Mafia-Insider und Autor Louis Ferrante im FORMAT-Interview
Mafia-Insider und Autor Louis Ferrante über Erfolgsfaktoren, die für Karrieren diesseits und jenseits der Legalität gleichermaßen gelten.
FORMAT: Sie schreiben, Sie wollten mit Ihrem Buch die besseren Seiten der Cosa Nostra vermitteln, die sich alle Menschen zu eigen machen können. Skizzieren Sie doch einmal kurz, wie Sie mit Ihrer Erfahrung aus beiden Welten die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Mafia und legalen Geschäftszweigen sehen.
Ferrante: Wer langfristig Erfolg haben will, muss die jeweiligen Regeln kennen und danach spielen. Das gilt sowohl in der Mafia als auch im Business. Die Regeln selbst unterscheiden sich natürlich, so wie sich auch die Maßstäbe dafür, was als richtig und was als falsch gilt, in unterschiedlichen Ländern oder Gesellschaften voneinander unterscheiden.
FORMAT: Innerhalb der Mafia haben Regelverstöße aber wohl gravierendere Konsequenzen.
Ferrante: Klar. Dass man zu seinem Wort stehen soll, gilt beispielsweise in beiden Welten. Wer sich innerhalb der Mafia nicht daran hält, den kann es das Leben kosten. Im sogenannten legalen Geschäftsleben habe ich es jeden Tag mit Leuten zu tun, die ihr Wort brechen, sich auf Kleingedrucktes ausreden oder auf irgendwelche Klauseln in Verträgen.
FORMAT: Welche Prinzipien sind darüber hinaus noch übertragbar?
Ferrante: Vertrauenswürdigkeit, Flexibilität und langfristiges Denken sind in beiden Bereichen gültige Erfolgsfaktoren.
FORMAT: Unterscheiden sich die Führungsprinzipien von Mafia-Bossen und Top-Managern?
Ferrante: Um erfolgreich zu sein, muss sich jeder, der in einer Führungsposition ist, bewusst sein, dass er zwar an der Spitze steht, aber selbst in dieser Position immer Kompromisse schließen muss. Kein Boss kann sich über die Regeln erheben, auf die seine Organisation aufbaut. Doch auch das vergessen CEOs offenbar leichter als Mafia-Bosse.
FORMAT: Wie wirkt sich das auf die Mitarbeiterführung aus?
Ferrante: Ein guter Boss erlaubt seinen Leuten, den Job auf ihre Art zu machen. Hauptsache, der Job wird getan, vorausgesetzt natürlich, man hält sich dabei an die angesprochenen Regeln und Grundwerte.
FORMAT: Und was braucht man, um in der Mafia Karriere zu machen?
Ferrante: Um in der Hierarchie aufzusteigen, benötigen Sie grundsätzlich überall dieselben Talente und Fähigkeiten ob in einem Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung oder der Mafia. In allen Organisation ist die gleiche Cleverness nötig, um nach oben zu kommen.
FORMAT: Welche Hierarchie- und Führungsebenen hat die Mafia?
Ferrante: Man beginnt als Sgarrista, das entspricht einem einfachen Mitarbeiter. Als Capo ist man Chef einer Gang, hat also seine eigenen Leute, nimmt aber zugleich Anweisungen von einem Boss, dem Don, entgegen. Diese mittlere Managementposition erfordert hohe Leadership-Qualitäten.
FORMAT: Auch weil der Konkurrenzkampf letal enden kann?
Ferrante: Viele Mafiosi sind Machiavellisten, ohne ihn gelesen zu haben. Doch ganz hinauf kommen sie damit nicht. Auf lange Sicht ist auch in der Mafia derjenige erfolgreicher, der mit anderen kooperiert, als jemand, der sie als Gegner bekämpft.