würde mit seinen Managern analysieren, welche Struktur der Markt noch hergibt. Er würde schnell erkennen, dass der ORF viel zu groß ist (wie auch die AUA für einen Alleingang immer um die Hälfte zu groß war). Auf dieser Basis würde er die Firma neu aufstellen. Und dann überlegen, ob sein Team das richtige für die Umsetzung ist oder ob er neue Leute dafür braucht. Randbemerkung: Ein privater Eigentümer wäre gar nicht in eine so missliche Lage gekommen, weil er nie zugelassen hätte, dass frühere Generalintendanten mit dem Betriebsrat irrwitzig teure Verträge für die Mitarbeiter aushandeln. Nur neue Direktoren hinzusetzen, ohne die Strukturen radikal zu verändern, das alleine bringt gar nichts.

Klar, Alexander Wrabetz hat sich angreifbar gemacht. Er ist die Reformen zu zögerlich angegangen. Er wiederholt immer noch dauernd, dass der ORF kein Sanierungsfall ist, anstatt Alarm zu schlagen und die Talfahrt des ORF in dras­tischen Farben zu malen. Beim Personalabbau wagt er sich nur langsam aus der Deckung, während etwa die Manager von Post und Telekom dem Problem ihrer zu hohen Beschäftigtenstände offensiv zu Leibe rücken und auch den Clinch mit der Regierung nicht scheuen (Stichwort Beamtenagentur).

Auf der anderen Seite kann man Wrabetz seine Vorsicht nur schwer verdenken. Natürlich stimmt, was der ORF-Frontman beklagt: dass die Verluste des Staatsfunks nur ein vorgeschobener Grund sind, ihn loszuwerden. Sparpläne werden im Stiftungsrat oft genug aus Parteitaktik blockiert. Unterstützung für Personalmaßnahmen gibt es nicht.
Der wirtschaftliche Niedergang des ORF interessiert kaum einen Politiker. Treffend hat Ferry Maier von der Medien-Voest gesprochen. Was vor allem auf die Eigentümervertreter (also auf die Regierung) gemünzt sein muss, mehr als auf die Manager. Denn auch bei der Voest haben die ewigen Polit-Wurschteleien einst zum Debakel geführt. Reagiert wird erst, so lehrt die Erfahrung, wenn es so richtig kracht. Daher ist die Gefahr ernst, dass der ORF zu einer zweiten AUA wird – mit oder ohne Wrabetz.

lampl.andreas@trend.at

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