MIT: Die Erfolgsgeheimnisse einer amerikanischen Weltklasse-Universität

Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) gilt als eine der besten Unis der Welt. Auf zehn Studenten kommt dort ein Professor. Ein FORMAT-Lokalaugenschein.

Phillip Clay hält ein bisschen Hof. Am ovalen, hochglanzpolierten Tisch, neben Vitrinenschränken mit poliertem Silber darin, werden die Besucher höflich an die Fensterseite dirigiert, der Rektor des Massachusetts Institute of Technology (MIT), im Anzug mit Stecktuch, nimmt gegenüber Platz. Seine Finger verschränkt, wartet er neugierig, was das Gespräch gleich bringen mag. Präsentation gibt es keine. „Shopping funktioniert hier nicht, das ist eine Universität“, sagt später Randall Wright, zuständig für die Beziehungen des MIT zu Industriepartnern, und meint damit: Wer hier nicht die richtigen Fragen stellt, ist ein bisschen selber schuld.

10 Milliarden Stiftungsvermögen
Clay dirigiert im US-amerikanischen Cambridge eine Uni mit Weltruf. Tausend Professoren unterrichten am MIT, 73 Nobelpreise wurden im Laufe der Zeit mit dem MIT assoziiert. Von den 10.000 Studierenden arbeiten knapp 4.000 auf einen Bakkalaureatsabschluss hin. 52.000 Dollar kostet das die Studenten derzeit pro Jahr. Die Studienbeiträge jedes Jahr zu erhöhen sei laut Rektor Clay nur bedingt sinnvoll. Weil man sich eben die besten Studenten aussucht, unabhängig von deren finanziellen Möglichkeiten, würden so für die Universität nur die Unterstützungszahlungen steigen. Immerhin erhalten nahezu 70 Prozent irgendeine finanzielle Zuwendung. Das MIT bezieht sein Budget unter anderem aus seinem Stiftungsvermögen, das im Juni 2008 noch zehn Milliarden Dollar betrug und in den Jahren davor um jeweils rund 20 Prozent angestiegen war. Dem setzen jedoch die unsteten Börsenkurse zu – eine der Auswirkungen, die die Rezession auf die honorige Studienstätte hat. „Wir regen manche dazu an, in Pension zu gehen, auch reisen wir weniger und stellen weniger Leute an. Da gibt es keine Magie, die das ändern könnte. Auch wir müssen schrumpfen“, beschreibt Clay die Einsparungen.

Forschung mit Weltveränderungseffekt
Kleiner oder gar klein scheint hier dennoch nichts. Angegangen werden typischerweise nur Forschungsthemen, die die Welt verändern könnten – „einen hohen Impact haben“ nennen Wissenschaftler das: Nicholas Negropontes Initiative „One Laptop Per Child“ etwa. Der Mitbegründer des MIT Media Lab, eines Instituts, das als eine Art Spielplatz für Kreative gilt, setzte die Entwicklung eines kostengünstigen Notebook-Computers um, der Kindern in den ärmsten Regionen der Welt helfen sollte, die digitale Kluft zu überwinden. „Er machte sich auf, die Welt zu verändern“, sagt Wright über Negroponte, „nicht um einen billigen Computer zu bauen.“ In einem anderen Flügel des MIT sucht sich McGreggor Crowley gerade die neuen Studienanfänger aus. Er ist stellvertretender Direktor für Studienzulassung: „Es ist die Freude meines Lebens“, sagt Crowley über seinen Job, und seine Begeisterung wirkt für die europäischen Besucher fast ein wenig befremdlich.

Bessere Verbindung zwischen Disziplinen
Dem Gründer der Universität ging es darum, bessere Verbindungen zwischen den Disziplinen herzustellen. Die langen Gänge, die sich durch die Gebäude ziehen, kommen nicht von ungefähr. „Es sollte keine Grenzen zwischen den Fakultäten geben“, erklärt Martin Polz. Der Österreicher ist Professor am Institut für Zivil- und Umwelttechnik und seit gut zehn Jahren am MIT. An der Universität Wien studierte er Zoologie, danach zog es ihn an die Harvard University, wo er promovierte. Heute untersucht er, wie sich das Verhalten von Meeresmikroben auf das Klima und die Humanmedizin auswirkt. Dass die Uni-Institute in Wien über die ganze Stadt verteilt sind, sei eine Katastrophe für die Zusammenarbeit: „Man redet nicht miteinander, wenn man eine Stunde Straßenbahn fährt.“ Am MIT wird indes darauf geachtet, dass es unter den Studenten einen satten Anteil eigeninitiativer Non-Konformisten – so genannte Mavericks – gibt, die geradezu Abenteurer im Studium sind. Die Hälfte von ihnen ändert ihre Meinung über das Studienfach. Doch das ist einkalkuliert. „Uns gefällt das“, sagt Crowley.

Freiheit und Unternehmergeist
Diversität und Freiheit werden großgeschrieben. Es gibt mehr als 5.000 Studentenorganisationen, darunter sogar einen Club für Schokoliebhaber, das Laboratory for Chocolate Science. Freiheit bedeutet auch, dass Studierende Vorlesungen an der nahe gelegenen Harvard University besuchen können, ohne zusätzliche Kosten. „Es würde aber fast ein bisschen verdächtig aussehen, wenn es mehr als ein Kurs pro Semester ist“, schmunzelt Rektor Clay. Immerhin sollen die Leute ja einen MIT-Abschluss bekommen. Zur Grundausstattung vieler Studenten gehört auch Unternehmergeist. Entsprechend mischen diese wirtschaftliche mit künstlerischen Fächern. Die von MIT-Abgängern gegründeten Unternehmen zusammengenommen würden die weltweit siebzehntgrößte Volkswirtschaft ergeben. Mehr als 4.000 Unternehmen gehören dazu, darunter Gillette, McDonnell Douglas und Texas Instruments. „Im Gegensatz zu anderen Unis werden Start-ups bei uns begrüßt und nicht verstoßen“, sagt Clay.
Im Studentenwohnheim der Mathematiker etwa sind die meisten gern unter sich, eine sichere und behagliche Atmosphäre wird geschätzt. Auf der anderen Seite gibt es den Hammerwerfer mit perfektem Notendurchschnitt. „Wir haben nicht nur Fachfixierte, die beim Sprechen auf ihre Schuhe blicken. Sie sind wichtig, und wir lieben sie. Aber es gibt eben nicht nur sie“, erklärt Crowley.

Vorlesungen im Internet
Während die Vorlesungen der Uni für jedermann frei verfügbar im Internet stehen, können Unternehmen, unter anderem über das Industrial Liaison Program, das Wissen des MIT anzapfen. Gegen einen jährlichen Kostenbeitrag – die Wirtschaftskammer Österreich zahlt etwa 90.000 Dollar – können zwei- bis dreimal pro Jahr Wissenschaftler zum Gespräch gebeten werden. Den Unternehmen soll dabei nicht schrittweise zum Produkt verholfen werden, es geht auch um eine visionäre Konversation, die den nächsten radikalen Schritt zeichnet. Wright: „Wir verstehen uns aber nicht mit allen Unternehmenskulturen. Wir sprechen auch nur mit der Führungsetage und nicht mit 50 Ingenieuren.“ Roberto Rigobon, Wirtschaftsprofessor der MIT Sloan School of Management, berichtet über Wirtschaftskrisen. Er spricht temperamentvoll und hat sein Publikum nach wenigen Minuten in der Tasche. 73 Krisen habe er bereits beforscht. Oberstes Gebot für Staatsmänner sei es dabei, Haltung zu zeigen. Leute in Angst und Schrecken zu versetzen bedeute nur, die Krise zu verstärken. „Alle werden sterben! Ihr solltet besser auf den Mond ziehen!“, brüllt Rigobon, der zweimal die Auszeichnung „Lehrer des Jahres“ einheimste, grinsend in die Runde. Er beschreibt die Taktik von US-Politikern, im Zuge der Finanzrettungspakete zu verlautbaren, dass alle verloren seien, sollte der Kongress diese ablehnen. „Verloren?“, fragt Rigobon, „Wie soll Angst mit einem Satz zerstreut werden, der voller Angst ist?“ Als er sich verabschiedet, bleibt Begeisterung zurück. Eine jener Vorlesungen ist vorüber, nach der 50.000 Dollar pro Jahr gut investiert scheinen.

Von Alexandra Riegler, Boston

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