Strategie-Gipfel: Nicht die Größten, sondern die Anpassungsfähigsten überleben die Krise
Die Krise als Chance ist dieser Ansatz nur lautes Pfeifen beim Gang durch den dunklen Wald oder eine echte Option? Vier Unternehmen geben Einblick in ihre Strategien.
Als Strategieexperte des renommierten Beratungsunternehmens Contrast Management Consulting ist Martin Unger alles andere als ein Schönredner oder Realitätsverweigerer. Die aktuellen Probleme vieler Unternehmen im derzeitigen Wirtschaftsabschwung kennt er nur zu gut. Dennoch sieht er auch die Chancen, die sich aus der Krise für jene Firmen ergeben können, die jetzt richtig reagieren. Große Krisen schaffen immer Platz für Neues, so der Experte, und Unternehmen schaffen es in einer Krise in der Regel schneller, sich zu erneuern.
Maßgeschneiderte Strategien
Vier Topmanager Rewe-Boss Frank Hensel (
im Bild
), voestalpine-Finanzchef Robert Ottel, Berndorf-Vorstand Peter Pichler sowie AT&S-Vorstand Harald Sommerer kamen kürzlich auf Einladung von Contrast zu einem hochkarätigen Strategie-Gipfel zusammen, um genau diese Fragen zu diskutieren. Jedes der vier Unternehmen steht vor ganz spezifischen Herausforderungen. Entsprechend unterschiedlich fallen auch die Gewichtung von Risiken und Chancen sowie die nun gesetzten Maßnahmen aus (siehe
Fallbeispiele
). Lösungsansätze und Strategien sind so heterogen wie die Unternehmen. Erarbeitet sollten sie aber auf jeden Fall auf Basis einer gründlichen Standortbestimmung werden, sagt Unger. So betont etwa AT&S-Vorstandschef Sommerer, dass die Verlegung der Leiterplattenmassenfertigung von Leoben in die asiatischen Werke nicht eine unmittelbare Folge der Krise, sondern Ergebnis einer sich schon länger abzeichnenden Entwicklung ist. Mit dieser strategischen Neuaufstellung werden wir von der Marktbereinigung, zu der es in der Leiterplattenindustrie jetzt kommen wird, letztlich profitieren, ist Sommerer überzeugt.
Innovation trotz Krise
Um erfolgreich durch die Krise zu manövrieren, sollten Manager aus Ungers Sicht ihr Augenmerk jetzt auf drei Handlungsfelder legen: kostenorientierte Maßnahmen setzen, um den Speck der Hochkonjunktur loszuwerden, Wachstums- und Entwicklungschancen dabei nicht vernachlässigen und etwa trotz Krise in Innovation, Vertrieb und Markenposition investieren sowie die Finanzierungsstrategie überdenken. Letzteres tut etwa voestalpine-Finanzchef Ottel ganz intensiv: Wir stellen uns darauf ein, im Extremfall auslaufende Kredite aus dem Cashflow zurückzuzahlen. Frei nach Charles Darwin, dessen 200. Geburtstag heuer begangen wird, werden seiner Ansicht nach nämlich nicht die Größten und Stärksten die Krise überleben, sondern die Anpassungsfähigsten.
Von Michael Schmid